Nachdem unsichtbare Kreaturen weite Teile der Weltbevölkerung
ausgelöscht haben, indem sie alle, die sie erblicken, dazu bringen, sich
das Leben zu nehmen, irren Sebastian (Mario Casas) und seine Tochter
Anna (Alejandra Howard) durch die menschenleeren Straßen Barcelonas. Das
Tragen einer Augenbinde scheint das einzige zu sein, was gegen die
Berdrohung hilft - neben der Anwesenheit von Tieren, die die Gefahr
früher wittern und somit vor ihr warnen können. Doch während Sebastian
und Anna sich mit anderen Überlebenden verbünden und sich gemeinsam mit
ihnen auf den Weg zu einem sicheren Zufluchtsort machen, reift eine
Bedrohung heran, die noch schlimmer ist, als die mysteriösen Wesen.
"Bird Box: Barcelona" ist das Spin-off zum Film "Bird Box: Schließe deine Augen" aus dem Jahr 2018, der wiederum auf dem gleichnamigen Sci-Fi-Horrorroman von Josh Malerman basiert. Susanne Biers Verfilmung war faszinierend und spannend, auch wenn die Betonung des psychologischen Dramas gegenüber dem Nervenkitzel einen eher unwahrscheinlichen Durchbruch zur Folge hatte. Unvermeidlich, wenn auch mit Verspätung, gibt es nun eine Fortsetzung - allerdings nicht als Adaption von Malermans gedruckter Fortsetzung, in der die Leiden der von Sandra Bullock gespielten Figur weitergehen. Stattdessen ist "Bird Box Barcelona" eine Parallelgeschichte, die auf einem ganz anderen Kontinent spielt. Das Drehbuch und die Regie stammen von Alex und David Pastor und sie erweitern das Franchise um einige wirkungsvolle Wendungen, lassen dabei aber die gruselige Spannung des Vorgängerfilms vermissen. Dennoch bleibt "Bird Box: Barcelona" auf seine eigene Weise fesselnd. Es stellt sich jedoch heraus, dass "Barcelona" ein bisschen wie ein toter Baumstamm ist. Obwohl er in mancher Hinsicht raffiniert und umfangreicher ist und größere Actionsequenzen enthält, erweist er sich als überlanger Beitrag, bei dem jeder Versuch, dieses Fantasy-Universum neu zu gestalten, dem Zuschauer kaum etwas bringt. Der Film begeht außerdem einen entscheidenden Fehler, der das ganze Unternehmen fast von Anfang an in den Abgrund reißt.
Die Geschichte beginnt wie eine Vater-Tochter-Version von "The Road": Der ehemalige Windkraft-Ingenieur Sebastian (Mario Casas) und die junge Anna (Alejandra Howard) versuchen neun Monate nach Ausbruch der Krise in einer kollabierten Gesellschaft zu überleben. Nachdem sie von marodierenden Blinden angegriffen werden - die einzige Minderheit, die gegen diese visuell verrückte Bedrohung immun ist - bleibt er verwundet zurück und sucht Hilfe bei einer Gruppe freundlicher, aber misstrauischer Fremder, die sich in einem großen Transitkomplex verschanzt haben. (Was auch immer sie sind, die "Entitäten" können offenbar keine Tür oder kein Fenster öffnen, so dass jeder geschlossene Innenraum vor ihnen sicher ist.) Aber Sebastian hat eine versteckte Absicht, und auch Anna ist nicht ganz das, was sie zu sein scheint. Ihre Bekanntschaft zu machen, erweist sich als Pech für die neuen Freunde, woraufhin unsere Protagonisten weiterziehen, um eine andere Gruppe von Überlebenden zu infiltrieren. In einem alten Luftschutzbunker leben Claire (Georgina Campbell), die auch ein kleines Mädchen namens Sofia (Naila Schubert) bei sich aufnimmt, und Octavio (Diego Calva), der Sebastian mit deutlich mehr Misstrauen betrachtet. In der Zwischenzeit gibt es, wie im Vorgängerfilm, wenn auch in etwas verworrenerer Form, Rückblenden auf frühere Ereignisse. Dazu gehören der chaotische Ausbruch der "Epidemie" und eine Erklärung für das Schicksal von Annas Mutter. Außerdem wird ein unheimlicher Kleriker (Leonardo Sbaraglia) eingeführt, der sich später als völlig falsche messianische Figur entpuppt.
Aber nichts von alledem ist wirklich fesselnd, trotz einer fähigen Besetzung, einer beeindruckenden Produktion und einer gesteigerten, wenn auch uneinheitlichen Handlung. (Man sieht die "Entitäten" nie, was in Ordnung wäre, wenn der Film nicht immer wieder Enthüllungen über diese bösartige Kraft versprechen würde, die aber nie wirklich ins Blickfeld geraten. Sogar die abschließende Betonung der "Wissenschaft" in der Science-Fiction scheint nur eingeführt zu werden, um eine weitere Fortsetzung anzukündigen, wobei die primäre globale Bedrohung ein fast vollständiges Rätsel bleibt. Der größte Fehler, den "Bird Box Barcelona" begeht, liegt jedoch darin, das gesamte erzählerische Gewicht auf einen Protagonisten zu legen, von dem man nur allzu bald merkt, dass er unsympathisch ist. Eine Judas-Figur fasziniert immer, zumindest theoretisch. Aber dem spanischen Hauptdarsteller Casas wird nicht die Komplexität zugestanden, die Sebastian braucht, um die Dimensionen eines tragischen Konflikts anzunehmen, und so schwindet die Geduld, als wir erkennen, dass er einfach frühere Verhaltensweisen auf immer neue Figuren überträgt. "Bird Box: Barcelona" ist in allen technischen und gestalterischen Belangen gelungen, zündet aber trotzdem nicht so recht. Die Gefahren der Sicht und des offenen Raums sind jetzt nur noch vorgegebene Handlungselemente, während die erwarteten Lösungen für die vielen offenen Fragen des ersten Teils nie eintreffen. Sogar der Schock der selbstmörderischen Gewalt fühlt sich hier abgestumpft an. Es ist zwar kein völliges Desaster, aber diese Fortsetzung ist nicht gut genug, um jedwede verbleibende Neugier auf das, was in der "Box" noch übrig sein könnte, zunichte zu machen.6/10
Inhaltsangabe: Netflix
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