Mittwoch, 8. November 2023

[KINO] The Marvels (2023)

https://www.imdb.com/title/tt10676048/

Die als Captain Marvel bekannte Carol Danvers (Brie Larson) hat hart gekämpft, um nicht nur über die herrschsüchtigen Kree zu triumphieren, sondern auch über die sogenannte Obere Intelligenz an der Spitze der Alienrasse. Doch Captain Marvels Rache bleibt nicht lange ohne Folgen für das Universum. Denn plötzlich tut sich ein zunächst rätselhaftes Wurmloch auf, aus dem Dinge dringen, die die Heldin auf neue harte Proben stellen: Nicht nur greift ein neuer Revolutionär der Kree nach der Macht, auch Danvers’ Kräfte spielen plötzlich verrückt. Es scheint, als hätten diese aus unerfindlichen Gründen sowohl eine Verbindung zu ihrer Nichte, der S.A.B.E.R.-Astronautin Captain Monica Rambeau (Teyonah Parris), als auch zu ihrem absoluten Superfan Ms. Marvel (Iman Vellani) aufgebaut. An einen Alleingang ist jetzt nicht mehr zu denken. Die drei Frauen müssen sich zusammentun, um der neuen Bedrohung den Garaus zu machen und wieder Stabilität ins Universum zu bringen. 

Der neue Marvel Cinematic Universe (MCU)-Film "The Marvels" hat bei den Fans des Studios nicht gerade Vorfreude geweckt. Und das ist auch nicht verwunderlich. Man hat mittlerweile das Gefühl, dass die Studios sich zu sehr auf die Serien auf Disney+ konzentrieren und weit weniger frische Ideen in ihre Filme stecken. Und das Interessante dabei ist: man sollte eigentlich die Serien (mindestens "WandaVision" und "Ms. Marvel") kennen, um überhaupt vollständig nachvolziehen zu können, was in der Fortsetzung zu "Captain Marvel" überhaupt passiert. Das stößt etwas sauer auf, denn im Hinterkopf beißt sich der Gedanke fest, dass man den Konsumenten so lediglich mehr und mehr Geld aus der Tasche ziehen will, ohne wirklich Qualität zu liefern. So war es keine Überraschung, zu lesen, dass eine sehr frühe Testvorführung in Texas beim Publikum "durchschnittliche Kritiken" hinterlassen hat. Doch dieses Feedback ist auch etwas überraschend, da frühere Berichte darauf hindeuteten, dass der Film nur "positives Lob" erhalten hatte. Damit stellte sich dem Studio die Frage: Wird "The Marvels" die Erwartungen seiner MCU-Vorgänger erfüllen? Eine weitere "Sneak Preview", die im Juni in Amerika stattfand, ermöglichte es einem öffentlichen Publikum, den Film zu sehen - eine Seltenheit für die Marvel Studios, die dafür bekannt sind, solche Vorführungen auf Disney-Mitarbeiter zu beschränken. Die Reaktion des Publikums, die ebenso als "mittelmäßig" beschrieben wurde, warf die Frage auf, ob die eingefleischten Fans diese Meinung teilen werden. Immerhin gab die Testvorführung, die fünf Monate vor der offiziellen Veröffentlichung stattfand, den Marvel Studios sicherlich ausreichend Zeit, verschiedene Elemente basierend auf dem Feedback des Publikums zu verfeinern und anzupassen. Filmrezensionen sind von Natur aus subjektiv und die individuellen Meinungen können sehr unterschiedlich sein. Nur weil die Reaktion des Testpublikums verhalten war, heißt das nicht zwangsläufig, dass "The Marvels" bei einer breiteren Zuschauerschaft und MCU-Enthusiasten keinen Anklang finden wird, erklärten die Macher. 

