Sonntag, 30. Juli 2023

Das Wunder von Bern (2003)

https://www.imdb.com/title/tt0326429/

"Boszik hat den Ball ... verloren, diesmal gegen Schäfer. Schäfer nach innen geflankt. Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen ... Rahn schießt ... Tor! Tor! Tor! Tor!" Das sind die legendärsten Sätze der deutschen Sportberichterstattung. Gesprochen von Herbert Zimmermann, der den 3:2-Siegtreffer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am 4. Juli im WM-Endspiel gegen die hochfavorisierten Ungarn im Berner Wankdorf-Stadion kommentiert. Dieses historische Ereignis kinogerecht aufzubereiten, hatte sich Fußballfan und einstiges deutsches Regiewunderkind Sönke Wortmann zur Aufgabe gemacht. "Das Wunder von Bern" verbindet den deutschen Triumph mit der Geschichte einer Familie im Nachkriegs-Deutschland. Obwohl das nicht immer richtig zusammenpasst, legt Wortmann ein grundsolides, ambitioniertes Familien- und Sportler-Drama vor, das die historischen Dimensionen teils greifbar macht. 

Mehr ein nostalgisches Drama als der zu erwartende Sportfilm gibt "Das Wunder von Bern" einen Einblick in die 1950er-Jahre und das alltägliche Dasein in einer noch jungen Republik. Als Deutschland erstmals Weltmeister wurde, sah die deutsche Gesellschaft noch ganz anders aus. Deutschland war in der Nachkriegszeit und begann gerade erst, sich aus der Asche des Nationalsozialismus zu erheben - kaum etwas erinnert deutlicher daran, als die weiterhin eintreffenden Kriegsheimkehrer aus russischer Gefangenschaft. Ein solcher ist der Vater des Rahn-Freundes, doch seine Ankunft verheißt nichts Gutes für eine Familie, die ihren Rhythmus gefunden hatte und lernen musste, sich selbst zu versorgen. "Das Wunder von Bern" wird in diesen Teilen zum unerwartet eindringlichen Sozialdrama und porträtiert die Familie überzeugend als Hintergrund zum großen Fußballereignis anhand der Geschichte eines elfjährigen Jungen, der mit dem späteren Endspiel-Helden Helmut Rahn befreundet ist. 

Das dazugehörige Setting ist sehr gelungen: die alten, gammligen Häuser, Straßen, Armut, Kinder, die mit einem Fußball bolzen, der sich schon in Fetzen auflöst, Essen, das zum größten Teil aus Kartoffeln besteht. Fleisch gibt es nur dann, wenn man seine Kaninchen schlachtet. Prügelstrafe ist an der Tagesordnung - natürlich mit Gürtel und heruntergelassenen Hosen. Fernseher stehen nur in wenigen Lokalen, in und vor denen sich die Leute einfinden, um Deutschlands Spieler bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 zu sehen. Diese ist im Grunde eine Nebengeschichte, nimmt aber dennoch einen breiten Raum ein: Sepp Herberger und seine Mannen, die als krasser Außenseiter das Wunder schafften, seine Sprüche für die Ewigkeit, die er auf Pressekonferenzen abließ ("Der Ball ist rund" etc.), und natürlich das unvergessliche Finale. Auch das ist glaubhaft und bewegend getroffen.

Obwohl schwierige Konflikte zu überwinden sind, schafft es der Film trotzallem fast durchgehend eine gewisse Feelgood-Atmosphäre zu schaffen. Zwar können weder das Schauspielensemble noch das Regiegefühl von Wortmann diesen Film auf Hollywood-Niveau heben, aber eine überdurchschnittliche Unterhaltungsqualität kann man dem Film nicht absprechen. Ein Film aus Deutschland, der Authentitzität, Härten eines längst vergessenen Alltages, aber trotzdem auch gute Laune vermittelt - Sönke Wortmann macht es möglich. Und er ist nicht nur Fußballjüngern zu empfehlen.

7/10

Quellen
Inhaltsangabe: Constantin Film

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