Ein heißer Tag in Los Angeles: William Foster (Michael Douglas) ist
sauer. Die Lüftung im Auto funktioniert nicht, ebenso wenig der
Fensterheber. Doch das Fass läuft nicht über. Noch nicht. Stattdessen
steigt Foster kurzerhand aus, klemmt seine Aktentasche unter den Arm und
lässt sein Auto stehen. Für den fluchenden Fahrer hinter ihm
kommentiert er dies mit dem kurzen Hinweis, er gehe jetzt nach Hause.
Auf diesem Weg begleitet ihn der Zuschauer und beobachtet, wie sein
Geduldsfaden Millimeter um Millimeter weiter gespannt wird, bis er
unweigerlich reißt und sich die dramaturgische Gewaltspirale zu drehen
beginnt. Von einem Moment auf den anderen, so scheint es, hat der
Alltagsstress einen harmlosen Nobody in einen gesetzlosen Psychopathen
verwandelt, der sich am Ende mit einem halben Waffenarsenal den Weg zu
seiner geliebten Tochter bahnt...
Los Angeles, ein ganz normaler Tag: Eine dekadente, verkommene und kapitalistische Klassen-Gesellschaft, in der auf Kundenfreundlichkeit nicht gerade viel Wert gelegt wird und die Kunden überteuerte Preise hinnehmen müssen. Eine Gesellschaft, in der Hektik und auf der Gegenseite aber auch Stillstand herrscht. Eine Gesellschaft, auf deren Straßen Kleinkriminalität, Arbeitslosigkeit und Repression Alltag sind, während der reiche Pöbel sich eingezäunt in seiner großen Golfanlage amüsiert. Eine Gesellschaft, in der Menschen aufgrund ihrer angeblich fehlenden wirtschaftlichen Tragbarkeit ihre gesamte Existenz verlieren können, in der Baustellen vorgegaukelt werden, um den Staatshaushalt zu rechtfertigen, in der Homophobie und Rassismus allgegenwertig sind und schon Kinder – vorgegeben von der TV-Landschaft – Waffen bedienen können.
William Foster (Michael Douglas) lebt in eben jener Gesellschaft im Kleinkosmos Los Angeles – der Stadt der Engel, die bei brütender Hitze im Smog versinkt und Foster schier zur Palme bringt. Der Familienvater steht vor einem Trümmerhaufen: Frau und Kind darf er sich nicht nähern, seinen Job hat er verloren, er ist psychisch angeschlagen. Eine scheinbar harmlose Situation bringt das Fass schließlich zum Überlaufen: Foster steht im Stau, die so dringend benötigte Klimaanlage funktioniert nicht, andere Verkehrsteilnehmer telefonieren laut, streiten, gehen sonstigen nichtigen Betätigungen nach. Dem Mittvierziger reicht es. Er steigt aus dem Auto, lässt es an Ort und Stelle stehen und macht sich zu Fuß auf den Weg zu seiner Tochter, die am heutigen Tag Geburtstag hat. Ein wahrer Amoklauf beginnt, den der kurz vor der Pensionierung stehende Officer Prendergast (Robert Duvall) an seinem letzten Arbeitstag stoppen will.
Die sehr schwarzhumorige Satire ist wohl der beste Film von Joel Schumacher. Mit "Falling Down" schuf er ein Szenario, das jedem Zuschauer wohl schon einmal im Kopf umhergeschwirrt ist. Genervt von der
Gesellschaft einfach mal austicken. Natürlich nicht in diesem Maße, denn
Foster dreht sich hier Klimax-ähnlich in einer Spirale der Gewalt. Die
Handlung steigert sich von Wutausbruch zu Wutausbruch, wird unglaublich
intensiv. Foster ist ein wandelndes Pulverfass und geht immer explosiver
vor. So spannt Schumacher einen Bogen aus Gewalt, Spannung, Action und
Amüsement. Für Letzteres ist fast ausschließlich Robert Duvall
zuständig, der mit flotten Sprüchen und einer andauernden Diskussion mit
seiner Frau, wann er denn jetzt endlich nach Hause komme, für den
komödiantischen Part des Films sorgt, aber – natürlich auch seinem
Filmcharakter geschuldet – Michael Douglas keineswegs das Wasser reichen
kann. Douglas spielt großartig, verkörpert den psychotischen Foster
absolut glaubwürdig. Der Wahnsinn steht ihm sprichwörtlich im Gesicht
geschrieben. Der Galgenhumor gipfelt in einer Szene und zeigt hier bereits, wie es um diese Welt steht, wenn nämlich ein kleiner Junge Foster zeigt, wie man einen Raketenwerfer überhaupt bedienen muss. Da bleibt dem Zuschauer das Lachen wortwörtlich im Halse stecken.
Eingefangen in großartige Bilder, die das tägliche Chaos in LA
großartig zur Geltung bringen, und mit einem gelbstichigen Look, der die
Hitze symbolisieren soll, wird dem Zuschauer ein hervorragender
Actionthriller mit einer Menge Sozialkritik und Satire vorgesetzt. Zu
keinem Zeitpunkt verspürt man Langeweile, vielmehr fiebert man mit und
kommt so langsam ins Grübeln. Das, was Schumacher hier subtil
anprangert, ist in unserer Gesellschaft leider Gottes wirklich
vorhanden: Latenter Rassismus, Unfreundlichkeit, Hektik, Arroganz. Mit
einer simplen Geschichte wirft er uns all diese Dinge vor den Kopf und
schafft somit einen Film, der mehr ist als nur ein simpler
Actionthriller mit interessanter Story. "Falling Down" ist tiefgründig. "Falling Down" ist erschreckend nachvollziehbar. "Falling Down" ist buchstäblich der
Wahnsinn.
9/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Warner Bros.
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