Dienstag, 11. Mai 2021

Wild - Der große Trip: Wild (2014)

https://www.imdb.com/title/tt2305051/

Cheryl Strayed (Reese Witherspoon) musste viele Schicksalsschläge erleiden. Der Verlust ihrer geliebten Mutter Bobbi (Laura Dern) und das Ende ihrer Ehe, die an Cheryls Heroinsucht zerbrach, haben sie in ein tiefes Loch fallen lassen. Frustriert, aber auch entschlossen kehrt sie ihrem alten Leben den Rücken zu und begibt sich - ohne geringste Vorkenntnisse und mit viel zu schwerem Rucksack - auf eine 1.600-Kilometer-Wanderung entlang des Pacific Crest Trails an der Westküste der USA. Auf ihrem Weg bekommt Cheryl es mit der geballten Erbarmungslosigkeit der Natur zu tun, doch sie tritt Durst, Hunger, Hitze und Kälte mit immer neuem Mut entgegen. Einmal dem Ruf der Wildnis gefolgt, übersteht sie bald auch Begegnungen mit gefährlichen Raubtieren. Durch all die neuen Erlebnisse relativieren sich die bisherigen Erfahrungen, Erfolge, Rückschläge, Hoffnungen und Ängste der Aussteigerin… 

Wenn einem das Leben übel mitspielt, alles durcheinander purzelt und man nur noch fällt, dann kann der Ausbruch (in diesem Fall in die Wildnis) Wunder wirken. Tage, Wochen, Monate zu wandern und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren - diese Methode dürfte schon vielen Menschen geholfen haben, Krisen zu überwinden oder zumindest einen anderen Blickwinkel einzunehmen. "Der große Trip: Wild" erzählt im Parallelflug Gegenwart und Vergangenheit einer starken Frau, deren Welt mit dem frühen Krebstod ihrer Mutter (Laura Dern) aus den Fugen geraten ist und sich nun Erinnerung für Erinnerung, Erlebnis für Erlebnis wieder in ein stabiles mentales Dasein vorarbeitet. Sie schläft wahllos mit Männern, obwohl sie mit Paul (Thomas Sadoski) einen liebe- und verständnisvollen Ehemann gefunden hat und von dem sie sich schließlich scheiden lässt. Außerdem nimmt sie harte Drogen (Heroin), handelt rein intuitiv und egoistisch und hat zum Leben keinen positiven Bezug mehr. 

Um das alles zu verarbeiten und hinter sich zu lassen, beschließt Cheryl, den Pacific Crest Trail mit seinen 1.600 km zu erkunden. Mit einem riesigen, schweren Rucksack ausgestattet, macht sie sich zu Fuß auf die beschwerliche Reise, die mit brütender Hitze, aber auch Kälte und Schnee eine große Herausforderung für sie darstellt. Auf ihrem Trip begegnet sie oft hilfsbereiten Menschen, die bereit sind, sie mit dem Auto eine Strecke mitzunehmen oder ihr mit anderen, lebenswichtigen Dingen aushelfen. Je länger die Reise dauert und je mehr sie auf sich allein gestellt ist, desto mehr wird ihr ihre Motivation und ihre große Trauer bewußt und sie erkennt die Fehler, die sie begangen und die Verletzungen, die sie geliebten Menschen zugefügt hat, aber gleichzeitig realisiert sie auch die Verletzungen, die ihr selbst widerfahren sind. 

"Wild" von Jean-Marc Vallée basiert auf dem autobiographischen Buch der Cheryl Strayed, das Drehbuch stammt von Nick Hornby. Witherspoon spielt sehr authentisch, die harte und stellenweise dreckige Atmosphäre des Streifens tun der Inszenierung sehr gut und man nimmt der Protagonistin die mühevolle, lange und anstrengende Reise zu jeder Sekunde ab. Ihr Weg ist ihr Ziel und die Wanderung ist eine wunderbare Metapher ihrer großen persönlichen Aufgabe. Witherspoon trägt den Film, der zwar manchmal an der Grenze zur Langatmigkeit unterwegs ist, aber immer noch die Kurve kriegt. Die innerliche Zerrissenheit wird durch Strayed's Stimme aus dem Off begleitet und der wunderschöne Soundtrack und die tollen Natur- und Landschaftsaufnahmen nehmen gefangen. Witherspoon spielt die Cheryl mit Ecken und Kanten, menschlichen Schwächen und Unsicherheiten und vollkommen natürlich und unverbraucht. Sie ist nicht unbedingt der Sympathieträger schlechthin, aber je länger man ihrem Marsch beiwohnt, desto mehr schließt man sie ins Herz.

Leider kommt "Wild" nicht ganz an Sean Penn's "Into The Wild" heran, aber dennoch gewährt dieser sehenswerte Film einen erschütternden, sehr bewegenden und sehnsuchtsvollen Blick auf Menschlichkeit, Opferbereitschaft, Hingabe und Vergebung. Es ist vor allem ein Blick ins Innere, eine schmerzliche Selbstreflektion und eine lange Reise in die eigene Seele. Gute Unterhaltung. 

7,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Twentieth Century Fox

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