Donnerstag, 23. Oktober 2025

Abadi Nan Jaya - The Elixir (2025)

https://www.imdb.com/de/title/tt32643830/

Der reiche Eigentümer eines Unternehmens für pflanzliche Medizin auf der indonesischen Hauptinsel Java glaubt, ein Elixier erfunden zu haben, mit dem den Menschen der uralte Traum von der ewigen Jugend erfüllt werden kann – und durch das sich seine Konten noch weiter füllen werden. Als er Besuch von seiner erwachsenen Tochter, seinem Schwiegersohn, seinem Enkel und anderen Verwandten bekommt, wird schnell klar, dass es sich hier um eine höchst dysfunktionale Familie handelt, in der so einiges im Argen liegt. Doch das alles tritt bald in den Hintergrund, als der Patriarch sich nach Einnahme seines vermeintlichen Wundermittels in ein mordlüsternes Wesen verwandelt. Schnell gibt es weitere Infizierte und während die Seuche sich weiter ausbreitet, müssen die zerstrittenen Familienmitglieder sich zusammenraufen, wenn sie überleben wollen.

Der indonesische "The Elixir" ist ein klassischer, eher durchschnittlicher Vertreter des modernen Zombie-Genres und bietet solide, aber kaum neuartige Kost. Regisseur Kimo Stamboel konzentriert sich auf die Geschichte einer dysfunktionalen indonesischen Familie, deren interner Zwist vor dem Hintergrund einer sich ausbreitenden Zombie-Epidemie durch ein verpatztes Jungbrunnen-Experiment einer Kräuterfirma eskaliert. 

Die Prämisse ist vertraut: Ein Problempatriarch, eine zerrüttete Familie, ein fehlgeschlagenes medizinisches Wundermittel - und schon bricht das Chaos aus, doch weder die Zombies selbst noch die emotionale Familien-Dynamik bringen spürbar frischen Wind ins Genre, weil der Film bekannte Versatzstücke lediglich in neuer, ländlicher Kulisse arrangiert und dabei wenig über das Offensichtliche hinaus anbietet. Wo das Drehbuch kaum eigene Akzente setzt und die Effekte nach bewährtem Muster auf praktische Umsetzung und blutiges Spektakel setzen, punkten die Actionszenen immerhin mit Tempo und der Verzicht auf CGI verleiht den Attacken einen gewissen Realismus; lobenswert bleibt auch der Einsatz der tropisch-grünen Landschaften als visuellem Kontrast zum Splatter. Schauspielerisch bleibt das Ensemble weitgehend blass, die Konflikte - etwa zwischen Exfrau und der neuen Partnerin des Familienoberhaupts - sind vorhersehbar und werden eher als Vorwand für die diversen Survival-Szenarien genutzt als wirklich vertieft. Formal gelingt Stamboel zwar das Kunststück, das Zombie-Chaos mit pointierten, oft atemlosen Kamerafahrten und effektvoll eingesetzten Drohnenaufnahmen zu würzen, aber die stilistische Handschrift bleibt ansonsten konventionell. Actionszenen wie der Fluchtversuch einer Gruppe in Riot-Gear oder der Einsatz von Regengüssen, die die Untoten kurzzeitig lethargisch machen, sorgen für Schwung, doch wirken wie lose Versatzstücke bekannter Genretropen. In Summe liefert "The Elixir" solide Unterhaltungsware, deren handwerkliches Niveau über dem Genre-Durchschnitt rangiert, am Ende aber kaum neue Impulse setzt: ein routiniert gemachter, in Ansätzen spannender Zombiefilm, dem ein wenig mehr Mut zur Innovation und stärker gezeichnete Figuren gutgetan hätten - gut anzusehen, aber schnell wieder vergessen.

5,5/10

Quellen:
InhaltsangabeNetflix
Poster/Artwork: Netflix

Mittwoch, 22. Oktober 2025

Les chambres rouges - Red Rooms: Zeugin des Bösen (2023)

https://www.imdb.com/de/title/tt22207786/

Zwei junge Frauen (Juliette Gariepy, Laurie Fortin-Babin) wachen jeden Morgen vor den Toren des Gerichtsgebäudes in Montreal auf, um dem in den Medien viel beachteten Prozess gegen einen mutmaßlichen Serienmörder (Maxwell McCabe-Lokos) beiwohnen zu können, von dem sie besessen sind und der die Tötung der Opfer gefilmt haben soll. Diese krankhafte Besessenheit führt dazu, dass sie mit allen Mitteln versuchen, das letzte Puzzleteil in die Hände zu bekommen, mit dem man den sogenannten Dämon von Rosemont endgültig überführen könnte: das fehlende Video von einem seiner Morde.

