Die Witwe Eva (Odessa Young) muss im 19. Jahrhundert eine unmögliche Entscheidung treffen, als in einem besonders grausamen Winter ein fremdes Schiff vor der Küste ihres isländischen Fischerdorfs sinkt.
Der Psychohorror "The Damned" von Regisseur Þórður Pálsson greift auf isländische Folklore zurück und erzählt eine Geschichte von Paranoia und Aberglauben in einem abgelegenen Außenposten in einer eisigen Schneelandschaft. Die junge Witwe Eva (Odessa Young) leiht das Fischerboot ihres verstorbenen Mannes den ruppigen Fischern des Dorfes, behält dabei aber ihre Entscheidungsbefugnis. Hier entscheidet jede Tat, jede Ration und jede Handlung über Leben und Tod. Die Dorfbewohner verstehen sich größtenteils gut und singen in ihrem engen Pub bei Gaslaternen Trink- und Fischerlieder. Doch unter dieser unberührten Oberfläche brodeln Spannungen in Form männlicher Rivalitäten und der Vorstellung, dass Stärke Überleben bedeutet. Als ein Schiff mit Fremden vor der Küste kentert, stehen die Dorfbewohner vor dem Dilemma, ob sie Zeit und Ressourcen für die Suche und Rettung aufwenden sollen. Diese Debatte verschärft sich, als das Schiffswrack wertvolle Lebensmittel und Getränke an Land spült und so unbeabsichtigt zum Überleben der Stadt beiträgt. Die Frage, ob man sich zu den nahegelegenen, tückischen Felsen hinauswagen soll, wo Überlebende stranden könnten, bildet das ethische Rückgrat einer Geschichte, die langsam aber sicher ins Übernatürliche abdriftet und in Legenden verwurzelt ist, die mit dem christlichen Glauben der Dorfbewohner kollidieren. Als ihre harten Entscheidungen sie zu verfolgen beginnen, nimmt ihre Schuld schließlich eine erschreckende körperliche Form an, die in der Frage wurzelt, ob die Schatten, die sie in der Dunkelheit sehen, real oder eingebildet sind.
Obwohl der Film mit Kerzenlicht zunächst uninteressant beginnt, entwickelt er sich bald zu etwas Kränklichem, als eines Morgens das Gespenst des Todes direkt vor der Küste des Dorfes auftaucht. Sobald diese schwerwiegenden ethischen Dilemmata Einzug halten, wirken die scheinbar statischen Einstellungen haltlos. Während das Bild Eva einfängt, geplagt von Selbstzweifeln über die beste Führung, beginnt es subtil zu schaukeln, als treibe die Kamera auf See. Der Effekt ist widerlich, und der Film scheint erst dann Ruhe zu finden, wenn Eva in der Nähe ihres jungen, attraktiven Untergebenen Daniel (Joe Cole) ist. Dies führt zu einem weiteren ethischen Dilemma, als ihre Chemie spürbar wird.
Je weiter der Film voranschreitet, desto mehr tragen Youngs nachdenkliche Darstellung, Eli Arensons vielschichtige, kontrastreiche Kameraführung und Stephen McKeons nervenaufreibende Filmmusik zu einer hinterhältigen, völlig unterkühlten Atmosphäre bei. Pálssons Top-Down-Ansatz wirkt dieser vollendeten Kunst jedoch entgegen. Ein Jumpscare nach dem anderen nimmt die gleiche Form an: Gestalten schleichen in den Schatten und bauen Spannung auf, die durch schrille, unterbrechende Geräusche, meist in Form eines Lockvogelangebots, abgebaut wird. Beim ersten Mal ist es hinreißend und schelmisch, aber bei der x-ten Wiederholung? Nicht mehr ganz so sehr.
Die Auswirkungen auf den Film sind bedauerlich. Das Ensemble bleibt stets auf den sich aufbauenden psychologischen Druck und die sich vertiefenden sozialen Gräben der Handlung eingestellt, doch die monotonen übernatürlichen Visionen rauben dem Film häufig die Spannung. Die Schauspieler spielen jede schmerzlich reuevolle Note perfekt, doch die gegenständlichen, geisterhaften Metaphern des Films erschweren ihre emotionale Klarheit nur. Dies gilt insbesondere, wenn Pálsson beginnt, die Beziehung zwischen den wörtlichen und traumhaften Geschehnissen der Geschichte zu entwirren. Der Film leidet etwas unter dieser Übererklärung.
Dass "The Damned" die Puste ausgeht, wirkt wie ein unvermeidliches Ergebnis. Dass der Film jedoch so lange fesselnd bleibt - vor allem dank Hauptdarstellerin Odessa Youngs mitreißender Darstellung einer jungen Frau, die von Verantwortung belastet ist und die damit das metaphorenreiche Gruselspektakel in dem isländischen Fischerdorf des 19. Jahrhunderts mehr als nur bereichert -, zeugt von seiner Stärke als psychologisches, atmosphärisches Stück über tiefe Reue. Die Geschichte, die durch Träume und Schatten erzählt wird und die trotz ihrer oft repetitiven Herangehensweise eindringlich wirkt, ist interessant und einnehmend. Obwohl der Film als gruseliges Horrordrama mehr Wucht als Allegorie hat, ist er unterm Strich ansprechend atmosphärisch und gut gemacht und bietet einen wirkungsvollen und einprägsamen Abschluss.
6,5/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Filmstarts
Poster/Artwork: Elation Pictures/Wild Atlantic Pictures/Join Motion Pictures/Ley Line Entertainment
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