Die 16 Jahre alte Teenagerin Sadie (Sophie Thatcher) und ihre Schwester Sawyer (Vivien Lyra Blair) versuchen, den tragischen Unfalltod ihrer Mutter zu verarbeiten. Ihr Vater, der Psychologe Dr. Will Harper (Chris Messina), ist ebenso in Trauer gefangen, drängt die Familie aber zu einer raschen Rückkehr in den Alltag. Als eines Tages der verzweifelte Patient Lester Billings (David Dastmalchian) überraschend den zu Hause arbeitenden Vater aufsucht, nimmt das Leben der Familie Harper eine düstere Wendung. Der sonderbare Mann hat seine Emotionen kaum unter Kontrolle und erzählt nicht nur von einer furchteinflößenden Schattengestalt namens "Boogeyman", die seine drei Kinder umgebracht haben soll, sondern begeht auch kurz darauf im Heim der Harpers Selbstmord. Alles Hirngespinste? Oder steckt hinter dieser grausen Schauergeschichte doch mehr? Der tragische Besucher scheint jedenfalls einen schrecklichen Schatten im Haus der Familie hinterlassen zu haben, denn fortan werden die zwei Schwestern von einer durch und durch sadistischen Präsenz geplagt, die ihnen des Nachts auflauert. Existiert der Boogeyman wirklich?
Basierend auf einer weniger bekannten Kurzgeschichte von Stephen King und mit einem Titel, der so generisch ist, dass er schon unzählige Male verwendet wurde, passt "The Boogeyman" des jungen britischen Regisseur Rob Savage ein wenig zu perfekt in die aktuellen Horrortrends. Es handelt sich um eine von Frauen geführte Geschichte über Trauer und Trauma, die in die Nähe von "Antlers" und noch näher an den ähnlich düsteren und metaphernlastigen "Smile" zu stellen ist.
Savage tut weit mehr, als das enttäuschend routinierte Drehbuch des "A Quiet Place"-Duos Scott Beck und Bryan Woods verdient, ebenso wie seine Darsteller, die alle ihr Bestes tun, um den Zuschauer von der erdrückenden Anonymität der Geschichte abzulenken. Im Mittelpunkt steht eine Familie, die noch immer um den Verlust der Mutter trauert, zwei Töchter (Sophie Thatcher und Vivien Lyra Blair) und ihren Therapeuten-Vater (Chris Messina). Als ein Fremder in ihr Haus eindringt und sich umbringt, bricht eine neue Form der Dunkelheit über sie herein, die sich von ihrem Schmerz zu ernähren scheint. Das Böse, das sich an die Familie heftet, wird aber ebenso wenig detailliert und differenziert dargestellt wie die Trauer, die es anzieht, ist beides in zu groben Zügen gemalt. Die Besonderheiten der Kreatur und ihre Funktionsweise sind einfach zu abgeleitet, als dass der Film jemals wirklich aus dem Schatten treten könnte. Er recycelt vorhersehbar einen Schlag nach dem anderen, fast so, als wäre es ein einziges langes Ratespiel, welches Element aus welchem Film vor ihm stammt.Aber "The Boogeyman" wartet auch mit erfolgreichen Momenten auf, vor allem dank Savage, der einzigartige Wege findet, Szenen zu gestalten, die man sonst schon gesehen hat. Es gab bislang nur wenige Filme, die auch nur annähernd das Ausmaß an Albtraum erreicht haben, das "The Boogeyman" hervorrufen will, aber in einem Film mit ansonsten repetitiven Versatzstücken, die mit Licht und Dunkelheit spielen, zahlt sich sein Beharren darauf, die visuellen Erwartungen auf den Kopf zu stellen, oft sehr aus. Savages Gespür für Atmosphäre wird auch durch seine geschickte Truppe von Schauspielern ergänzt - Messina als Besorgter, Thatcher als Gefährdete und Blair als Erschrockene - und sie arbeiten hart, um das Herz des Films zum Schlagen zu bringen (es gibt auch eine kleine, böse Rolle von Marin Ireland). Womit Savage am meisten kämpft, und dieses Problem teilt er mit seinen Autoren, ist ein kohärentes Gefühl für den Ort. Zu oft werden wir vor die Frage gestellt, wie das Haus aufgebaut ist und wo sich die Personen darin aufhalten - wie konnte das hier passieren oder warum hört niemand, dass das dort passiert - und obwohl das wie eine relativ kleine Beschwerde klingen mag, wird die Spannung häufig durch Verwirrung zerstört (Messinas Figur ist so lange abwesend, dass man sich unwillkürlich fragt, ob man etwas verpasst hat). Das ist unnötig schlampig für einen Film, der ansonsten so beeindruckend aussieht.
Abgesehen von Savages visueller Verve gibt es wirklich wenig an "The Boogeyman", was wirklich neu ist. Sein Versuch, den zentralen Bösewicht als Metapher für ein emotionales Trauma zu verwenden, funktioniert nie ganz so gut wie in "Smile" vom letzten Jahr (Horror als Therapie wird generell ein bisschen anstrengend). Letztendlich funktioniert der Film am besten als weiterer Beweis für seine Fähigkeiten als Genre-Filmemacher, der geschmeidig vom Laptop auf die große Leinwand gleitet, wobei sicherlich noch bessere Dinge kommen werden.
6,5/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Twentieth Century Studios
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