"Red Rooms" ist eine herausragende, verstörende Erfahrung im modernen Thrillerkino, dessen kalter Sog sich von der ersten Szene an entfaltet, da Regisseur Pascal Plante nicht den serienmörderischen Voyeurismus selbst sensationsgierig ausstellt, sondern vielmehr unsere kollektive Obsession mit der Abgründigkeit des Netzes seziert, ohne dabei je in Exploitation oder Kitsch zu verfallen. Im Zentrum steht Juliette Gariépy als Kelly-Anne, deren ausdrucksstarkes, durchweg kontrolliertes Spiel eine kühle, beinahe unheimliche Distanz erschafft, die das Publikum unweigerlich in ihren Bann zieht, denn ihre traurige Faszination für den “Dämon von Rosemont”, Ludovic Chevalier (Maxwell McCabe-Lokos), gerät zur postmodernen Spiegelung unserer Zeit. Gariépy trägt den Film mit einer Präsenz, deren minimalistische Mimik und das stählerne Schweigen jede Regung zum Ereignis machen und die Wirkung des Horrors nicht aus den Taten, sondern aus dem Schweigen, den Blicken und dem düster atmenden Score gewinnt. 

Plante dreht die Spannungsschraube ohne Schockbilder weiter, indem er Gewalt und Grauen meidet und stattdessen einen klinisch-grauen Gerichtssaal mit langen Kamerafahrten, stoischer Farbpalette und nüchternen Close-ups erschafft, die weniger zeigen als vielmehr suggerieren, wodurch die Angst förmlich wächst, während Dominique Plantes akkordgewaltige Musik eine unterdrückte Panik spiegelt, die intensiver als jeder Jumpscare wirkt - ein Stil, der den Horror ins Alltägliche verlagert und dessen höchste Armut in der Empathieverweigerung der Menschen liegt. Kelly-Annes Weg von der Zuschauerin zur radikalisierten Beteiligten zeigt exemplarisch den moralisch verwahrlosten Sog des Dark Webs, ohne dabei je die tatsächlichen Gräueltaten zu zeigen, sondern lässt sie im Kopf der Zuschauer stattfinden - für eine Szene, in der sie die Rolle eines Opfers cosplayt und dem Mörder im Gerichtssaal begegnet, reicht ein einziger, quälender Blick aus, um blanken Schrecken zu erzeugen, dabei werden auch Nebenfiguren wie Laurie Babin als Verschwörungs-Fangirl Clémentine eindrucksvoll gespielt und liefern eindringliche Kontrapunkte zum wortkargen Zentrum des Films. 

"Red Rooms" ist damit ein Paradebeispiel dafür, wie moderner Thriller- und Horrorkunst mehr im Nicht-Gezeigten, in kalten Räumen, angespannten langen Einstellungen und moralischer Ambiguität liegen kann als in expliziter Brutalität, und Gariépys zentrale Performance, die Kameraarbeit mit langen, im Raum wandernden Takes und das eiskalte Sounddesign verdichten das Werk zu einem der eindrucksvollsten, unbedingt zu empfehlenden Genrebeiträge der letzten Jahre – eine meisterhaft subtil inszenierte Paranoia, die das Publikum zwingt, Teil der dunklen Faszination zu werden, die es eigentlich zu verurteilen sucht.

7,5/10

Quellen:
InhaltsangabeFilmstarts
Poster/Artwork: Nemesis Films Productions

Freitag, 17. Oktober 2025

Lisa Frankenstein (2024)

https://www.imdb.com/title/tt21188080/

Während ein Gewitter über ihre Köpfe hinwegzieht, erweckt die nicht unbedingt zu den Coolen ihrer Highschool gehörende Außenseiterin Lisa (Kathryn Newton) zufällig eine aus dem Viktorianischen Zeitalter stammende Leiche (Cole Sprouse) zum Leben. Plötzlich hat sie also einen neuen Freund an ihrer Seite, der im Jahr 1989 erstmal in einer für ihn vollkommen anderen Welt klarkommen muss. In Lisas Augen sieht er dazu nicht nur noch ziemlich gut aus, sondern wird zudem mit jedem vergehenden Tag ein bisschen menschlicher. Lisa verliert Stück für Stück ihr Herz an den von den Toten Auferstandenen. Und auch bei ihrem Vater tut sich in Sachen Liebe einiges: Er sieht sich bereit für eine neue Ehe – mit drastischen Folgen für Lisa. Denn ihre neue Stiefschwester ist Taffy (Liza Soberano), quasi die Königin der Highschool...

"Lisa Frankenstein" ist einer dieser Filme, die beweisen, dass Stil, Nostalgie und eine vermeintlich clevere Prämisse nicht ausreichen, um Substanz zu ersetzen. Zelda Williams’ Regiedebüt, basierend auf einem Drehbuch von Diablo Cody, taumelt zwischen Horror, Teenagerkomödie und Romantik, ohne je eine überzeugende Balance zu finden. Kathryn Newton spielt Lisa, eine junge Außenseiterin der 80er, die sich in einen wiederbelebten viktorianischen Leichnam, gespielt von Cole Sprouse, verliebt - eine Idee, die auf dem Papier nach Camp und Charme schreit, auf der Leinwand jedoch wie ein Versuch wirkt, "Beetlejuice" mit "Warm Bodies" zu kreuzen, ohne deren Charme, Witz oder Struktur zu besitzen. Newton bemüht sich redlich, ihrer Figur Ironie und Elan zu verleihen, doch die Dialoge sind so übermäßig selbstbewusst in ihrer Quirkiness, dass jede emotionale Nuance im Zynismus erstickt. Sprouse wiederum wirkt, als würde er in einem ganz anderen Film agieren - ein groteskes, aber seltsam verschlafenes Monster, das weder Furcht noch Mitgefühl hervorruft. Williams inszeniert alles in überbelichteten Neonfarben, als Beweis, dass man Production Design mit Atmosphäre verwechseln kann. Die Special Effects schwanken zwischen unbeabsichtigter Komik und TV-Ästhetik der späten 90er; Szenen des Grauens wirken wie aus einem Musikvideo, das nie beschlossen hat, welche Band es bewerben will. Als Horrorfilm scheitert "Lisa Frankenstein", weil er nicht gruselt; als Komödie, weil er nicht lacht; als Drama, weil er nichts fühlt. Diablo Cody versucht erneut, ihr Markenzeichen - smarte, selbstreferenzielle Dialoge - einzusetzen, doch hier wirken sie hölzern, recyclinghaft und leer. Es ist, als wolle der Film ständig zwinkern, ohne einen einzigen Grund zum Lächeln zu bieten. Wer glaubt, hier einen feministischen Subtext zur Wiederentdeckung weiblicher Autonomie zu finden, wird enttäuscht: Die Figuren sind Pappkameraden, ihre Konflikte bloße Dekoration. Die Struktur stolpert, das Timing vergeht wie kalter Kaffee, und jeder Schnitt erinnert daran, dass Ambition nicht gleich Vision ist. "Lisa Frankenstein" hätte ein kultiges, bittersüßes Statement über Jugend, Verlust und Wiedergeburt werden können - stattdessen ist er ein trauriges Beispiel dafür, dass auferstandene Leichen vielleicht besser tot geblieben wären.  

4/10

Quellen:
Inhaltsangabe: Filmstarts
Poster/Artwork: Lollipop Woods/MXN Entertainment

Sonntag, 12. Oktober 2025

The Invisible Maniac - Das Serum des Grauens (1990)

https://www.imdb.com/title/tt0099856/

Wissenschaftler Kevin Dornwinkle, ein geisteskranker und pervers veranlagter Irrer, entwickelt ein Serum, mit dem er unsichtbar wird. Doch seine Kollegen schenken ihm keinen Glauben und lachen ihn aus. Er richtet sie auf brutalste Weise hin. Später wird er an einer Highschool Physiklehrer. Für seine Schüler ist der verschrobene Typ auch nicht mehr als eine Lachnummer. Auch die heißen Bräute der Schule stehen so gar nicht auf ihn. Das lässt der sonderbare Kautz nicht auf sich sitzen: Seine Rache wird gnadenlos.

Die Low-Budget-Horrorkomödie um den Wissenschaftler Kevin Dornwinkle, der ein Unsichtbarkeitsserum entwickelt und es nutzt, um an einer High School Rache zu üben, wobei Voyeurismus und Morde Hand in Hand gehen beginnt langsam, nimmt jedoch in der zweiten Hälfte spürbar Tempo auf, wo der Mix aus komödiantischem Horror und trashigem Exploitation-Charme voll zur Geltung kommt. Trotz einiger langatmiger Passagen zeigt er eine gewisse Cleverness im Umgang mit typischen Genreklischees, etwa durch sein bewusst überdrehtes und cheesy Drehbuch, in dem der Antiheld nicht heldenhaft, sondern psychisch gestört und zynisch agiert.

Die Komödie entsteht vor allem durch das absurde Overacting und die selbstironische Inszenierung, die das voyeuristische und mörderische Verhalten des Hauptcharakters mit überzogenem Humor und schrägen Todesszenen kombiniert. Der Film spielt mit Elementen des Sexploitation-Horrors (Nacktszenen, Duschszenen) und erzielt durch Überzeichnung eine skurrile, fast anarchische Stimmung. Die Effekte sind sicherlich simpel, aber gerade dadurch erzeugen einige der blutigen Szenen eine ironische Distanz, die den Film von ernsthaften Horrorfilmen abhebt. Trotzdem ist "Das Serum des Grauens" nur ein Film für Trash- und Subgenre-Fans, die schwarzen Humor und absurde Horrorkomödien schätzen. Er bietet weniger schockierende Gewalt und mehr Spaß durch seine Präsentation und das Spiel mit voyeuristischen Themen, die heute noch politisch unkorrekter wirken würden als sie es damals schon taten. Die Mischung aus Komödie und Horror ist ungleichmäßig, die Schauspieler bleiben kaum im Gedächtnis. Zusammen mit den inhaltlicher Längen und der sichtbar einfachen Produktionswerte ist er dennoch irgendwo unterhaltsam, aber nur auf sehr niedrigem Niveau.

4,5/10

Quellen:
Inhaltsangabe: Filmstarts
Poster/Artwork: Smoking Gun Pictures/Runny Mede House Music

TRON: Ares (2025)

https://www.imdb.com/de/title/tt6604188/

Vor Jahrzehnten hatte der Videospielentwickler Kevin Flynn (Jeff Bridges) eine Technologie entwickelt, die es ihm ermöglichte, in digitale Welten abzutauchen, in denen Daten mit Raumschiffen und anderen Gefährten transportiert werden sowie Programme in menschlicher Gestalt agieren. Nun verspricht sich der junge Konzernchef Julian Dillinger (Evan Peters), Enkel von Flynns einstigem Rivalen Ed Dillinger, vom umgekehrten Weg aber noch viel mehr: Er möchte intelligente Computerprogramme in die echte Welt holen, um sie dort als entbehrliche Soldat*innen lukrativ in Umlauf zu bringen. Sein Vorzeigemodell ist der digitale Elitesoldat Ares (Jared Leto), der zur Zeit aber nur 29 Minuten lang in der echten Welt existieren kann, bevor er zerfällt. Die notwendige Technologie für einen permanenten Transfer wurde einst von Flynn entwickelt und befindet sich nun in den Händen seiner Nachfolgerin Eve Kim (Great Lee), weshalb Dillinger Ares auf sie ansetzt.

"TRON: Ares" ist, nachdem 1982 das bahnbrechende Original das Licht der Welt erblickte, die mit Opulenz und dunklem Neonlicht aufgetischte, dritte Reise ins digitale Universum, die gerade beim Übergang der alten Franchise-Strukturen zur modernen Sci-Fi-Großerzählung zwischen Bewunderung und Verdruss schwankt und dabei gemischte Gefühle auslöst. Die Story beginnt mit der aufgeladenen Konvergenz von Digitalität und Realität und verlegt die Handlung erstmals überwiegend in die reale Welt, wo der von Jared Leto verkörperte titelgebende Ares, ein hochentwickeltes KI-Programm, der Obrigkeit als neue militärische Waffe vorgestellt wird. Das ist ein neuer Ansatz, denn während die beiden vorherigen Filme, das "TRON" und "TRON: Legacy" aus dem Jahr 2010, mit klaren digitalen Welten und einer starken Dualität zwischen menschlicher und programmierten Existenz arbeiteten, verschiebt "TRON: Ares" das Zentrum in eine düstere, neonbeleuchtete Metropole, die in einem futuristisch-industriellen Look dargestellt wird. Doch die Sache hat einen Haken: Der CEO von Dillinger Systems, die Erschaffer der KI, verschweigen, dass die digital erstellten Assets nur 29 Minuten in der realen Welt existieren können, bevor sich ihr Code in der realen Welt auflöst. Die dem Zuschauer bekannte Firma ENCOM ist derweil nicht mit der Entwicklung von Waffen beschäftigt, sondern sucht nach Möglichkeiten der Weiterentwicklung und nach Persistenz, sodass digital erstellte Objekte permanent in der realen Welt existieren können. Gut und Böse sind also recht klar abgesteckt und was beide Firmen wollen ist auch glasklar - es ist ein technologischer Sprung nach vorn für die Serie, aber auch eine Zäsur, denn "Tron: Ares" fühlt sich mehr wie ein Reboot an, statt einer konsequenten Fortsetzung von "TRON: Legacy". 


Die philosophische Tiefe der erstgenannten Filme wird somit zugunsten eines actiongeladenen Thrillers mit KI-Gewissenskonflikt reduziert, was sowohl die Narrative entfremdet als auch frischen Wind bringt. Trotzdem fehlt dabei beinahe jeder Bezug zu den vertrauten Figuren, abgesehen von Jeff Bridges' Kurzauftritt als 80er-Jahre Erinnerungsmoment, sodass Nostalgiker immerhin einen Anknüpfungspunkt serviert bekommen. Ein Lächeln treibt dabei der alles überlagernde, intensive Score von Nine Inch Nails und die Musikauswahl von Trent Reznor und Atticus Ross ins Gesicht, die zusammen mit Boys Noize und Depeche Mode immer den richtigen Ton zur richtigen Zeit treffen.

Kameramann Jeff Cronenweth, bekannt für seine Arbeit an "Fight Club" und "The Social Network", vermischt in "TRON: Ares" einen rauen Realismus mit hyperglattem Digitaldesign, was der neonbeleuchteten Cityscape eine beeindruckende räumliche Tiefe und Lebendigkeit verleiht. Diese Kameraführung, teils robotisch und maschinell anmutend, spiegelt die mechanische, kontrollierte Identität von "TRON: Ares" wider und erzeugt ein Gefühl, als ob ein Programm ein anderes filmt. Im Vergleich zum Original von 1982, das die existenzielle Suche im digitalen Limbo fast spirituell überhöht und als Pionier der CGI-Ära Maßstäbe setzte, wie auch zu "TRON: Legacy", das das Vater-Sohn-Drama in der leuchtenden Cyberwelt nuanciert fortführte und Erinnerungszitate für die Fangemeinde kreierte, erscheint "TRON: Ares" seltsam austauschbar. Die Action in der realen Welt nivelliert die brisante Andersartigkeit des Digitalen, verkompliziert die Regeln, ohne sie konsequent zu erklären, und verschenkt die innere Logik der Franchise-Mythologie an den Zeitgeist, in dem KI-Kritik und Militärfantasien allgegenwärtig sind. 


Doch während die Ästhetik und der Score die Sinne überwältigen, kämpft das Storytelling an mehreren Fronten mit Altlasten: Weder die philosophische Klarheit noch die spielerische Strenge der Ursprungs-Dichotomie aus Leben, Tod und Code werden aufrechterhalten. Die konzeptionelle Verschiebung von der digitalen zur realen Welt macht durchaus Spaß, gerade in Verbindung mit der bestechenden Bildsprache und dem Score, doch schmerzhaft spürbar bleibt, wie wenig der Film es schafft, einen Stringenten mythischen Zusammenhang zu bewahren.

Jared Leto, vielfach als Franchise-Todesengel verschrien, lässt auch hier nur wenig von sich erkennen außer der bekannten, seelenlosen Perfektion, mit der er bereits "Morbius" und andere Projekte in den Sumpf gezogen hat; sein Ares bleibt Stimmungskatalysator statt Figur, funktional inszeniert, aber ohne Charisma und menschliche Tiefe. Sein Ares verlässt als scheinbar empathiebegabtes Programm die Grid-Sphäre und verweigert Befehle, als sein Auftrag die Ermordung von ENCOM-CEO Eve Kim (Greta Lee) verlangt - ein etwas zu klassisches KI-Gewissensmotiv, das die Story mit keinerlei Tiefe versieht, wohl aber Raum für beeindruckende Actionszenen und visuelle Eskapaden schafft, in denen neue, aufgepeppte Lightcycles durch die vibrierende Metropole rasen, während die Szenen musikalisch mit metallisch-nüchterner Wucht unterlegt werden. 
 

Letztlich ist "TRON: Ares" ein Film, der einen trotz aller Defizite unterhält. Es ist die altbekannte Story, Gut gegen Böse und ein Böser, der seine Taten im Sinne der Story und der Erwartungen des Zuschauers einschätzt und sich gegen seinen Schöpfer wendet, nur um später auf der Seite der Guten gegen den Böen zu kämpfen. "TRON: Ares" ist damit einerseits zwar ein gelungener Augen- und Ohrenschmaus, mit dem Herzensfeuer der alten Filme kann das Update jedoch kaum Kontakt aufnehmen - er bleibt ein mittelmäßig bis guter Eintrag für Newcomer, ein zwiespältiges Erlebnis für die Fans der ersten Stunde, und ein weiteres Beispiel dafür, wie Jared Leto ein Franchise nicht unbedingt ruiniert, aber auch nicht retten kann.

6,5/10

Quellen:
Inhaltsangabe: Filmstarts
Poster/Artwork: Disney/Paradox

Donnerstag, 9. Oktober 2025

M3GAN 2.0 (Unrated) - M3gan 2.0 (2025)

https://www.imdb.com/de/title/tt26342662/

Zwei Jahre sind vergangen, seit die hochentwickelte KI M3GAN außer Kontrolle geriet und eine tödliche Spur hinterließ, bevor sie schließlich zerstört wurde. Ihre Schöpferin Gemma (Allison Williams) hat sich inzwischen einen Namen als Autorin gemacht und setzt sich vehement für strengere Regulierungen im Bereich künstlicher Intelligenz ein. Währenddessen ist ihre Nichte Cady (Violet McGraw) zur Teenagerin herangewachsen und beginnt, sich gegen die strengen Regeln ihrer Tante aufzulehnen. Unbemerkt von beiden wurde die zugrunde liegende M3GAN-Technologie gestohlen und von einem mächtigen Rüstungskonzern zweckentfremdet. Das Ergebnis ist Amelia (Ivanna Sakhno), eine KI-gestützte Waffe, entwickelt zur Spionage und Eliminierung von Zielen. Doch mit wachsender Selbstwahrnehmung schwindet ihr Interesse daran, menschlichen Befehlen zu gehorchen – oder Menschen überhaupt in ihrer Nähe zu dulden. Angesichts der drohenden Gefahr bleibt Gemma keine Wahl: M3GAN muss reaktiviert werden – mit Upgrades, die sie schneller, stärker und tödlicher machen. Als die beiden Systeme aufeinandertreffen, entbrennt ein Kampf zwischen zwei hochentwickelten KI-Wesen, die einander ebenbürtig sind.

M3GAN kehrt zurück mit einer deutlich erweiterten Prämisse, die den einst als Horror-Komödie angelegten Originalfilm in einen größeren, ernsthafteren Sci-Fi-Action-Thriller verwandelt. Während der Vorgänger einen fesselnden Mix aus Horror und schwarzem Humor bot, setzt die Fortsetzung nun auf eine Konfrontation zwischen zwei Androiden - M3GAN als beschützende Heldin und AMELIA als militärische Waffe - und verlagert die Handlung in ein Setting mit globalen Bedrohungen durch autonome KI. Diese Prämissenverschiebung führt dazu, dass "M3GAN 2.0" zwar technisch versiert und visuell ansprechend ist, doch die humorvolle Leichtigkeit und der Horror-Charme des Originals weitgehend verloren gehen. Die neue M3GAN zeigt sich gesprächiger und menschlicher, dennoch fehlt es ihr an der ursprünglichen Düsternis, wodurch der Film zwischen Thriller und Action manchmal schwankt und nicht immer eine kohärente Tonalität hält. 

Inhaltlich wird die Beziehung zwischen Gemma und Cady vertieft, mit ethischen Fragen zur KI und Erziehung im digitalen Zeitalter, was der Handlung emotionale Tiefe verleiht. Auf der ästhetischen Ebene fällt auf, dass M3GAN diesmal teilweise CGI-basiert ist, was die charmante Realwirkung des Puppen-Designs beeinträchtigt und etwas von der Authentizität des ersten Teils einbüßt. Die neuen Action-Sequenzen und die stärkere Fokussierung auf den Kampf zwischen den beiden Androiden sorgen zwar für Spannung und erzählerisches Gewicht, doch das komplexere Skript wirkt mitunter überfrachtet und weniger fokussiert als das originelle, sehr homogene Storytelling. Im Vergleich zum Vorgänger verliert "M3GAN 2.0" den Horror-Aspekt zugunsten einer griffigeren, aber konventionelleren Action-Dynamik, was sowohl Befürworter des Originals irritieren als auch neue Fans ansprechen dürfte. Insgesamt schlägt sich der Film als solide Fortsetzung mit bissigen Momenten und relevantem Diskurs zur KI gut, ohne jedoch den unverwechselbaren Charme und frischen Witz des ersten Teils zu erreichen. Ein Schritt in Richtung einer größeren, etwas schwerfälligeren Erzählung, der mittelmäßig bis gut zu bewerten ist angesichts der geänderten Prämisse und der ambitionierten Themen, aber die Originalität und Schüchternheit, die M3GAN zum Überraschungserfolg machten, nur bedingt konserviert.

6/10

Quellen:
Inhaltsangabe: Filmstarts
Poster/Artwork: Universal Pictures/Blumhouse Productions/Atomic Monster

Freitag, 3. Oktober 2025

Shark Island - Zombie Shark - Zombie Shark: The Swimming Dead (2015)

https://www.imdb.com/de/title/tt4704918/

Ein Bootsausflug soll Entspannung bringen: Das ist zumindest der Plan von vier Freunden. Also machen sie sich am Wochenende auf den Weg zu einer idyllischen, kleinen Insel. Nach ihrer Ankunft entdecken sie am Strand einen toten Hai, was die Stimmung sofort trübt. Doch als das Tier urplötzlich wieder zum Leben erwacht und die Gruppe angreift, macht sich Panik breit. Wie ist das nur möglich? Schnell fällt der Verdacht auf das nahegelegene Forschungslabor: Haben die Mitarbeiter der geheimnisvollen Einrichtung etwa mit einem Virus experimentiert? Und noch viel wichtiger ist die Antwort auf die Frage, ob nur Haie oder auch Menschen infiziert werden können. Nicht nur die Angst davor, sich in einen bissigen Zombie zu verwandeln, macht den Kurzurlaub zu einem albtraumhaften Trip in die Hölle.

"Zombie Shark" ist ein weiteres Beispiel dafür, wie das Subgenre der Trash-Hai-Filme mit beinahe sportlicher Zielstrebigkeit sämtliche Erwartungen an Erzähltechnik, darstellerische Leistung und filmische Handwerkskunst aktiv unterläuft. Was als augenzwinkernde Genre-Mixtur "Hai trifft auf Untote" verkauft wird, entpuppt sich binnen Minuten als Paradebeispiel dafür, wie Beliebigkeit in Zelluloid gegossen aussieht: Billigste CGI, die aussieht, als hätte jemand im Informatikunterricht seiner Mittelstufe zum ersten Mal ein Grafikprogramm entdeckt, mäandert planlos durch die Szenen und lässt gerade so viel Raum für die Darsteller, sich zwischen Statistenfunktion und fleischgewordener Kleiderstange zu bewegen. Die Handlung - das übliche Desaster aus Labor-Experimenten, einer Handvoll Unfreiwilliger und virulenter Zombiehaie - wird so schablonenhaft abgewickelt, dass jedes auch nur vage vorhandene Gefühl für Spannung oder Überraschung längst im digitalen Meer absäuft, bevor die Kameralinse überhaupt beschlägt. Dialoge pendeln zwischen unfreiwilliger Komik und abgedroschenen Plattitüden, glaubwürdige Figurenzeichnungen sucht man ebenso vergebens wie inszenatorische Kreativität. Nicht einmal im Vergleich mit anderen SyFy-Katastrophen gelingt "Zombie Shark" ein nennenswerter Akzent: Die Effekte sind schlechter als bei "Sharknado", der Witz lebloser als die animierten Fische, und selbst bei der ironischen Distanz zu diesem bizarren Genre fehlen Mut und Energie, aus dem Konzept "Hai + Zombie" echten Trash-Kult zu machen. Nach diesem Film wirken selbst misslungene TV-Sendungen wie visionärer Arthouse, ein Triumph des Dilettantismus, den man mit dem Satz "Kinogeschichte in ihrer dunkelsten Stunde" locker abgefertigt hätte.

3/10

Quellen:
Inhaltsangabe: Splendid
Poster/Artwork: Active Entertainment