Der von Nia DaCosta inszenierte Film vereint Brie Larsons Captain Marvel mit den übermächtigen Verbündeten Monica Rambeau und Kamala Khan. Ziel der Zusammenarbeit ist es, auf dem Erfolg von "Captain Marvel" aufzubauen, neue Charaktere einzuführen und das MCU noch mehr zu erweitern. Die Marvel Studios haben ja im Grunde eine nachweisbare Erfolgsbilanz bei der Bereitstellung fesselnder und unvergesslicher Superheldengeschichten, und "The Marvels" könnte diese Tradition durchaus fortsetzen. Dass das Kino zum Starttermin von "The Marvels" allerdings nicht voll besetzt war, lässt einen dann aber doch verwundert zurück, denn eines sei schon jetzt gesagt: so eine Ablehnung verdient "The Marvels" tatsächlich nicht.

Klar, in einer Kinolandschaft voller langwieriger Superheldenfilme, die mittlerweile oft durch unnötige Szenen belastet sind, ist der Zuschauer heute villeicht übersättigt. Konträr dazu gibt "The Marvels" ein Tempo vor, das auf unterschiedliche Superhelden-Enthusiasten zugeschnitten zu sein scheint. Dies ist eine angenehme Überraschung, gerade wenn man bedenkt, dass sich der Film um drei unterschiedliche Charaktere dreht. Trotz seines flotten Tempos, bei dem gerade Menschen ohne den Kenntnisstand der Serien Probleme haben dürften, kommuniziert "The Marvels" seine Prämisse gekonnt und sorgt für eine gut umgesetzte Erzählung, ohne entscheidende Elemente zu übersehen. Und machen wir uns nichts vor: gute Filme brauchen einfach Zeit. Zeit, die oft als ausreichend für die Entfaltung der Handlungsstränge der Charaktere und die Einbeziehung in den Film angesehen wird. Dennoch gehen die Meinungen auseinander; Manche finden zwei Stunden ausreichend, während andere der Meinung sind, dass es zu kurz für eine fesselnde, temporeiche Erzählung ist. "The Marvels" läuft knackige 105 Minuten - un dass das für eine Geschichte völlig ausreichend ist, beweist er gekonnt. Auch wenn diese wieder an manchen Stellen überhastet wirkt. Bäm! Bäm! Bäm! Szene auf Szene, keine Atempause. Null.

Überraschenderweise taucht der Film auch direkt in die Erzählung ein, ohne wesentliche Elemente zu opfern. Die Antogonistin wird eingeführt und schon sind wir mitten im Gescehen. Die Handlungsstränge der drei Hauptfiguren und des Hauptgegners sind knapp erzählt und verzichten auf lange Monologe und Hintergrundgeschichten. Insbesondere wird Zeit gespart, wenn davon ausgegangen wird, dass die Zuschauer Monica Rambeau und Kamala Khan bereits kennen. Eine Voraussetzung, die sicher nicht von jedem Zuschauer erfüllt werden kann, gerade weil beispielsweise "Ms. Marvel" beileibe nicht jeden Schuss im Ziel versenkte und weil nicht davon auszugehen ist, dass auch wirklich jeder Kinogänger und Marvel-Fan sich auch noch den hauseigenen Streamingdienst geholt hat. 

