Donnerstag, 10. Juli 2025

Superman (2025)

https://www.imdb.com/de/title/tt5950044/

Superman (David Corenswet) ist bereits seit einiger Zeit als Superheld in Metropolis aktiv und arbeitet unter dem Deckmantel seines menschlichen Alter Egos, dem Reporter Clark Kent, bei der Zeitung "Daily Planet". Dort hat er auch die Reporterin Lois Lane (Rachel Brosnahan) kennengelernt, die tatsächlich als einzige von seiner geheimen Identität als Superman weiß. Gemeinsam mit zahlreichen anderen Helden und Heldinnen, darunter Guy Gardner alias Green Lantern (Nathan Filion), Mister Terrific (Edi Gathegi), Hawkgirl (Isabela Merced) und Metamorpho (Anthony Carrigan), beschützt Superman die Menschheit vor Bedrohungen, von denen es wirklich zahlreiche gibt. Doch eine Bedrohung, die sticht hervor: Supermans Erzfeind Lex Luthor (Nicholas Hoult) versucht mit allen Mitteln, ihn endgültig aus dem Weg zu räumen und in Ungnade fallen zu lassen. Dafür stellt sich ihm auch Angela Spica (Maria Gabriela de Faría), bekannt als "The Engineer", in den Weg...

James Gunns "Superman" ist irgendwie mehr als nur ein weiterer Beitrag zum nie enden wollenden Strom moderner Superheldenfilme. Es ist ein kinematografischer Neuanfang mit Herz, Intelligenz, Humor und einem tief empfundenen Sinn für das, was die Figur des Superman seit jeher bedeutete - Hoffnung. Was Gunn hier geschaffen hat, ist nicht bloß ein Reboot, sondern ein kraftvoller Appell an Menschlichkeit und Idealismus in einer zerrissenen Welt, erzählt mit technischer Finesse, emotionalem Gewicht und ehrlicher Bewunderung für den Mythos, den er neu entwirft.

Im Zentrum dieses neuen Universums steht David Corenswet als Clark Kent - und im Vergleich mit Personen, die den Charakter Superman in vorangegangenen Zeiten verkörperten ist er eine gute Wahl. Seine Darstellung vermeidet bewusst die Überhöhung des Übermenschen, und statt kühler Unantastbarkeit strahlt er warme Nachdenklichkeit, leise Unsicherheit und ein tief verankertes Pflichtgefühl aus. Wenn er lächelt, tut er das nicht aus Arroganz, sondern mit dem Blick eines Mannes, der das Gute nicht verkörpert, sondern mit aller Kraft zu leben versucht. Er verleiht Superman eine emotionale Offenheit, die seit Christopher Reeves Darstellung in dieser Form nicht mehr zu sehen war. An seiner Seite spielt Rachel Brosnahan Lois Lane - selbstbewusst, neugierig, kompromisslos - und dabei auch zutiefst menschlich. Ihr Zusammenspiel mit Corenswet ist organisch, verspielt und manchmal herzzerreißend still. Brosnahan verleiht ihrer Lois etwas Erfahrenes, etwas Verletzliches, das im starken Kontrast zur oft idealisierten Reporterfigur steht. Sie ist nicht bloß Clarks Komplement, sie ist dessen moralisches Echo - kritisch, mitfühlend und furchtlos. Und doch an mancher Stelle etwas zerrissen. Nicholas Hoult als Lex Luthor schließlich ist ein Geniestreich. Gunn schreibt ihn als Tech-Titanen mit messianischem Sendungsbewusstsein, eine Kreuzung aus Silicon-Valley-Guru und nihilistischer Dystopist. Hoult spielt ihn kühl, fast zurückgenommen - sein Lächeln eher ein Zucken im Schatten. Hier begegnen wir keinem exzentrischen Cartoon-Schurken, sondern einem gefährlich realistischen Gegner, dessen Ideologie nicht weniger gefährlich ist als seine Mittel. Passend dazu gesellt sich ein Präsident, der gleichzeitig wahnsinnig und narzisstisch auftritt. Die Parallelen zur realen Welt sind beinahe schmerzhaft.


