http://www.imdb.com/title/tt2191888/
Die junge, hochschwangere Esther Woodhouse (Alexia Rasmussen) kommt
gerade von einem Termin bei ihrem Gynäkologen, da wird sie ohne
Vorwarnung von einem Angreifer in Kapuzen-Shirt überfallen und schwer
misshandelt. Zunächst scheint der Vorfall für sie ein kompletter
Schicksalsschlag zu sein, verliert sie doch das Baby und muss mit den
körperlichen wie psychischen Konsequenzen zurechtkommen. Trotz allem
scheint der Angriff auch Positives mit sich zu bringen: Ihr bisheriges
Leben in Einsamkeit scheint beendet, nachdem sie sich im Kreis einer
Selbsthilfegruppe, der sie nach der Attacke beitritt, öffnen kann. Sie
findet auf diese Weise Verständnis und letztlich sogar Freunde, darunter
Melanie (Alexa Havins), die erzählt, dass ihr Kind von einem
betrunkenen Autofahrer getötet wurde. Doch bald muss Esther erkennen,
dass man nicht jedem Menschen gegenüber allzu offen sein sollte...
Verwirrend, verstörend, krank. Das sind vermutlich die Worte, die dem Zuschauer als erstes
nach Betrachten dieses Films in den Kopf kommen. Allerdings auch: interessant,
eigenwillig, beeindruckend.
"Proxy" ist ganz bestimmt kein 08/15-Horrorfilm. Vielmehr besticht er
durch eine wendungsreiche Story, völlig gestörte Charaktere und eine insgesamt tolle
Bildkomposition. Nach einer, gerade für (angehende) Eltern, erschütternden
Eröffnungsszene entwickelt sich ein Plot, der mehrfach Haken schlägt und den so wohl keiner auf dem Schirm hatte. Von Twists mag man gar nicht
unbedingt sprechen, zumindest nicht von dem, was heutzutage unter diesem
Begriff so verstanden wird. Regisseur Zack Parker erzählt nicht etwa eine herkömmliche
Story und klatscht da eine überraschende Wendung dran, er spielt
durchgehend sehr bewusst mit der Erwartungshaltung des Zuschauers und lässt ihn bis zum Schluss ziemlich im Dunkeln tappen, worauf er am Ende hinaus
will. Ihm scheint es sichtlich Freude zu bereiten, gegen gängige
Sehgewohnheiten zu feuern, was natürlich nicht ganz ungefährlich ist.
Die Botschaft des Films regt außerdem zum Nachdenken an - und das trotz
der wirren Story, denn zugegeben, "Proxy" ist zeitweise auch etwas schwierig zu konsumieren und
macht in seinem Vorhaben auch nicht alles richtig. Allein die Laufzeit
von 122 Minuten ist deutlich zu viel, erzählerische Länge dadurch
unvermeidlich. Eine gewisse Ausgiebigkeit ergibt schon Sinn, speziell zu
Beginn, um den einen, kleinen Knalleffekt nicht seiner Wirkung zu
berauben und ein
ganz leichter Hitchcock-Touch lässt sich "Proxy" kaum absprechen,
besonders in Bezug auf einen besonderen Moment. Spätestens dann hat dieser
leicht sperrige Film hier einen gepackt man möchte nun - leicht vor den
Kopf gestoßen - wirklich wissen, was wohl noch passieren könnte.
"Proxy" direkt einem Zuschauer zu empfehlen ist, ähnlich wie
der Film selbst, nicht so einfach und definitiv gewagt. Dafür steht er zu sehr zwischen den Stühlen, bietet deutliche
Macken und ist eindeutig auch kein Arthousefilm, was er wohl gerne -
zumindest unter vorgehaltener Hand - sein würde. Er ist aber so mutig,
zum Teil toll gemacht und eben eine überraschende Abwechslung im
genormten Horror-Einheitsbrei, dass man ihm kaum bis gar nicht ein gewisses
Etwas absprechen kann.
6,5/10
Von Birnenblatt erschien der Film in einem auf 333 Stück limitierten und geprägtem Mediabook:
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