Sonntag, 1. Oktober 2023

The Swan - Der Schwan (2023)

https://www.imdb.com/title/tt28912758/

Der kleine, schmächtige Peter (Asa Jennings) wird von zwei anderen Jungen tyrannisiert und gepiesackt. Als einer seiner Widersacher ein Gewehr zum Geburtstag geschenkt bekommt, wird es für den tierlieben Peter sogar lebensgefährlich. Basiert auf Roald Dahls gleichnamiger Kurzgeschichte.

Wes Anderson ist ein einzigartiger Geschichtenerzähler. Seine auffällige visuelle Ästhetik untergräbt nie die unbequemen Wahrheiten, die in den breiten Pinselstrichen der Symmetrie und des absurden Humors immer noch hervor quellen. In seinem ersten von drei Kurzfilmen, die auf Netflix erschienen sind, "Der Schwan", ist das Thema selbst düster und brutal, und der Regisseur lässt seine kreativen Entscheidungen Bände sprechen, ohne auch nur ein Jota davon preiszugeben. Die Treue, mit der er die Achterbahnfahrt, die den Geschichten von Roald Dahl so eigen ist, würdigt, funktioniert hervorragend. Die Energie bleibt unerschütterlich und sinnbildlich. Die zusätzliche Ebene der Schwere besteht darin, dass ein erwachsener Peter an der Rückkehr zu seinem Trauma beteiligt ist. Selbst wenn er von den angespannten Bedingungen erzählt, die er als Kind überleben musste, bleibt Peter in seiner Darstellung der Ereignisse schräg. Er zeigt keine Emotionen, sondern legt eher Wert auf das, was passiert ist, als auf das Warum.

In "Der Schwan" spielt Rupert Friend die Rolle des Peter Watson, der erzählt, wie er als Kind von zwei älteren Jungen schikaniert wurde. Während er diese Geschichte in der Gegenwart Wort für Wort erzählt, steht neben ihm seine Version der Vergangenheit als Kind, das mit dem Beginn des Mobbings konfrontiert wird. Seine Hände werden gefesselt und er muss sich auf die Gleise legen. Später wird er trotz seiner heftigen Proteste Zeuge einer Tragödie mit einem schönen Schwan. Der Film wurde von Roman Coppola liebevoll gedreht und von Adam Stockhausen mit einem brillanten Produktionsdesign ausgestattet. Man beachte, wie ein Miniaturbuch mit pastellfarbenen Schnörkeln entsteht, in dem sich hässliche Wahrheiten mit herzzerreißender Intensität auf die Figuren niederschlagen. Das Netz von Kunstgriffen, das für die Hintergrunddetails steht, funktioniert hier hervorragend - es deutet auf eine Welt hin, die irgendwie in einem parallelen Momentum von Erinnerungen feststeckt. Der unterschwellige Pathos, der die Erzählung durchzieht und in der Schlussszene zusammenläuft, wird mit Sensibilität und Sorgfalt behandelt.

Wes Anderson schießt nie daneben: Mobbing führt zu einer unausweichlichen Schleife von Verlust und Verzweiflung. Diese Erinnerungen, Ängste und Befürchtungen schlummern auch nach all den Jahren noch und markieren gekonnt ihren Weg zu einer anderen Generation. Der Schwan wird nie aus der Nähe betrachtet - seine Unschuld und seine Schönheit sind zu kostbar für diese unfreundliche, grausame Welt. In diesem Moment der Gewalt sind wir alle irgendwie Komplizen. Anderson hat ein kompaktes Juwel von einem Film geschaffen und ein leuchtendes Beispiel für die Kraft des Kurzformats. 

9/10

Quellen
Inhaltsangabe: Netflix

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen