Samstag, 27. Juli 2024

[KINO] Deadpool & Wolverine (2024)

https://www.imdb.com/title/tt6263850/

Seit Jahren träumt Deadpool (Ryan Reynolds) davon, ein Avenger zu werden – und nun bietet ihm der zwielichtige TVA-Agent Mr. Paradox (Matthew Macfadyen) an, in die heilige Zeitlinie zu wechseln, um dort Teil des MCU zu sein. Doch dafür muss der vorlaute Söldner ein großes Opfer bringen: Seine Welt wird ausgelöscht. Weil Deadpool dies nicht zulassen will, schickt Mr. Paradox ihn und eine von Deadpool rekrutierte, abgehalfterte Variante von Wolverine (Hugh Jackman) in die Leere – die große Müllhalde aller Universen. Dort hat die finstere Cassandra Nova (Emma Corrin) ein Schreckens-Regime errichtet. Deadpool ist klar: Will er seine Welt, all seine Freunde und seine große Liebe Vanessa (Morena Baccarin) retten, muss er an ihr vorbei und auch Mr. Paradox aufhalten. Doch dazu muss er erst einmal den verbitterten Wolverine überzeugen, ihm zu helfen...

Dieses Review muss ich mit einer Einleitung versehen, da ich tatsächlich keine Ahnung habe, wie dieser Film zu rezensieren ist, ohne auf Handlungspunkte oder Cameos einzugehen. Weiterlesen geschieht also auf eigene Verantwortung, mein Gesamturteil lautet jedoch: Wenn man die ersten beiden "Deadpool"-Filme mag, wird man diesen definitiv auch mögen und - holy shit - allein die Rückkehr von Hugh Jackman als Wolverine und die grandiose Eröffnungssequenz sind es allemal wert.

Trotzdem kann "Deadpool & Wolverine" schwierig sein. Es ist nicht so, dass er nicht auf die gleiche Weise lustig ist wie die vorherigen "Deadpool"-Filme: augenzwinkernd selbstbewusst mit zahlreichen Durchbrüchen der vierten Wand; jede Menge übertrieben groteske Gewalt; und die Vorliebe eines Schuljungen für clevere Schimpfwörter (oder zumindest Schimpfwörter, die nach Cleverness streben, indem sie unterschiedliche Schimpfwörter, Körperteile und Tiere mit einem zufällig ausgewählten Sexakt zusammenstopfen - es ist völlig egal, es entlockt einem zumindest ein unterdrücktes Glucksen. Der Film unter der Regie von Shawn Levy und dem Drehbuch von Ryan Reynolds & Rhett Reese & Paul Wernick & Zeb Wells & Shawn Levy - erreicht auch genau das, was er sich vorgenommen hat. All die oben erwähnten lustigen Sachen - die Reynolds die Chance geben, seine Schmeicheleien zu zeigen - klar, aber auch was der Titel verspricht - Deadpool und Wolverine (Hugh Jackman) zusammen zu bringen, um als "Frenemies" gegen einen größeren Feind kämpfen können. Und ihr gemeinsames Abenteuer beinhaltet die Time Variance Authority, die langjährige Marvel-Zuschauer als die multiversale Agentur aus der Fernsehserie "Loki" erkennen werden, die sich darum kümmert, alternative Zeitlinien im Auge zu behalten. Die TVA muss natürlich involviert sein, da Deadpool ins Multiversum reisen muss, um einen Wolverine zu finden, mit dem er sich zusammentun kann, da der Wolverine in seinem Universum in "Logan" gestorben ist. Für wen das alles einen Sinn ergibt, wunderbar, denn dann ist "Deadpool & Wolverine" exakt der Film, den man erwarten würde und der einem sehr wahrscheinlich gefallen wird. Wenn nicht, wird es hart.


Wie auch immer, Mr. Paradox (Matthew Macfadyen) von der TVA hat einen Time-Ripper, ein Gerät, welches Deadpools Universum buchstäblich pulverisieren wird, da dieses Universum seine Ankerfigur verloren hat - Wolverine. Dass dies bei Deadpool nicht auf Gegenliebe stößt dürfte klar sein, und er beschließt kurzerhand, einen Wolverine aus einem anderen Universum in seines zu holen. Dass hier schon die ersten Cameos auftauchen ist erwartbar, doch das ist längst nicht alles und auch nur ein Cameo, der einen den Unterkiefer herunterklappen lassen lässt. Mr. Paradox lässt den erfolgreichen Versuch aber nicht auf sich sitzen und schießt die beiden gegensätzlichen Helden ins Nichts - den Void. Dieser Void ist ein Punkt am Ende der Zeit, den die TVA als Müllhalde für Varianten nutzt, die aus der Zeitlinie entfernt werden müssen, und er wird von Cassandra Nova (Emma Corrin) regiert, einer bösen, weiblichen Version von Charles Xavier (mehr oder weniger; zumindest ist sie so kahl wie er). Und im Void wird es langsam knifflig - und abgefahren zugleich.

