Montag, 31. Juli 2023

Blue Jasmine (2013)

https://www.imdb.com/title/tt2334873/

Nachdem ihr Ehemann Hal (Alec Baldwin) wegen Betrugs festgenommen und das gemeinsame Vermögen beschlagnahmt wurde, sieht sich Jasmine (Cate Blanchet) gezwungen, ihr komfortables Leben in Manhattans Upper-Class aufzugeben und nach San Fransisco in die kleine Mietwohnung ihrer Schwester Ginger (Sally Hawkins) zu ziehen. Dort angekommen, kann sie die Fassade der unnahbaren Pragmatikerin dank eines umfangreichen Cocktails verschiedener Antidepressiva gerade noch aufrecht erhalten, doch ihre Schwester ahnt, dass sie am Ende ihrer Kräfte sein muss. Um ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, nimmt Jasmine widerwillig eine Stelle als Empfangsdame in einer Zahnarztpraxis an und muss dort die unbeholfenen Annäherungsversuche ihres Chefs Dr. Flicker (Michael Stuhlbarg) über sich ergehen lassen. Als sie den erfolgreichen Diplomaten Dwight (Peter Sarsgaard) kennenlernt, blitzt ein Funken Hoffnung vor Jasmines Augen auf, denn schnell erkennt sie: Der bald für ein politisches Amt kandidierende Dwight braucht eine vorzeigbare Frau.

"Nun, der Mensch hält nur einer bestimmten Anzahl Traumata stand, bevor er auf die Straße rennt und losbrüllt." Autor und Regisseur Woody Allen springt in seinem "Blue Jasmine" zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her und verwebt Szenen von extravaganten Privilegien mit der dämmernden Realität einer Midlife-Crisis jenseits der schützenden Blase der Upper East Side und seine Hauptdarstellerin Cate Blanchett brilliert in der Rolle einer in Not geratenen Gesellschaftsdame. Von den ersten Momenten, in denen man sieht, wie sie sich zwanghaft in einer Ankunftshalle entlädt, bis zu den späteren Szenen, in denen sie immer noch redselig auf einer Parkbank sitzt, lässt Jasmines zunehmend verzweifelte Präsenz sowohl stimmlich, körperlich, als auch emotional kaum nach. Ständig greift sie nach einem Getränk, ihr Mund ist zu einem schiefen Lächeln verzogen, ihre Augen blicken panisch in die Ecke. Es ist anstrengend, mit ihr zusammen zu sein, ihr zuzusehen und sie vermutlich auch zu spielen. Aber Blanchett nimmt die Herausforderung an wie eine Läuferin, die sich einem Marathon stellt.

Auch Regisseur Woody Allen ist in Topform, und das Tempo seines Schaffens bleibt angenehm hoch. "Blue Jasmine" ist keine Rückkehr zu den "frühen lustigen Filmen", über die Allen später bittersüße Witze gemacht hat, sondern eher den "späteren ernsten Filmen" zuzuordnen. Er entfaltet einen Hauch des Wahnsinns, indem er die Frage stellt, ob das Leben im Wesentlichen komisch oder tragisch ist. In "Blue Jasmine" überwiegt die Tragödie, und man kann darüber streiten, ob der Film von ein paar mehr heiteren Momenten profitiert hätte. Doch Jasmines Weg ist stets klar und eindeutig, was dafür sorgt, dass die komische Erleichterung alles andere als leicht ist, denn ironische Melancholie, beißende Satire und düstere Seitenhiebe sind an der Tagesordnung. Wie so oft bei Allen ist es aber das gesamte das Ensemble, das die Messlatte wirklich hoch legt. Als Jasmines Schwester Ginger spielt Sally Hawkins großartig: Sie vereint die Lebendigkeit mit wachsender Charakterstärke. Hawkins ist der perfekte Gegenpol zu Blanchetts Intensität, und es ist ihre warmherzige Figur, zu der der Zuschauer die vermutlich stärkste Bindung aufbaut. 

In den männlichen Rollen spielt Bobby Cannavale eine sympathische Stanley-Kowalski-Figur der zweiten Geige, während Alec Baldwin sich einmal mehr als unvergleichlicher Lieferant des erfolgreichen Schleimbeutels erweist, der Anziehung und Abstoßung perfekt ausbalanciert. Die eigentliche Überraschung ist jedoch, dass Andrew Dice Clay als verbitterter Augie, ein ungeliebter Arbeiter, dessen Ersparnisse durch eine Begegnung mit Jasmines sorglosem, wohlhabendem Ehemann vernichtet wurden, sehr gut besetzt ist. Augie ist ein Bild von zerstörten Träumen und Hoffnungen, ein großer Mann, der am Boden liegt, eine Rolle, in die der zuvor unausstehliche Clay eindeutig Erfahrung und sogar Pathos einbringt. Trotz all des allgemeinen Lobes ist "Blue Jasmine" nicht Allens zugänglichster (oder sympathischster) Film, und seine zerrissene Hauptfigur wirkt zu abrasiv, um mit ihr mitzufühlen. Doch auch wenn der Film dadurch den Zuschauer auf Distanz halten mag, sind die Darbietungen und die Geschichte an sich durchaus Beifallsstürme wert.

8/10

Quellen
Inhaltsangabe: Warner Bros.

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