Das Viertel Oak Springs ist gleichermaßen gezeichnet von Lebenskünstlern und Kriminalität. Hier verdienen sich durchtriebene Geschäftsleute mit einem sehr lukrativen Bingospiel eine goldene Nase. Die Rentnerin Lupita (Adriana Barraza) ist in der Gegend dafür verantwortlich, die Nachbarschaft zusammenzuhalten und wehrt sich gegen die immer stärker aufkommende Gentrifizierung. Sie fühlt sich für ihre Altersgenossen verantwortlich und bemerkt deren Verschwinden nach und nach, als sie in deren Häuser geht und nichts als einen Stapel Bargeld entdeckt. Dieser ist natürlich verbunden mit schmutzigen Machenschaften, die jeden in einen Abgrund ziehen, der damit in Berührung kommt. Lupitas Spur führt schließlich zu Mr. Big (Richard Brake), der durch seine eigene Version von Bingo in die Stadt gekommen ist, um den Leuten einen Ausweg aus der wirtschaftlichen und emotionalen Verzweiflung zu zeigen. Doch nichts ist so, wie es scheint...
Mit dem Horror-Thriller "Bingo Hell" geht amazons "Welcome To The Blumhouse"-Reihe in die nächste Runde. Die Story der mexikanischen Co-Autorin/Regisseurin Gigi Saul Guerrero um eine rüstige Rentnerin lässt aber das vor allem titelgebende Spiel, das sich für viele jüngere Menschen wie das Ende des Lebens anfühlt, in einem ganz anderen Licht erscheinen. Guerrero hat eine etwas andere Verwendung für die Vorstellung von Menschen, die über ihre Spielbretter gebeugt sind und hoffen, etwas aus der Gemeinschaftskasse zu gewinnen. Als Veteranin des Horror-Kurzfilms vereint Guerrero in ihrem ersten Spielfilm widersprüchliche Gedanken über Gentrifizierung und Nachbarschaftstreue, Armut und Wohlstand sowie den zweifelhaften Einfluss des organisierten Glücksspiels.
Hauptdarstellerin Adriana Barraza spielt die Hauptrolle als Lupita, das alternde, aber couragierte Herz ihrer Gemeinde Oak Springs. Sie steht nicht auf Gentrifizierung. Wenn sie mit ansehen muss, wie sich Mitglieder ihrer Gemeinde aus dem Staub machen, weil sie nicht das Geld haben, um die neuen exorbitanten Mieten zu bezahlen, bricht ihr das nicht das Herz, sondern schürt ihre Wut. Lupita ist ein Hitzkopf, und Barrazas Freude an ihren Ausbrüchen treibt die energiegeladene Empörung des Films voran. "Bingo Hell" hat dabei eine Menge sozialer Kommentare zu bieten, aber er predigt nicht. Er greift an.
Guerreros Film vereinfacht diesbezüglich Ursachen und Lösungen nicht zu sehr. Dennoch sind seine Empfehlungen eher ein stumpfes Instrument als ein chirurgisches Werkzeug. Es macht viel Spaß, Barraza und anderen reifen Schauspielern (L. Scott Caldwell, Grover Coulson, Clayton Landey) dabei zuzusehen, wie sie Figuren mit einer gewissen Komplexität verkörpern, aber es ist Richard Brake, der Barraza den besten Sparringspartner bietet. Der unterschätzte Charakterdarsteller liefert mühelos einen weiteren denkwürdigen Bösewicht. Mit Charakteren, denen man die Daumen drückt, einer ordentlichen Portion Gewalt und einer gesunden Akzeptanz des Chaos, macht "Bingo Hell" auch aufgrund seiner ungewöhnlichen Prämisse noch gut Spaß.
6/10
Quellen:
Inhaltsangabe: amazon Video
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