Montag, 29. November 2021

The Old Guard (2020)

https://www.imdb.com/title/tt7556122/

Andy (Charlize Theron) führt eine kleine Gruppe von unsterblichen Soldaten an, die bereits seit mehreren Jahrhunderten die Menschheit im Geheimen beschützen. Doch Andy sehnt sich mittlerweile nach dem Tod. Sie will, dass es endlich aufhört, von Waffen und Kugeln durchbohrt zu werden und doch wieder und wieder aufzustehen. Auch das Leben in Abgeschiedenheit, ohne Beziehungen außerhalb ihres kleinen Zirkels, setzt ihr zu. Doch dann gerät die Truppe in einen Hinterhalt, bei dem nicht nur zwei Mitglieder entführt werden, sondern mit Kameras das große Unsterblichkeit-Geheimnis dokumentiert wird. Nun liegt es an Andy, es mit einem grausamen neuen Feind aufzunehmen. Als Hilfe hat sie Newcomerin Nile (KiKi Layne), eine US-Soldatin, die gerade in Afghanistan das erste Mal gestorben ist und so ihre Kraft entdeckt hat. 

"The Old Guard", einer der erfolgreichsten Netflix-Filme, ist die Verfilmung der gleichnamigen Comicreihe von Greg Rucka, der zuvor für Marvel und DC geschrieben und für den Thriller "Whiteout" mit Kate Beckinsale ebenfalls die Comicvorlage geliefert hatte. Bei dieser neuesten Adaption zeichnete er auch eigenhändig für das Drehbuch verantwortlich. Unsterbliche, die über die Epochen durch die Welt reisen, in kriegerische Konflikte eingreifen und mit ihrem Schicksal hadern - klingt spannend und unterhaltsam. Der Film legt sein Augenmerk neben der Action vor allem auch auf die Ermüdung und Zermürbung der Protagonisten, die über die Jahrhunderte viele lieb gewonnene Menschen verloren haben und am Sinn ihrer Missionen und bloßen Existenz zweifeln, da sich die Menschheit in ihren Augen in all der Zeit nicht zum Besseren verändert hat. 

Freilich werden die philosophischen und ethischen Fragestellungen, die sich mit dem Thema der Unsterblichkeit ergeben, hier nur angerissen, denn "The Old Guard" ist in erster Linie immer noch ein Actionfilm. Und gerade in dieser Hinsicht kann das Werk auch überzeugen, was man bei der Regisseurin Gina Prince-Bythewood, die zuvor hauptsächlich Liebesdramen inszenierte, nicht unbedingt erwartet hätte. Hiermit beweist sie jedoch, dass sie auch in diesem Genre Talent besitzt. Toll choreographierte Kämpfe, bei denen in bester "John Wick"-Manier geballert, getreten, gehackt, geschlitzt und mit den Fäusten aufeinander losgegangen wird, sorgen für jede Menge Kurzweil. Die Freigabe ab 16 Jahren erscheint dabei sogar recht großzügig bemessen, so blutig wie es teils zugeht. Einen besonderen Kniff bekommen die Kampfszenen natürlich noch durch die Unsterblichkeit der Protagonisten. Wenn sich gebrochene Knochen wieder einrenken und Wunden schließen, kommen einem dabei auch die Superhelden "Wolverine" und "Deadpool" in den Sinn. Ganz neu ist dieses Element nicht, wurde hier aber ebenfalls gut umgesetzt und nicht minder überzeugend animiert wie in den "X-Men"-Comicadaptionen. 

Der größte Pluspunkt bei "The Old Guard" ist jedenfalls die Besetzung. Hauptdarstellerin und Produzentin Charlize Theron ist als Anführerin der Söldnertruppe, bei der es sich um die aus der griechischen Mythologie bekannte Andromache handelt, so charismatisch wie auch in den meisten anderen Werken der letzten Jahre mit ihrer Mitwirkung. Zwar variiert sie den Rollentypus der Bad-Ass-Heldin, wie sie ihn etwa schon als Furiosa im vierten "Mad Max"- Teil oder Lorraine Broughton aus "Atomic Blonde" verkörperte, nur geringfügig, kann jedoch gerade die Verbitterung und Resignation ihrer Figur glaubwürdig zum Ausdruck bringen und verleiht ihr damit Dreidimensionalität.

Den Hauptantagonisten verkörpert schließlich Harry Melling, der seit dem Ende der "Harry Potter"-Filme stark abgenommen hat und es hier sichtlich genießt, sich als Fiesling so richtig gehen lassen zu können. Seine Rolle ist eindimensional, erweist sich im Kontext der Handlung aber als vollkommen ausreichend charakterisiert. Ganz im Gegensatz zum Part des oscarnominierten Chiwetel Ejiofor, der als CIA-Mittelsmann, der der "Alten Garde" zu Beginn die Falle stellt, einen ambivalenten Bösewicht mit nachvollziehbarer Motivation darstellt, dessen Loyalität nicht klar umrissen ist. Wie gewohnt liefert er hier eine sehr überzeugende Performance ab. Insgesamt kann man sich beim Cast definitiv nicht beschweren. 

"The Old Guard" weist dennoch so einige Mängel auf. Die Action ist zwar ansehnlich gefilmt, allerdings fehlt es an wirklich einprägsamen Momenten, die aus dem - gerade im letzten Jahrzehnt sehr starken - Actionkino hervorstechen. Abgesehen von der amüsanten Prügelei zwischen Theron und Layne an Bord eines Flugzeugs, als sie sich erstmals gegenüberstehen, und vielleicht noch vom finalen Axthieb im Showdown, bleibt nur wenig hängen. Hinzu kommt, dass die Story dann doch zu sehr ausgetretenen Pfaden folgt. Die Unsterblichkeits-Thematik ist zwar interessant, wird aber letztlich nur angerissen. Die spärlichen Infos über die meisten der Hauptfiguren sorgen in Verbindung mit dem obligatorischen Cliffhanger zum Schluss dafür, dass sich "The Old Guard" insgesamt mehr wie ein Pilotfilm zu einer Serie als wie ein richtiger Spielfilm anfühlt. Tatsächlich ist er von Greg Rucka als Auftakt zu einer Trilogie geplant worden, man hätte sich dennoch mehr Mühe geben können, die Geschichte für stehen zu lassen. Was dann noch besonders enttäuscht, ist die Filmmusik. Volker Bertelsmann und Dustin O'Halloran, die 2015 noch mit ihrem Score zu "Lion" einige der gefühlvollsten Themen komponierten, die je in einem Spielfilm zu hören waren, können hier nur wenig klangliche Akzente setzen. Und vor allem der Soundtrack, der größtenteils aus seichten Pop- und R'n'B-Titeln besteht, will überhaupt nicht zu den Bildern passen. Das mögen jetzt auch nur persönliche Präferenzen sein, aber brutale Geschehnisse auf der Leinwand bräuchten schon eine aggressivere musikalische Untermalung. 

Unterm Strich bleibt mit "The Old Guard" ein überraschend guter Actionfilm, der mit einer originellen Idee, einem überzeugenden und sehr sympathischen Cast, perfekten Stunts und ununterbrochener Spannung aufwarten kann. Das Drehbuch kann sogar in den Dialogen überzeugen und abgesehen von ein paar wenigen Schwächen liefert der Streifen eine inhaltlich stimmige Handlung, wenn man den rechtsfreien Raum, in dem sich der Pharmakonzern bewegt als gegeben hinnimmt und man über die inhaltlich etwas wackelige Figur von Copley hinwegsieht. Daher empfehlenswert.

7,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Netflix

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