Das "The Marvels"-Trio verschwendet jedenfalls keine Zeit damit, sich langwierig irgendwelchen Prologen hinzugeben und meistert die anstehenden Herausforderungen schnell. Das Tempo ist zwar zügig, sorgt aber für einen reibungslosen Erzählfluss und vermeidet abrupte Entwicklungen. Allerdings erfordert der Film damit auch die volle Konzentration seines Zuschauers, da in dieser engmaschigen, zeiteffizienten Superheldengeschichte ansonsten möglicherweise wichtige Szenen oder Dialoge verpasst werden. Doch dafür sorgt auch die Umsetzung. "The Marvels" ist an keiner Stelle langweilig. Es gibt nie einen Punkt, an dem man das Gefühl hat, dass sich die Erzählung in die Länge zieht oder dass das Publikum das Interesse verlieren könnte. Jede Szene im Film hat einen klaren Zweck, sei es, die Geschichte voranzutreiben oder pure, spaßige Unterhaltung zu bieten. Von den ersten Momenten des Films an beschäftigten sich die Hauptfiguren sofort mit ihren Gegnern, den Kree, aber das ist auch so eine Sache, die eben das Wissen um die Serie "Secret Invasion" voraussetzt. Immerhin untermauert das schnelle Tempo den häufigen Kräftewechsel der Protaginstinnen und schafft ein Erlebnis, bei dem man das Gefühl hat, es versuche mit der dynamischen Umgebung Schritt zu halten - ähnlich wie Carol, Monica und Kamala sich durch verschiedene Szenen navigieren.

Auch die Charaktererzählungen finden ihren Platz inmitten der rasanten Actionsequenzen. Was das Geschichtenerzählen auszeichnet, ist die Vermeidung von elend langem Wiedergekäue oder übermäßigem Drama. Stattdessen kann man sich in die Charaktere hineinversetzen, ohne sich von übermäßigen Dialogen überwältigt zu fühlen. Dank früherer MCU-Filme und Disney+-Serien bereichert das Verständnis der Hintergründe der Charaktere das Seherlebnis. Vorausgesetzt eben, man hat bis dato alles in sich aufgesogen. Und weil dies vorausgesetzt wird, überzeugen auch die Hauptdarsteller, die sichtlich Spaß in ihren Rollen haben. Allen voran Iman Vellani als Kamala Khan, die ein wirklich nerdiger Superheldenfan ist und dies auch unverhohlen zur Schau stellt - und damit die meisten Gags einheimst. Auch die Flerks (die Tentakel-Katzen) bekommen ihre Szene - unterlegt von rockiger Musik, die den Geist der Zeit trifft. Die Gegennspielerin Dar-Benn (Zarwe Ashton) hingegen bleibt etwas blass - das ist man mittlerwiele irgendwo gewohnt - wenngleich ihre ehrbaren Motive nachvollziehbar sind. Der Weg zum Ziel ist es allerdings nicht.

Eine weitere Konstante im MCU ist ja auch das Bemühen, zukünftige Entwicklungen vorzubereiten, um die Fans neugierig und gespannt auf die bevorstehenden Unternehmungen von Marvel Studios zu halten. Allerdings neigen viele MCU-Produktionen dazu, in ihrer Vorwegnahme der Zukunft die Gegenwart außer Acht zu lassen. "The Marvels" zeichnet sich nun dadurch aus, dass es die Zukunft gekonnt ausbalanciert, insbesondere mit den bevorstehenden "Secret Wars"-Ereignissen und dem Auftauchen der Young Avengers, und gleichzeitig fest in den gegenwärtigen Herausforderungen verwurzelt bleibt, mit denen Carol und ihre Verbündeten konfrontiert sind. Der Film bietet auch prägnante Einblicke in die Vergangenheit und bietet - vor allem in der Post-Credit-Sequenz - Einblicke in die Entwicklung aktueller Ereignisse.

Im Wesentlichen verzichtet "The Marvels" aber darauf, mit einer Fülle von Cameo-Auftritten und Post-Credit-Szenen das Geschehen im MCU voranzutreiben. Stattdessen konzentriert es sich auf die sich abspielenden Ereignisse und bietet den Fans gleichzeitig einen verlockenden Einblick in mögliche zukünftige Entwicklungen der Charaktere. In einer Welt, in der mit der Flut an Superheldenfilmen Müdigkeit einsetzt, zeichnet sich "The Marvels" dadurch aus, dass es das Publikum nicht mit einem Übermaß an Zukunftsspekulationen überfordert und ein erfrischendes, abgeschlossenes  Seherlebnis bietet. Man darf weiterhin gespannt sein.

7,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Marvel / Disney

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