Samstag, 14. November 2015

Edward Scissorhands - Edward mit den Scherenhänden (1990)

http://www.imdb.com/title/tt0099487/

Peg Boog (Diane Wiest) ist eine Avon-Produktberaterin. Um Cremes und Lippenstifte an die Frau zu bringen, reist sie in einen ruhigen Vorort. Da die Kundennachfrage sich jedoch dem Nullpunkt nähert, beschließt Peg, dem dunklen Schloss, das am Rande des Städtchens auf einem Berg thront, einen Besuch abzustatten - vielleicht hat sie da ja mehr Glück. Im Dachgeschoss des unverschlossenen Anwesens findet sie ein Wesen in Lederkluft vor. Der künstlich geschaffene Mensch, dessen Erfinder (Vincent Price) ihn unvollendet und mit Scheren als provisorische Hände in dem großen Anwesen allein zurück ließ, wirkt eingeschüchtert und einsam. Sofort ist die fürsorgliche Ader der gutherzigen Peg geweckt und sie beschließt, den schüchternen Edward (Johnny Depp) in die Stadt mitzunehmen. Im ereignisarmen Vorort ist die Ankunft des Andersartigen eine Sensation und als Edward sich mit seinen Scherenhänden auch noch als wahrer Garten- und Coiffeurkünstler entpuppt, sind die Vorstädter von ihm endgültig hellauf begeistert. Doch dann verliebt sich Edward in Pegs Tochter Kim (Winona Ryder)...

"Das ist keine Waffe, das sind seine Hände!"

"Edward Scissorhands" ist ein schönes, bittersüsses Fantasy-Märchen, versetzt mit traurigen und skurrilen Elementen ganz à la Tim Burton, dass so vieles ist. Einerseits ein toller, magischer, komischer, ehrlicher und andererseits ein ziemlich trauriger Film. Ein Märchen, das so viel Spielraum für Interpretation gibt. Man merkt es an der ein oder anderen Stelle, dass der Film eher ein Sammelsurium an Eigenheiten ist und weniger eine wirklich durchstrukturierte Geschichte. Doch das macht überhaupt nichts. Erist eine zeitlose Satire über suburbane Amerika, ein zu Herzen gehendes Märchen-Melodram, eine symphonische Verbeugung vor der Fantasie, dem Expressionismus und schlicht dem Außergewöhnlichen. Aber es ist auch ein leichtfüßiges Ensemble-Stück knalligsten Kleinbürgertums, geschmeidig und clever in deren Farben, Frisuren, Haustieren, Faszinationen, Ängsten, Nettig- und Schwierigkeiten eintauchend, eine klassisch-süße Jugend-Romanze, ein Film von selbstverständlicher Güte und tiefem, auch sehr visuell veräußerlichtem Verständnis für missverstandene Aussenseiter und ihrer Ambition nach Zusammengehörigkeit mit ihren Mitmenschen, gemischt mit einem Hauch Kaspar Hauser und einer Prise Frankenstein, Provinznaivität und Schönheitswahn - zudem noch getragen von einer Rahmenhandlung der zauberhaften Gute-Nacht-Erzählung mit emotionalem Anklang an etwas Früheres.

Da könnte man zweifellos noch ausführlicher werden, aber in diesem kaum gealterten 90er-Jahre-Werk von Tim Burton kann man so viel entdecken und lieben lernen, dass es sich kaum fassen lässt, wie natürlich das alles zusammenfindet. Es ist auch irgendwie der symbolisch-aufrichtige Abschied von Leinwandlegende Vincent Price, der mit "Edward Scissorhands" seinen Leinwandabschied gab. Auch hätte kein anderer außer Johnny Depp den titelgebenden Anti-Helden so echt, so liebenswert-naiv und ehrlich spielen können. "Edward Scissorhands" ist Burtons nahegendster, am sensibelsten erzählter, laut eigener Aussage persönlichster Film, und das merkt man zu jeder Sekunde. Eine schöne, noch bis zum heutigen Tage quicklebendige Leistung mit finaler Tränengarantie und ein passender Soundtrack schaffen einen rundum gelungenen Film.

"Ehe er zu uns herunter kam hat es bei uns nie geschneit aber hinterher tat es das. Wenn er jetzt nicht da oben wäre würde es sicher nicht schneien. Manchmal siehst du mich noch im Schnee tanzen."

8,5/10

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