Der britische Königssohn Bertie (Colin Firth) hat ein gewaltiges Problem: Er stottert so heftig, dass jeder standesgemäße Auftritt zur totalen Blamage für sich und seine royale Sippe wird. Unzählige gescheiterte Lösungsstrategien hat der arme Mann längst jede Hoffnung aufgegeben, seine Sprachbehinderung jemals überwinden zu können. Seine Frau Elizabeth (Helena Bonham Carter) überredet ihn zu einem letzten Anlauf – und schleppt ihn in die Praxis des schrägen Sprachtherapeuten Lionel Logue (Geoffrey Rush). Erst ist Bertie abgeschreckt von Lionels ruppigem Tonfall. Doch schon kurz darauf entwickelt sich eine vorsichtige Freundschaft zwischen den ungleichen Männern und der geplagte Adelsmann erzielt erste Erfolge. Dann überschlagen sich die Ereignisse. George V. stirbt, sein Bruder Edward VIII. (Guy Pearce) entzieht sich der Verantwortung als Thronfolger – und plötzlich wird Bertie zum König gekrönt. Wie aber soll ein stotternder König England in den inzwischen unvermeidlichen Krieg gegen Nazi-Deutschland schicken?
"The King's Speech" ist ein traditionell inszenierter, hübsch ausgestatteter britischer Historienfilm, der in den 1920er- und 30er-Jahren spielt und von jener Sorte gut gekleideter, patrizischer Engländer von damals bevölkert wird, die mitten am Tag Schnaps trinken und deren Hände selten ohne eine elegante Zigarette zu sehen sind. The King's Speech", geschrieben von David Seidler und inszeniert von Tom Hooper, ist ein unterhaltsames und fesselndes Drama aus dem wahren Leben über die morganatische Bromance zwischen dem introvertierten Stotterer König George VI. und seinem überschwänglichen australischen Sprachtherapeuten Lionel Logue: eine Affäre, die von Georges gewitzter Ehefrau in ihrer Vor-Queen-Mum-Zeit als Herzogin von York und später Königin Elizabeth vermittelt wurde. Colin Firth in der Rolle des leidgeprüften Monarchen, Geoffrey Rush in der Rolle des augenzwinkernden Sprachtrainers und Helena Bonham Carter in der Rolle der Königin, die lernen muss, Logue zu mögen, indem sie ihren eigenen Snobismus überwindet - den sie übrigens nie als Schüchternheit zu tarnen versucht -, spielen diese Figuren mit reinem Genuss.
Darüber hinaus bietet der "The King's Speech: Die Rede des Königs" eine faszinierende, wenn auch etwas belastete neue Perspektive auf die Abdankungskrise von 1936. Vor allem aber ist der arme König als jüngerer Mann gezwungen, mit dem Mund voller Murmeln zu sprechen, und er kommt dem Schicksal nahe, eine zu verschlucken. Aber wo sie sich schick machen und anständig reden musste, muss George VI. (der frühere Herzog von York, der immer "Bertie" genannt wurde) in die andere Richtung gehen: Er muss lockerer werden, weniger formell, weniger verkrampft, weniger klinisch depressiv. Der Film wirft auf geschickte Weise ein neues Licht auf das dysfunktionale Zittern im Herzen der britischen Königsfamilie und deutet frech an, dass es eine Zeit gab, in der ein britischer Monarch mit Psychoanalyse experimentierte, getarnt als Sprachtherapie. Colin Firths Gesicht ist ein Bild des Jammers in der Eröffnungsszene, unter seinem Zylinder, als würde er seiner eigenen Beerdigung beiwohnen. Es ist sein erster öffentlicher Auftritt, als er bei der Empire-Ausstellung im Wembley-Stadion durch ein Mikrofon zu einer riesigen Menschenmenge und über das Radio live zur ganzen Nation sprechen muss. Sein Stottern führt dazu, dass er kaum ein Wort herausbekommt und die Nation vor Verlegenheit zusammenzuckt. Sein furchterregender Vater, gespielt von Michael Gambon mit Englands schroffstem Bart, macht ihm klar, dass dies ein neues Medienzeitalter ist. Es geht nicht nur darum, auf einem Pferd furchterregend königlich auszusehen, der Monarch muss auch das Funkmikrofon beherrschen.
