Charles Heller (Rami Malek) ist ein außergewöhnlich begabter, jedoch extrem in sich zurückgezogener Analyst bei der CIA, der sein Dasein in einem unscheinbaren Kellerbüro im Hauptquartier des Geheimdienstes in Langley fristet. Sein geordnetes Leben wird jäh zerstört, als seine Ehefrau bei einem verheerenden Terroranschlag in London ums Leben kommt. Doch anstatt zur Tat zu schreiten, zeigen Charles' Vorgesetzte keinerlei Interesse, den Fall von internationaler Tragweite weiterzuverfolgen. Getrieben von tiefem Schmerz und unbändiger Wut beschließt er letztendlich, sein Schicksal einfach selbst in die Hand zu nehmen. Er verlässt also seine vertraute Umgebung und begibt sich auf eine gefährliche Mission, die ihn um die halbe Welt führt. Mit seinem scharfen Verstand bleibt er seinen Gegnern stets einen Schritt voraus, während er unermüdlich nach den Drahtziehern des Anschlags sucht. Er will um jeden Preis Rache üben.
"The Amateur" ist ein packender Agententhriller, der mit klassischer Rache-Story und frischem Zeitgeist überzeugt. Regisseur James Hawes legt die Latte hoch: Schon zu Beginn wird der Zuschauer mit einem harten Schicksalsschlag konfrontiert - CIA-Kryptograf Charlie Heller, grandios verkörpert von Rami Malek, verliert seine Frau Sarah (Rachel Brosnahan) bei einem brutalen Terroranschlag in London. Was folgt, ist weit mehr als der übliche Rachefeldzug: Es ist das Psychogramm eines Mannes, der aus Schmerz zur Tat schreitet und dabei immer wieder an seine eigenen Grenzen stößt. Der Plot entfaltet sich klug entlang von Verrat, moralischer Ambivalenz und Geheimdienst-Intrigen. Rami Malek spielt Heller als Antihelden, dessen stilles Leid und inneres Feuer die Leinwand dominieren. Ihm gelingt es, die Transformation vom introvertierten Analysten zum getriebenen Rächer auf beeindruckend glaubhafte Weise zu gestalten – nie wird die Figur zum reinen Actionklischee, immer bleibt die Trauer um Sarah spürbar. Rachel Brosnahan gibt der verstorbenen Ehefrau eine emotionale Präsenz, die sich als roter Faden durch Hellers Odyssee zieht. Besonders reizvoll ist Maleks Wechselspiel mit Laurence Fishburne als Ausbilder Henderson, dessen rauer Pragmatismus und ambivalente Vaterfigur eine zusätzliche Schicht von Spannung und Dringlichkeit in Hellers Ringen mit sich selbst bringt.
Die Story nimmt den Zuschauer mit auf einen authentisch wirkenden Trip quer durch Europa – von Paris und Marseille über Madrid bis zum Showdown auf der Ostsee. Dabei nutzt Hawes die Schauplätze gekonnt, um sowohl Atmosphäre als auch visuelle Dynamik zu erzeugen. Die Kameraarbeit sticht heraus: In kalten, klaren Bildern werden Hellers Einsamkeit und die Fremdheit der Städte eingefangen; klaustrophobische Innenräume wechseln sich ab mit weitläufigen Panoramen, ohne jemals in touristische Postkarten abzudriften. Die Actionszenen sind pointiert, nie überladen, oft geprägt von improvisierter Gewalt, wie sie einem Laien plausibel zuzutrauen ist. Besonders gelungen ist die Inszenierung, wie Heller mit cleveren, unkonventionellen Methoden seine Widersacher ausschaltet – Spannung entsteht nicht durch Superkräfte, sondern durch Verzweiflung und Intelligenz. Ein weiteres Highlight ist der Ensemble-Cast: Jon Bernthal überzeugt als Freund und Gegenspieler aus den eigenen Reihen, während Holt McCallany den zwielichtigen CIA-Vorgesetzten mit unterdrückter Aggression und Bedrohlichkeit zeichnet. Die Figuren haben Profil, ihre Motive sind vielschichtig und die typischen Agenten-Klischees werden angenehm unterwandert. Der Film bedient sich klassischer Spionage-Ästhetik, bleibt aber ästhetisch und dramaturgisch auf der Höhe der Zeit. Musik und Ton sorgen für eine permanente Grundspannung und verstärken die innere Zerrissenheit des Protagonisten. Die Spannung verdankt sich gerade den Momenten, in denen Heller keine erfahrener Killer, sondern ein trauernder Witwer ist, der an seinem Plan, mit dem Leben und seinen Feinden abzurechnen, fast zerbricht."The Amateur" ist ein Thriller mit Herz, Intellekt und echtem Gespür für visuelles Storytelling. Der Film erinnert daran, dass großartige Action nicht nur aus grellen Explosionen, sondern aus Figuren mit Tiefe und Entscheidungsnot entsteht. Rami Malek liefert eine der stärksten Leistungen seiner Karriere ab und hebt einen bekannt anmutenden Stoff auf ein zeitgemäßes, intensives Niveau. Wer intelligente Spannung mit glaubhaften Figuren und kühler, aber präziser Kamera liebt, wird diesen Film feiern.
8/10
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