http://www.imdb.com/title/tt0077416/
Michael (Robert De Niro), Steven (John Savage) und Nick (Christopher
Walken) sind drei befreundete, russisch-stämmige Stahlarbeiter aus
Pennsylvania. "Serving God and country proudly" steht auf einem großen
Spruchband, als die drei Männer in den Vietnamkrieg ziehen. In der
grünen Hölle werden sie schnell mit allen Grausamkeiten konfrontiert,
die dem indochinesischen Konflikt immanent sind. Michael, Steven und
Nick müssen zusehen, wie nordvietnamesische Soldaten unschuldige
vietnamesische Bauern, vor allem Frauen und Kinder, töten und geraten
alle drei in Gefangenschaft des Vietcong. Zusammen mit anderen
traumatisierten Gefangenen zwingt der Vietcong die drei zu einem
bestialischen "Spiel", in dem sie sich nacheinander einer Art russischem
Roulette unter einem Bild Ho Chi Minhs aussetzen müssen. Michael aber
findet eine Möglichkeit, dem selbstmörderischen Spiel zu entkommen...
Was kann einen Menschen aus der Bahn werfen und zu einem seelischen
Wrack machen? Was könnte den Rahmen des Erträglichen sprengen, die Feder
aus dem Antrieb springen lassen oder das Fass zum überlaufen bringen?
Die Antworten darauf sind wohl so verschieden wie vielzählig. Aber nicht
selten würde 'Krieg' genannt werden. Mit herausragenden Leistungen
bringen Robert DeNiro, Christopher Walken und John Savage die
körperliche und seelische Versehrtheit der Kriegsveteranen näher als es
eigentlich noch nötig wäre. Eine 3 stündige Reise durch das vom
Vietnam-Krieg traumatisierte Amerika der 70er, vom lebensbejahenden
"Can't Take My Eyes Off You", über zwei Tropfen Wein auf einem
Brautkleid und dem Irrsinn des Russischen Roulettes hin zum
fantastischen Score Stanley Meyers, den erhabenen Panoramabildern Vilmos
Zsigmonds bis zum finalen, bitter-trotzigen "God Bless America".
Eigentlich ist "The Deer Hunter" in erster Linie eine
Freundschaftsgeschichte von drei jungen Männer, die aus dem gleichen
Provinznest stammen, in patriotischer Absicht in den Krieg ziehen und
letztlich verwundet zurückkehren. Dafür setzt der Film auf ein
dreiteiliges Handlungsgerüst. Die drei Teile unterscheiden sich nicht
nur handlungsmässig voneinander, sondern auch in deren Stimmungsbild.
Sinnbildlich gibt es in den drei Teilen jeweils Einzelszenen wie auch
Musikstücke, die den Seelenzustand der Protagonisten bestens
dokumentieren. Im ersten Teil erlebt man dies in der halbstündigen
Hochzeitsfeier, im zweiten Teil kann dies in der aufreibenden russischen
Roulette-Szene und im dritten Teil wahrscheinlich in der
Wiederbegegnung zwischen Linda und Michael beobachtet werden. Auch die
Musik scheint sich diesem Konzept unterworfen zu haben. Anfangs trällern
die Protagonisten fröhlich das erwähnte Musikstück "Can’t Take My Eyes Off You "
und am Ende setzt "God Bless America" den Schlusspunkt. Es
ist wohl auch bezeichnend, dass Musik in der Kriegsepisode keine
Rolle mehr spielt.
Michael Ciminos Antikriegsdrama muss man dabei in Laufzeit und Tempo
allerdings auch als Herausforderung benennen. "The Deer Hunter" ist
möglicherweise nicht immer auf den Punkt inszeniert, aber
auch gerade das erste Drittel mit der extrem langen Hochzeitsfeier ist passend,
denn hier und auch beim ersten Jagdausflug findet eine ganz starke
Charakterisierung aller Figuren statt, die Cimino auch gerne mal nur "im
kleinen Rahmen" zelebriert. Der eingeschworenen Clique
pennsylvianischer Stahlarbeiter wünscht man eigentlich nur das Beste für
die Zukunft, was hier aber niemandem gegönnt wird, wenn die Bestie
Krieg erst einmal von der Leine gelassen ist und sich durch Körper,
Seelen, Träume und Herzen der Veteranen aber auch der Daheimgebliebenen
beißt, während sie durch die erstickende Trostlosigkeit der heimischen
Industriestadt streift.
Die drei Stunden Laufzeit sind also durchaus angemessen und es gibt kaum
Hänger. "The Deer Hunter" ist definitiv ein Meisterwerk, das man sich
immer wieder anschauen kann. Was an diesem Film besonders gefällt, ist, dass Cimino die Handlung mit ausgesprochen visuellen
Mitteln zu erzählen weiss. Es passiert auf den ersten Blick wenig und
auch auf viele Worte wird verzichtet, doch Cimino lässt die Bilder und
die Stimmungen für sich sprechen, die wohl sehr viel über den
Gemütszustand der Protagonisten erzählen. Diese Erzählweise kann nur funktionieren, wenn hier richtig gute Schauspieler am Start sind.
Diese findet der Zuschauer in Christopher Walken, Meryl Streep und dem
überragenden Robert DeNiro, derhier erneut eine wahnsinnig guter Performance abliefert, weil er
die Ambivalenz vom aggressiven, sensiblen und bedrückten Mann grandios
widergibt. Zudem gibt es einige herausragend inszenierte Einzelszenen,
die einen auch nach Filmende nicht mehr loslassen.
Alles in allem ist "Die durch die Hölle gehen" ist eine
niederschmetternde Charakterstudie und dabei ungemein eindringlich, extrem langsam ohne auch nur eine Spur langweilig zu sein. Wenn man Interesse an spätem 70er-Jahre Kino hat, bekommt man hier ein cineastisches Monument
vor den Latz geknallt, welches man nur mit Sauerstoffflasche erklimmen
sollte und dem Wissen im Hinterkopf, dass der Abstieg hart ist und noch
lange nachwirken wird.
8,5/10
Von Eightyfour Entertainment kommt der Film auch im auf 333 Stück limitierten Mediabook.
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