Hier kommt Lionel Logue ins Spiel - ein sturköpfiger Australier mit bohemienhaften Manieren und schäbiger Wohnung in der Harley Street. Er ist ein gescheiterter Schauspieler, der überall als Kolonialist verschrien ist, vor allem von den hochnäsigen englischen Theatertypen, für die er hoffentlich noch immer vorspricht. Man sieht ihn, wie er sich bei einer Amateurtruppe mit dem Monolog "Winter unserer Unzufriedenheit" von Richard III. bewirbt. In seinem Drehbuch sorgt Seidler für scharfe Wortwechsel, wenn Logue furchtlos durch die pompöse königliche Formalität stürmt, die Teil des Problems ist, und sich über seine früheren medizinischen Berater lustig macht: "Sie sind alle Idioten!" "Die sind zum Ritter geschlagen worden!", stottert Bertie. "Dann ist es ja offiziell, oder?" Langsam öffnet sich Bertie seinem neuen Freund und erzählt ihm von seiner unglücklichen Kindheit, ohne zu merken, wie sich seine Sprache verbessert. Die Krise kommt, als Logue seinem Patienten zu nahe kommt, und Rush zeigt, wie das "Fieber des roten Teppichs" ihn überwältigt: Er zeigt sogar eine gewisse antikoloniale Arroganz, indem er die Ambitionen von Edwards Mätresse, Mrs. Simpson, zurückweist und sich über die Idee der "Königin Wallis von Baltimore" lustig macht. Und in der Zwischenzeit bedeutet die Abdankung, dass der arme, stotternde Bertie die ultimative Last zu tragen hat, während "Herr Hitler" die Gewitterwolken des Krieges aufwirbelt. Die Nation braucht einen König, der mit klarer, inspirierender Stimme die Kräfte des Guten mobilisieren kann. Sind Bertie und Lionel dieser Aufgabe gewachsen?
Neben den drei Hauptdarstellern gibt es auch zwei großartige Nebenrollen: Guy Pearce ist ein großartiger Edward, der glatte, unausstehliche Rüpel, der sich über Berties Stottern lustig macht und sich in Sandringham nach Telefonsex mit Mrs. Simpson sehnt - was er eklig "unsere eigenen Schläfrigkeiten machen" nennt. Gambon hat zwei großartige Szenen als George V.: zuerst als robuster Patriarch, der seinem zaudernden Sohn Befehle entgegenbrüllt, und dann - der plötzliche Niedergang ist ein bescheidener Coup du cinéma - unfähig und am Rande der Demenz, nuschelnd und stammelnd, während seine Geheimräte ihn dazu bringen, seine exekutive Verantwortung abzugeben. Defintiv wird nicht jeder diesen Film mögen: Manche mögen ihn zu royalistisch finden und haben verständlicherweise das Gefühl, dass er zu taktvoll über Berties und Elizabeths anfängliche Begeisterung für Appeasement und Neville Chamberlain hinweggeht. In dieser Version taucht Chamberlain kaum auf - wir scheinen direkt von Stanley Baldwins Rücktritt zum plötzlichen Auftauchen des Ersten Lords der Admiralität Winston Churchill überzugehen, der von Timothy Spall mit bebender Brust und steifer Sehne gespielt wird - immer mit Ratschlägen zur Seite stehend und anscheinend mit einer brennenden Zigarre in der Gegenwart des Herrschers. Aber "The King's Speech: Die Rede des Königs" beweist, dass in britischen Historiendramen der alten Schule noch viel Leben steckt - er ist so mitreißend gespielt und inszeniert, so schwungvoll und leichtfüßig.
8/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Wild Bunch
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