http://www.imdb.com/title/tt1462667/
Tokios Unterwelt wird von zwei konkurrierenden Klans der Yakuza regiert,
die sich permanenten Machtkämpfen unterziehen. Erlaubt sind alle
Mittel. Heimliche Abkommen, gebrochene Schwüre oder blutige Rachezüge
stehen auf der Tagesordnung. Als Sekiuchi (Soichiro Kitamura), Anführer
des Sanmo-Kai-Klans vom misslungenen Auftrag seines Handlangers Ikemoto
(Jun Kunimura) erfährt, zweifelt er an dessen Gangster-Fähigkeiten. Das
kann der in seinem Stolz verletzte Ikemoto nicht einfach so auf sich
sitzen lassen. Um Sekiuchi wieder auf seine Seite zu ziehen, entsendet
er Otomo (Takeshi Kitano), seinen Mann fürs Grobe, um beim
rivalisierenden Murase-Klan eine gehörige Portion Stunk zu verbreiten.
Folglich lockt Otomo die gegenerischen Kriminellen in fiese Fallen,
schreckt auch vor direkten Angriffen auf höhere Tiere nicht zurück und
zettelt somit einen chaotischen Krieg an.
Das hier ist das Yakuza Milieu. Da, wo man sich den kleinen Finger
abschneidet, wenn man sich für etwas entschuldigt. Regisseur Takeshi
Kitano setzt hier wie im Titel angekündigt ausschließlich nur auf
brutale Gewalt und Gräueltaten der übelsten Art. Lediglich beim
optischen drapieren von Erschossenen schimmert mal kurz seine Ästhetik
aus der "Hana-Bi"/"Feuerblume" durch. Verschiedene Clans bekämpfen sich wegen der Einnahmen aus Drogen und Prostitution, sowie aus dem Glücksspiel.
Der Zuschauer sieht eine reine Männerwelt ohne familiären Hintergrund, in der
sich die Machos durch Hahnenkämpfe gegenseitig eliminieren. Dabei geht
es immer nur ums 'Gesicht verlieren' oder 'eine Lektion erteilen' und die Wortwahl ist mehr als farbig.
Auf Nebenkriegsschauplätzen wird mit der Polizei verhandelt und
sogar ein Botschafter wird nolens-volens mit hineingezogen. Die Männer
leben in einem rechtsfreien Raum, in dem das Faustrecht gilt.
Fragmentarisch zerreißt Takeshi Kitano seine kinematographischen Wurzeln
in blutbeschmierte Einzelteile und serviert seinem Publikum genau das,
was es in dieser nihilistischen Rohheit nicht von ihm erwartet hätte. In "Outrage" gibt es keine ikonisierte Männerromantik innerhalb der Yakuza
und Wert auf Milieuschwärmereien wird hier ebenso wenig gelegt.
Vielmehr konfrontiert er das organisierte Verbrechen mit der bittereren
Aggressivität der groben Realität und evoziert dadurch eine gefühllose
Drastik, die sich in ihrer nüchternen Entmenschlichung wirklich
gewaschen hat. Dabei sind die Figuren bloße Abziehbildchen, die einzig
und allein am Aufstieg innerhalb der Mafiahierarchie respektive der
Alleinherrschaft interessiert sind: Brüderliche Nächstenliebe gibt es
nicht, Besessenheit ist das Stichwort und der eigentlich blinde Gehorsam
weint dem tradierten Kodex keinerlei Träne nach, sondern fungiert auf
eigene, zielorientierte Faust.
"Outrage" ist die distanzierte
Dekonstruktion des universellen Gangstermythos und bewegt sich in einer
unermesslichen Kälte, ohne jeden emotionalen Effekt, ohne empathischen
Mehrwert oder zelebrierten Ästhetizismus, von Gewaltspitze zu
Gewalteruption. Auch in der Welt der anonymen Anzugträger gibt es
schließlich nur noch Verlierer, und auch wenn sie ihren wertlosen
Untergang noch nicht realisieren möchten, die Messerspitze dringt
bereits unbemerkt in ihr illoyales Fleisch. Der Regisseur verkörpert hier Ötomo, einen subalternen, der nach
oben will und es fast auch schafft. Das Finale ist eine einzige
Ballerorgie, in der das Erschießen zum Scherzartikel verharmlost wird.
Alles wird eliminiert. Nutten nach dem Nümmerchen, Boten, Subalterne,
Vorgesetzte und auch Polizisten. Auch der ganz große Boss muss dran
glauben und wird vom Mörder verleumdet. Ötomo muss feststellen, dass er
altmodisch ist. Er geht freiwillig ins Gefängnis. Aber da ist auch vor
Dolchen nicht sicher. Die eigene Karikatur wird der Lächerlichkeit
preisgegeben.
"Outrage" ist besonders und dabei Knüppehart und unterhaltsam. Die fehlende Ironie und ein
nicht vorhandener philosophischer Einschlag zeigen den Unterschied zu
Tarantino. Die Gewalttätigkeiten sind oft überbordernd, aber die Menge des Blutes passt.
8/10
Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film nun endlich auch hierzulande in HD in einem tollen Mediabook:
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