http://www.imdb.com/title/tt0119558/
Hubert Humbert (Jeremy Irons) kommt aus Europa in die USA, um dort als
Professor für französische Literatur an einem College in Neuengland zu
unterrichten. Er zieht zur Untermiete in das Haus der Witwe Charlotte
Haze (Melanie Griffith), die eine bezaubernde Tochter namens Lolita
(Dominique Swain) hat. Der Professor fühlt sich von dem erst 12 Jahre
alten Mädchen angezogen. Um ihr nahe sein zu können, heiratet Humbert
die Witwe. Als seine neue Ehefrau von den erotischen Obsessionen des
Professors erfährt, verläßt sie ihn Hals über Kopf und stirbt bei einem
Autounfall. Nun hat Professor Humbert freie Bahn und lebt mit Lolita wie
Mann und Frau. Je unabhängiger Lolita wird, desto eifersüchtiger wacht
er über sie. Schließlich verläßt ihn das Mädchen und Humbert macht sich
auf die Suche nach Lolita.
1962 gelang es Stanley Kubrick ein sehr kontroverses Thema auf Zelluloid zu bannen. Mit dem 1997er Remake wagte sich nun Regisseur Adrian Lynes an dieses äusserst kritische Thema.
Lyne macht aus dem diskussionswürdigem Stoff ein elegisch erzähltes Liebesdrama, untermalt mit der
schwelgerischen Musik Ennio Morricones. Jeremy Irons interpretiert
Humbert Humbert, indem er erneut routiniert seine Paraderolle des
schmachtenden, vor Sehnsucht und Verlangen zerfließenden Romantikers zum
Besten gibt. Domininique Swains Lolita
gestaltet sich schwieirg: obwohl 14 Jahre alt, ist sie dennoch
viel zu wenig "Kind", gerade in Anbetracht der Zeit des Geschehens. Man sieht ihr ihr tatsächliches Alter zur
Drehzeit von 17 Jahren nicht nur deutlich an, sie tritt auch zu sehr als
aktive, manipulative Verführerin in Erscheinung, bei welcher Humbert
Humbert gar nicht widerstehen kann, selbst wenn er das denn wollte.
Swain steht dabei ihr eigenes Talent im Weg, die Kamera schwenkt allzu
oft erotisierend um ihren Körper, womit eine mehr oder weniger
ausgereifte Sexualität suggeriert wird. Die Eindrücke des Zuschauers
werden schlicht fehlgeleitet, man könnte sogar sagen, der Zuschauer wird
geradezu zum Voyeurismus genötigt, wenn er Dominique Swain alias Lolita
in durchnässter, durchsichtiger Kleidung aufreizend unter einem
Rasensprinkler liegend beobachtet. Diese Szene, welche die Figur Lolita
einführt, offenbart nichts Kindliches an ihr, sondern betont ihre
körperlichen Reize, womit dem Zuschauer implizit suggeriert wird,
Humbert Humberts Erregung sei nachvollziehbar.
Zwar endet auch Lynes "Lolita"-Verfilmung im (vorhersehbaren) Desaster, doch die
finale Katastrophe wirkt eher wie der unumgängliche Ausgang einer
tragischen Liebe als das Ergebnis eines zerstörerischen, sich jeglicher
Moral verwehrenden Machtverhältnisses zwischen einem erwachsenem Mann
und einem missbrauchtem Kind. Hinsichtlich der äußeren Handlung ist Lynes "Lolita" jedoch eine recht
gelungene Verfilmung. Dabei ist besonders jene Szene, in der Humbert zum ersten
Mal seiner Doppelgänger-Figur Clare Quilty, hervorragend-beängstigend
von Frank Langella verkörpert, auf der Veranda eines Hotels begegnet, genial umgesetzt worden. Generell ist die Figur des Quilty das
gelungenste Mosaik des Films. So birgt auch die finale Hinrichtung
Quiltys durch Humbert ein Quäntchen des bereits mehrfach erwähnten
schwarzen Humors.
Auch handwerklich triumphiert Adrian Lynes Film. Stilvoll bebildert, Austattungstechnisch perfekt und
geradezu soghaft erzählt, verleitet einen das Werk dazu, das
desaströse Verhältnis mit Spannung zu
verfolgen. Perfektes Erzählkino also, welches jedoch die, milde
ausgedrückt, brisante Thematik des Kindesmissbrauchs, sowie den
allegorischen Subtext des Sittenverfalls einer vordergründig prüden,
konservativen Moralgesellschaft, durch trügerische Romantik und zahmes
Softcore-Erotik-Geplänkel zu kaschieren versucht. Das Perfide daran ist,
dass dieses Versteckspiel teilweise gelingt.
7,5/10
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