Denn hier wird dem Zuschauer spätestens klar, dass alles andere in diesem Film nur Fassade ist. Die ganze MCU-Geschichte, sogar die Zusammenarbeit von Deadpool und Wolverine: Das ist nicht der Grund, warum dieser Film existiert, nicht wirklich. Nein, dieser Film existiert, um als 127-minütiger Abschied von der Marvel-Filmreihe von 20th Century Fox zu dienen. Aber dieser Unterschied - der Unterschied zwischen den Marvel-Filmen von 20th Century Fox und denen, die Teil des Marvel/Disney MCU sind, die beide von der "Spider-Man"-Filmreihe von Sony getrennt sind (außer wenn Marvel sich Spider-Man oder Sony Dr. Strange ausleihen muss) - wird einem nur dann richtig bewusst, wenn man - und das sage ich mit der gebotenen Zuneigung und in dem Wissen, dass ich fest zu dieser Gruppe gehöre - das letzte Vierteljahrhundert seines Lebens damit verbracht hat, sich mit allen(!!!) Einzelheiten dieser Unternehmensgiganten vertraut zu machen.

Das heißt, wir verabschieden uns nicht nur von den X-Men und X-Men-nahen Charakteren von 20th Century Fox wie X-23 (Dafne Keen) und X-Men-Bösewichten wie Sabretooth (Tyler Mane) oder Pyro (Aaron Stanford), die hier alle einen Cameo-Auftritt haben. Wir verabschieden uns auch von Johnny Storm (Chris Evans) aus den "Fantastic Four" und Elektra (Jennifer Garner) aus "Daredevil"/"Elektra". Aber es geht noch tiefer. In diesem Film gibt es einen ausgedehnten Witz über eine Figur, über die lange gemunkelt wurde, über die fast ein Jahrzehnt lang ein Film in der Entwicklung war, die einen Star hatte, der sie unbedingt spielen wollte, und die in Wirklichkeit nie existiert hat. Es ist die Art von Gag, die nur Sinn ergibt, wenn man die Geschichten über die Entstehung dieser Filme sehr genau verfolgt hat, oder wenn man mit einem Stapel MARVEL-Magazine neben dem Bett aufgewachsen ist.

Wenn man diesen Gag sofort versteht, erfüllte es einen mit etwas, das man nur als eine Art leichten Selbsthass beschreiben kann. Dass man tatsächlich lacht, hilft dann auch nicht, denn es ist tatsächlich lustig, denn der Typ, der die Rolle spielt, ist sowieso perfekt für diese blöde Rolle geeignet. Verdammt sei sein gewinnendes Lächeln und seine glänzenden Augen! Das Seltsamste an "Deadpool & Wolverine" ist, dass er es schafft, das Beste aus beiden Welten zu machen: Er macht Witze über Disney/Marvel und Firmen-Machenschaften, während seine Stars neben dem zerstörten Logo von 20th Century Fox kämpfen, und endet mit einer Montage während des Abspanns, die ein Vierteljahrhundert Filme von 20th Century Fox würdigt, untermalt vom rührseligsten Popsong, den man sich vorstellen kann. Der besten Cameo kommt sowieso im Void und er ist so gut, weil er unerwartet und völlig aus dem Nichts kommt. Auftritte von Garner und Cavill, Lively und McConaughey waren ja schon durchgesickert, aber dieser Charakter - wow.


"Deadpool & Wolverine" erreicht unterm Strich vielleicht keine vollständig Perfektion und schon gar nicht das, was einige Fans (auch ich) erhofft hatte - aber er schafft, was er sich vorgenommen hat. Reynolds und Jackman sind genau die, die sie sein müssen, damit dieser Film funktioniert, obwohl die Gags darüber, dass Jackman seinen Wolverine bis zu seinem 90. Lebensjahr spielen soll, eher wie eine Drohung als wie ein gutmütiger Seitenhieb wirken. Es bringt einen zum Lachen, obwohl die selbstbewusste Nummer des großmäuligen Söldners langsam abgenutzt wirkt. Der Film ist aber eine Lobrede auf ein ganzes Superheldenuniversum - und das auf eine wirklich herzliche Art und Weise, die allerdings die überragende Stimmung untergräbt, die diese Filme kultiviert hat. Trotzdem ist dieser Teil sicherlich der beste der Reihe, und das liegt einfach daran, dass er so ist wie er ist.

9/10

Quellen:
Inhaltsangabe: Twentieth Century Fox/Marvel/Disney
Poster/ArtworkTwentieth Century Fox/Marvel/Disney

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