http://www.imdb.com/title/tt0099487/
Peg Boog (Diane Wiest) ist eine Avon-Produktberaterin. Um Cremes und
Lippenstifte an die Frau zu bringen, reist sie in einen ruhigen Vorort.
Da die Kundennachfrage sich jedoch dem Nullpunkt nähert, beschließt Peg,
dem dunklen Schloss, das am Rande des Städtchens auf einem Berg thront,
einen Besuch abzustatten - vielleicht hat sie da ja mehr Glück. Im
Dachgeschoss des unverschlossenen Anwesens findet sie ein Wesen in
Lederkluft vor. Der künstlich geschaffene Mensch, dessen Erfinder
(Vincent Price) ihn unvollendet und mit Scheren als provisorische Hände
in dem großen Anwesen allein zurück ließ, wirkt eingeschüchtert und
einsam. Sofort ist die fürsorgliche Ader der gutherzigen Peg geweckt und
sie beschließt, den schüchternen Edward (Johnny Depp) in die Stadt
mitzunehmen. Im ereignisarmen Vorort ist die Ankunft des Andersartigen
eine Sensation und als Edward sich mit seinen Scherenhänden auch noch
als wahrer Garten- und Coiffeurkünstler entpuppt, sind die Vorstädter
von ihm endgültig hellauf begeistert. Doch dann verliebt sich Edward in
Pegs Tochter Kim (Winona Ryder)...
"Das ist keine Waffe, das sind seine Hände!"
"Edward Scissorhands" ist ein schönes, bittersüsses Fantasy-Märchen, versetzt mit traurigen und skurrilen Elementen ganz à la Tim Burton, dass so vieles ist. Einerseits ein toller, magischer, komischer, ehrlicher und andererseits ein ziemlich
trauriger Film. Ein Märchen, das so viel Spielraum für Interpretation
gibt. Man merkt es an der ein oder anderen Stelle, dass der Film eher ein Sammelsurium an Eigenheiten ist und weniger
eine wirklich durchstrukturierte Geschichte. Doch das macht
überhaupt nichts. Erist eine zeitlose Satire über suburbane Amerika, ein zu Herzen gehendes
Märchen-Melodram, eine symphonische Verbeugung vor der Fantasie, dem
Expressionismus und schlicht dem Außergewöhnlichen. Aber es ist auch ein leichtfüßiges
Ensemble-Stück knalligsten Kleinbürgertums, geschmeidig und clever in
deren Farben, Frisuren, Haustieren, Faszinationen, Ängsten, Nettig- und
Schwierigkeiten eintauchend, eine klassisch-süße Jugend-Romanze, ein Film von selbstverständlicher Güte und tiefem, auch
sehr visuell veräußerlichtem Verständnis für missverstandene
Aussenseiter und ihrer Ambition nach Zusammengehörigkeit mit ihren
Mitmenschen, gemischt mit einem Hauch Kaspar Hauser und einer Prise
Frankenstein, Provinznaivität und Schönheitswahn - zudem noch getragen von einer
Rahmenhandlung der zauberhaften
Gute-Nacht-Erzählung mit emotionalem Anklang an etwas Früheres.
Da könnte man
zweifellos noch ausführlicher werden, aber in diesem kaum gealterten
90er-Jahre-Werk von Tim Burton kann man so viel entdecken und lieben
lernen, dass es sich kaum fassen lässt, wie natürlich das alles
zusammenfindet. Es ist auch irgendwie der symbolisch-aufrichtige Abschied von Leinwandlegende Vincent Price, der mit "Edward Scissorhands" seinen Leinwandabschied gab. Auch hätte kein anderer außer Johnny Depp den titelgebenden Anti-Helden so echt, so liebenswert-naiv und ehrlich spielen können. "Edward Scissorhands" ist Burtons nahegendster, am sensibelsten erzählter, laut
eigener Aussage persönlichster Film, und das merkt man zu jeder Sekunde. Eine schöne, noch bis zum heutigen Tage
quicklebendige Leistung mit finaler Tränengarantie und ein passender Soundtrack schaffen einen rundum gelungenen Film.
"Ehe er zu uns herunter kam hat es bei uns nie geschneit aber hinterher
tat es das. Wenn er jetzt nicht da oben wäre würde es sicher nicht
schneien. Manchmal siehst du mich noch im Schnee tanzen."
8,5/10
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