Gunns Regie ist dabei ein Meisterwerk der Balance. "Superman" bewegt sich mit federnder Leichtigkeit durch seine Szenen - nie zu schwer, nie zu flüchtig und doch beinahe rasend schnell, denn eine Vorgeschichte wie beispielsweise bei "Man Of Steel" gibt es in diesem Sinne nicht. Warum auch? Die Welt kennt Superman. Das ist okay. Der Humor ist klug dosiert, organisch gewachsen aus den Figuren, nie aufgesetzt. Er erlaubt seinen Charakteren, echte Gefühle zu zeigen, ohne die emotionale Gravitas des Stoffes zu untergraben. Er inszeniert das Spektakel mit Ehrfurcht - doch nie unterwürfig -, und verleiht dem Übernatürlichen eine geerdete, poetische Kraft. Auch visuell ist der Film atemberaubend. Die Kameraarbeit von Henry Braham zeigt nicht bloß Bilder, sie komponiert Stimmungen. Die weiten Felder von Kansas erstrahlen im honiggoldenen Abendlicht, und Metropolis erscheint mit seinen Art-Déco-Silhouetten als Mischung aus moderner Urbanität und nostalgischer Architekturvision. Die Flugsequenzen - gefilmt teils mit eigens konstruierten Rig-Systemen und IMAX-Kameras - vermitteln nicht nur Dynamik, sondern ein beinahe spirituelles Gefühl von Schwerelosigkeit. Wenn Superman durch die Stratosphäre gleitet, glaubt man, man fliege mit ihm - nicht als Voyeur, sondern als Mitreisender.


Auch der Ton ist mit besonderer Sorgfalt gestaltet. John Murphy und David Fleming haben einen Soundtrack geschaffen, der nicht bloß begleitet, sondern erzählt. Anklänge an John Williams’ ikonisches "Superman"-Thema blitzen auf, doch nie plakativ - eher wie Erinnerungen an eine Geschichte, die wir schon lange kennen, nun aber neu entdecken dürfen. Zwischen gewaltigen orchestralen Crescendos und intimen Pianomotiven erzählt der Score vom Inneren eines Mannes, der sich stets zwischen zwei Welten befindet - der Mensch, der Gutes will, und das Symbol, das Gutes tun muss. Das Sounddesign unterstreicht dieses Spannungsfeld mit feinem Gespür für Rhythmus: Stille wird hier nicht gefürchtet, sondern geschätzt. Ein langsames Atmen, ein vorbeiziehender Wind, das leise Knacken eines Radios - sie alle erzählen von dem, was zwischen den Worten geschieht.


Technisch im Grunde makellos, dramaturgisch durchdacht und thematisch erstaunlich aktuell gelingt es "Superman" damit, mehr zu sein als der Auftakt eines neuen Kino-Universums. Es ist ein Statement. Über das Heldentum, das im Alltag beginnt. Über das Mitgefühl, das stärker ist als jede Faust. Und über die Idee, dass große Macht nicht nur Verantwortung bedeutet, sondern vor allem Entscheidung. Wie Gunn diesen Konflikt inszeniert - nie als Frage von Schwarz oder Weiß, sondern als Suchbewegung durch ein moralisch komplexes Umfeld - ist bemerkenswert. Es ist nicht sofort greifbar und streckenweise auch seltsam überhastet - beispielsweise mit der Einführung von Figuren, die Gunn mit einem "das ist nun mal so" beim Publikum als Erkennen/Wissen voraussetzt. Kleine Cameos und Gastauftritte sind natürlich auch vorhanden und zaubern dem Zuschauern durchaus ein Lächeln ins Gesicht.

Doch nicht zuletzt spürt man in jeder Einstellung die Liebe zum Genre. Gunn, der immer wieder mit dem Image des ironischen Popregisseurs kokettiert, zeigt hier sein vielleicht ernsthaftestes, tiefstes Werk. Und obwohl "Superman" all die Schauwerte eines modernen Blockbusters erfüllt - Explosionen, Kämpfe, fantastische Welten -, ist es am Ende die stille Szene auf der Kent-Farm, die bleibt. Clark, die Sonne im Gesicht, der Blick in die Weite - allein, nachdenklich, bereit. Kurz und gut: der neue "Superman" ist ein guter Auftakt zu einem neuen Universum. Ein mutiger Schritt, der hoffentlich belohnt wird. "Superman" ist ein visuell berauschender, thematisch reifer, emotional bewegender Neustart. James Gunn gelingt das Kunststück, dem Mythos neues Leben einzuhauchen, ohne dessen Seele zu verraten. Es ist ein Film, der den Zuschauer nicht nur daran erinnert, warum er Helden liebt - sondern warum er manchmal selbst einer sein will. Ein großer, ehrlicher, unvergesslicher Kino-Moment.

8/10

Quellen:
Inhaltsangabe: Warner Bros.
Poster/Artwork: Warner Bros.

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