Freitag, 13. März 2020

Soylent Green - Jahr 2022... die überleben wollen (1973)

https://www.imdb.com/title/tt0070723/

Im Jahr 2022 ist der Zustand der Erde besorgniserregend. Der Planet ist durch Umweltverschmutzung, Waldsterben und gigantische Überbevölkerung nahezu vollständig zerstört. Die Versorgung der Erdenbevölkerung mit Nahrung wird nun überwiegend durch Soylent Industries bewerkstelligt, die Plankton aus dem Meer filtern und in essbares Material umwandeln. Als in New York William R. Simonson (Joseph Cotten), Mitglied von Soylent Industries Führungsetage, ermordet wird kommt Unruhe auf. Zusammen mit seinem Partner Solomon "Sol" Roth (Edward G. Robinson) soll Detective Thorn (Charlton Heston) den Fall untersuchen und stellt sehr bald fest, dass der Tote kein Opfer eines Raubüberfalls wurde, wie zuerst angenommen wurde. Je mehr Thorn herausfindet, um so mehr Steine scheinen ihm von den Behörden und mächtigen Männern der Stadt in den Weg gelegt zu werden. Doch der ehrgeizige Polizist gibt so schnell nicht auf...

40.000.000 Einwohner zählt New York im Jahr 2022, Tendenz trotz katastrophaler Lebensbedingungen steigend. In diesem trostlosen Ghetto, das einst zu den schillernden Metropolen einer inzwischen völlig aus den Fugen geratenen Welt gehörte, untersucht Detective Thorn (Charlton Heston) einen angeblich spontanen Raubmord an einem der hohen Tiere der Stadt. Dabei gerät er mitten in eine große Intrige und kommt einem Geheimnis auf die Spur, das selbst unter aktuellen Bedingungen noch schockierende Folgen haben würde. Drehbuchautor Stanley R. Greenberg diente als Grundlage der 1966 erschienene Roman "New York 1966" von Harry Harrison, von einer klassischen Buchverfilmung lässt sich dabei nicht sprechen. Vielmehr wurden nur die Rahmenbedingungen und groben Eckpfeiler der Geschichte übernommen, die zudem noch weitere 23 Jahre in die Zukunft verlegt wurden.

Rein auf seinen eigentlichen Mainplot fokussiert müsste sich "Jahr 2022... die überleben wollen" den Vorwurf gefallen lassen, ein etwas behäbig erzählter Science-Fiction-Krimi zu sein, der hauptsächlich durch sein starkes, Western-ähnliches Finale und die krasse Pointe funktioniert. Der nachhaltige Reiz liegt in der düsteren, pessimistischen Prognose und ihrer konsequenten Darstellung, die das Ende auch erst mit dem nötigen Fundament untermauert. Überbevölkerung, Erderwärmung, rücksichtlose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, das alles ist schon im Vorfeld der Handlung geschehen und nun befinden wir uns unmittelbar mit dem Resultat konfrontiert.

Am Rande des Kollaps, eigentlich schon weit drüber. Die Schere zwischen Arm und Reich ist nicht nur auseinandergeklappt, sie ist in zwei Teile zerbrochen. Während ein Bruchteil der Menschheit sich durch die Not bereichert, vegetiert der zahllose Rest wie Vieh in den Gassen (und Treppenhäusern), wartet auf den sicheren Tot. Leichen werden mit Müllwagen weggekarrt, wer es nicht mehr erträgt und zur gerne gesehenen Bestandregulierung beitragen will, darf sich wenigstens ganz regulär "einschläfern" lassen, da wird man einmal im Leben wie ein König behandelt. Zumindest für das weibliche Geschlecht gibt es eine entwürdigende, aber schon lange nicht mehr moralisch hinterfragte Alternative (auch unser Held Heston hat keine Skrupel, das Inventar mal zu beglücken oder auszuknocken, was die Situation gerade erfordert). Werden Sie doch lebendiges Wohnungsinventar für die Wenigen, die es sich leisten können. Wie bei der Einbauküche: Für einen kleinen Aufschlag behalten oder weg damit. Wenn Sie Glück haben, dürfen Sie auch weiterhin stets zu Diensten sein. Besser leben als Gegenstand, statt in Armut verrecken als Mensch. Der wahre Star von "Jahr 2022... die überleben wollen" sind sein Setting, seine befremdlichen Gedankenspiele, die damals schon einen Prozess in Gang bringen konnten und heute, ehrlich gesagt, nicht viel weniger.

Ein selbstverständlichter Alltag, in dem das protestierende, verzweifelnde Volk mit Schaufelbaggern aus dem Weg geräumt wird, gammeliges Gemüse und ein winziges Stück Rindfleisch bewacht und gehandelt werden wie Juwelen und ein alter Mann fast den Tränen nahe ist, wenn er in ein langweiliges Blatt Kopfsalat beißen darf. Spinnerei, die sich an sehr realen Entwicklungen orientiert. Das Buch ist von 1966, der Film von 1973, die Richtung stimmt irgendwie immer noch. Als purer Nervenkitzel ist "Jahr 2022... die überleben wollen" mehr oder weniger recht solide, seine eigentliche Intention ist umso faszinierender und bedrückender. Auf den Punkt gebracht in einer gleichzeitig wunderschönen und traurigen Sterbeszene. Wenn das letzte Bisschen Humanität verloren ist, wird es Zeit zu gehen. Mit der Erinnerung die noch vorhanden war, bevor die vermeidlich intelligenteste Spezies sich endgültig selbst zerstört hat… oder Schlimmeres.

7,5/10

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