http://www.imdb.com/title/tt3531824/
Im Internet macht ein neues, illegales Spiel namens "Nerve" die Runde,
bei dem die Teilnehmer riskante Herausforderungen meistern müssen,
während die Welt ihnen dabei zuschaut. Nirgendwo scheint es noch ein
anderes Gesprächsthema zu geben und auch die schüchterne Vee (Emma
Roberts) bekommt davon Wind. Damit sie endlich mal im Mittelpunkt des
Geschehens stehen kann, so wie ihre Freundin Sydney (Emily Meade),
meldet sie sich als Spielerin an. Ihrer Mutter (Juliette Lewis) passt
gar nicht, was die Tochter da vorhat – und wie zur Bestätigung der
mütterlichen Sorgen hat Vee gleich zu Beginn von Nerve die Aufgabe,
einen fremden Typen zu küssen. Spontan drückt sie Ian (Dave Franco) ihre
Lippen auf den Mund. Von da an versuchen die beiden, die immer
gefährlicheren Etappen zu meistern und werden dabei zur
Internetsensation. Doch als Vee und Ian aus dem Spiel aussteigen wollen,
merken sie, dass es dafür längst zu spät ist...
Genau wie die sich stellenden Frage "Bist du "Watcher" oder "Player"?" kann man auch als Zuschauer hin- und hergerissen sein. Aber vielleicht ist dies alles gar nicht so zwiespältig und wir sind alle einfach nur Gefangene, eingesperrt in der Trivialität und schuldig wegen unseres dummen Herdentier-Verhaltens? Der Film "Nerve" will eine warnende Geschichte über narzisstische Auswüchse und
hemmungslose Gier nach Anerkennung durch die soziale Medien sein. "Nerve" ist
aber leider nicht bereit, konsequent in die abartigen Tiefen des Themas
einzutauchen. Er setzt einmal zu oft auf Oberflächlichkeit, auf den angenehmen Reiz,
und negiert letztlich damit die Botschaft des Films, weil er von seinen
Plattitüden selbst zu sehr fasziniert ist.
"Nerve" wirkt wie ein
kultur-pessimistisches Comic, das das Internet als eine Art
Gladiatoren-Arena aus Voyeurismus und Mutproben darstellt, in dem
Smartphone-besessene Teenager herumlungern. Mit seiner durchaus
mitreißenden Geschichte, seinem energischen, elektrisierenden, aber zu poppigen Soundtrack und seinen
schicken Produktionswerten holt er unruhige Zuschauer da ab wo sie nicht
stillstehen können. Sein zeitgenössisches Thema, mediale Sensationslust
zwischen Internet-Technologie und Menschlichkeit, ist eigentlich eine
originelle Idee. Er erzählt seine Story aufregend, irgendwie naiv-süß und voller Wendungen.
Selbst die dunklen Seiten wirken bunt und werden mit dem
Aussage-Holzhammer am Ende dem Zuschauer eingeprügelt. Mit hippen
Visualisierungen von Chat-Verläufen aus Handy-/Kameraperspektive, quasi "hinter dem Display" und angesagter 80er Jahre Optik wird der überwältigende, soghafte Reiz medialer
Selbstdarstellung reizvoll eingefangen und mit einer Teenager-Romanze
(Mauerblümchen trifft coolen Jungen) zielgruppenorientiert aufgefangen.
Die Behauptung, dass anonyme Sensationsgier "böse" ist geht aber im
Rausch der Flüchtigkeit verloren. Das konstruierte Finale hat bei weitem
nicht den Tiefgang oder den bitter nötigen Wumms nach dem es schreit und verlässt sich lieber auf die Wohlfühlzone.
"Nerve" ist in seinem dystopischen Ansatz ebenso erfrischend wie
frustrierend unbesonnen. Wie seine Charaktere sind Style und Tempo
wichtiger als Nachhaltigkeit. Das Drehbuch ist holprig, schlampig und
ziemlich naiv. Trotzdem macht dieser Neon-gesättigte Coming of age -
Traum mit seinen digitalen Herzen "Spaß". Die Darstellerleistungen sind dabei eher mittelmässig, das passt aber
eigentlich recht gut in dieses Konzept. Russisch Roulette
im Social-Media-Style. Kann man riskieren.
6,5/10
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