Es ist ein beschauliches Leben, dass Frank Wheeler (Leonardo DiCaprio) mit Gattin April (Kate Winslet) und zwei kleinen Kindern im Connecticut der 50er Jahre lebt. Auch wenn der junge Mann seinen Bürojob nicht mag, bringt der doch genug Geld für ein hübsches Familienhaus in der "Revolutionary Road". Nach einem misslungenen Versuch, in der Theaterbranche Fuß zu fassen, fügt sich auch April ihrem vermeintlichen Schicksal und ergibt sich dem Alltagstrott ihrer Hausfrauenrolle. Das war nicht immer so. Einst hielten sich die Wheelers für etwas Besonderes, für weltgewandt, ambitioniert und vor allem nicht so abgrundtief gewöhnlich wie ihre Nachbarn. Als sie beschämt einsehen müssen, dass sie längst im verhassten Kleinbürgertum angekommen sind und ihr Selbstbild zur Karikatur verblasst, beschließen Frank und April einen Neuanfang in Europa. Das Wunschziel Paris wird zum Rettungsanker der darbenden Ehe. Doch dann wird Frank eine Beförderung angeboten und April erneut schwanger - jetzt erweist sich die Sicherheit ihres bisherigen Lebens als verlockende Falle...
Mit dieser theatralisch gestalteten und kontrollierten Adaption von Richard Yates' Roman "Zeiten des Aufruhrs" aus dem Jahr 1961 kehrt Sam Mendes in die amerikanische Vorstadt zurück, die vor zehn Jahren Schauplatz seines triumphalen Debüts war. Wir schreiben das Jahr 1955 und Leonardo DiCaprio und Kate Winslet sind Frank und April Wheeler, ein hübsches Paar mit zwei Kindern, die in einem hübschen Vorstadthaus in Pendlerentfernung zu New York leben. Frank arbeitet für eine Computerfirma in Manhattan; April war einst eine angehende Schauspielerin, die ihre Ambitionen, Ehefrau und Mutter zu sein, aufgegeben hat. Doch Franks bevorstehender 30. Geburtstag und Aprils demütigendes Experiment mit gemeinschaftlichen Amateurtheatern führen für beide zu einer Vierteljahreskrise. Sie entdecken verzweifelt ihren Boheme-Idealismus wieder und schmieden einen aufregenden Geheimplan. Sie werden nach Paris ziehen, wo April einen lukrativen Job als Sekretärin bekommt und Frank unterhält, während er herausfindet, was er wirklich mit seinem Leben anfangen möchte. Aber Franks Arbeitgeber nutzen diesen Moment, um ihm eine verlockende Beförderung anzubieten - vielleicht beeindruckt von der neuen Aura des Selbstvertrauens, die sein bevorstehender Weggang mit sich bringt - und da ist noch etwas anderes. Das herrliche, spontane Liebesspiel, das ihre Fluchtpläne feierte, soll eine ganz konkrete Konsequenz haben. Gerade als Frank und April unbekümmert verkünden, dass sie die Vorstadtfalle ablehnen, wird der Griff um ihre Kehle immer fester. Und wessen Schuld ist es
Ehestreit ist kein modisches Thema für Filme - vielleicht, weil das spießige und altmodische Thema der Ehe selbst nicht so in Mode ist. Aber es gibt hier echte Vorstellungen, Vorstellungen über Intimität und unser Selbstgefühl, darüber, wie viel von diesen individuellen Selbst im Dienste einer Ehe aufgegeben werden muss, darüber, ob diese Aufgabe tragisch ist oder ob die Ehe selbst ein stiller, privater, vorherbestimmte Tragödie. Und Franks Wut und Frustration wird interessanterweise durch Aprils Stille und zurückhaltende Haltung konterkariert. Kate Winslet ist wirklich herausragend. Ihre selbstbewusste und erschütternde Darbietung dominiert und belebt diesen Film, während sie im Kern eine leichte emotionale Asymmetrie erzeugt. Ihr Gesicht, so kraftvoll in seiner Gleichgültigkeit, doch mit unleserlichen Anklängen von Angst und Wut, hat auf der Leinwand etwas Massives und Monumentales, die skulptierte Form einer römischen Kaiserin: wie der riesige Marmorkopf von Faustina der Älteren, der berühmt dafür ausgegraben wurde die kolossale Statue von Hadrian in der Türkei im letzten Jahr. In der Eröffnungsszene sehen wir, wie April nach ihrem Auftritt in der beschämend schrecklichen Amateurdramashow vor Beschämung schluchzt - beschämend, weil es beweist, dass sie ihren Vorstadtnachbarn nicht, wie sie selbstgefällig annahmen, überlegen sind -, dann aber aus der Umkleidekabine kommt und Nachdem sie sich zusammengerissen hatte und den seitlichen Reißverschluss ihres Rocks zuzog. Mendes erfindet einen herzzerreißenden visuellen Reim für diesen Moment ganz am Ende, als April diesen gleichen Reißverschluss privat öffnet, um den schrecklichen Ausgang des Films herbeizuführen. Absichtlich oder nicht, sie scheint viel älter zu sein als Frank, und wenn sie seine schlanke, jungenhafte Gestalt am Strand beobachtet, wie er ausweichend zum Schwimmen davonschreitet, sind sie fast wie Mutter und Sohn.
Franks und Aprils Sommer voller enttäuschter Hoffnungen und ruinierter Pläne ist unerträglich, nicht nur, weil er sie dazu zwingt, eine existenzielle Niederlage einzugestehen, sondern weil er ihnen ein Glück zeigt, das sie nie gekannt hätten, wenn sie nie daran gedacht hätten, zu gehen, und, was noch wichtiger ist, ein Glück. Glück, das sie in Paris nie gehabt hätten: ein Glück purer, unschuldiger Vorfreude. Der Plan lag nicht völlig außerhalb der Grenzen des Möglichen, und die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Ehe in Paris genauso unglücklich verlaufen wäre, verstärkt paradoxerweise die quälende Plausibilität des Traums. Mendes‘ Film hat wahrscheinlich den Schock des Romans gemildert und die Bedeutung der Szene am Anfang gemindert - in seinen letzten Stunden soll Richard Yates dieses Kapitel auf seinem Sterbebett laut vorgelesen haben. Aber es ist immer noch eine tief empfundene, bewegende und wirklich tragische Studie über eine auseinanderbrechende Ehe.
7/10
Quellen:
Inhaltsangabe:Universal Pictures
Poster/Artwork: Dreamworks Pictures
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