Die kleine Olive Hoover freut sich. Gerade hat sie mitgeteilt bekommen, dass für sie eine Chance besteht, "Little Miss Sunshine" zu werden! Olives Familie entscheidet, das leicht pummelige Mädchen in voller Besetzung beim Wettbewerb zu unterstützen. Kurz darauf befindet sich die schräge Truppe schon auf dem Weg zum Austragungsort in New Mexiko. Im alten, gelben VW-Bus sitzen: Der überoptimistische Vater Richard (Greg Kinnear), der obszöne Opa (Alan Arkin), die überforderte Mutter Sheryl (Toni Collette), ihr suizidgefährdeter Bruder Frank (Steve Carell), der Nietzsche-lesende und kein Wort von sich gebende Teenager-Sohn Dwayne (Paul Dano) und natürlich die fröhliche Olive. Vor ihnen allen liegt eine chaotische Reise, die einige Anstrengungen bereithalten, aber auch für eine gegenseitige Annäherung sorgen wird...
Manchmal im Leben - schon dieser Satzanfang könnte kitschiger kaum sein - gibt es Begegnungen, die sind ganz unverhofft, total beiläufig und kommen immer dann, wenn man sie am wenigsten erwartet. Keine spezielle Erwartungshaltung. Keine riesige Vorfreude. Doch am Ende ein tiefgreifendes Gefühl der inneren Zerrissenheit. Irgendwo zwischen "die ganze Welt umarmen" und "alleine sein wollen und über sich selbst nachdenken". "Little Miss Sunshine" ist so eine Begegnung. So ein gediegener Tritt in die Weichteile, der weh tun kann, im nächsten Moment aber zur reinsten Dopaminschleuder mutiert. Ein Film, der einen sprichwörtlich abholt in Albuquerque, wo die verträumt-naive Olive, ihr misanthropisch-introvertierter Bruder Dwayne (wundervoll-apathisch: Paul Dano), ihre Eltern Richard - überehrgeiziger Vater und versnobter American Dream-Prediger - und Sheryl - gutmütige und überforderte Hausfrau - sowie ihr cholerischer, heroinabhängiger Großvater Edwin (gewohnt trocken: Alan Arkin) und der selbstmordgefährdete Onkel Frank (die Überraschung: Steve Carell) eine nicht ganz so normale Familie bilden –, der einen mitnimmt nach Redondo Beach an den Pazifik und unter Garantie ebenso wie die sechs spleenigen Hauptcharaktere verändert zurücklässt.
Ein Road Trip, in dem es weniger um die Straße - sprich: die wunderschöne Landschaft in New Mexico, Arizona und Kalifornien - als um den Trip geht, der einst getrennte und zerstrittene Seelen wieder zusammenfügt und zueinander finden lässt. Da wo Träume schlagartig platzen und Existenzen zu scheitern drohen, kommt plötzlich das unvergleichliche Gefühl des Zusammenhalts, des füreinander Daseins ins Spiel. Finanzsorgen, unverwirklichte Ideale, ein verschobenes Weltbild, das streng zwischen Gewinnern und Verlieren separiert - scheinbar existenzielle Dinge durchlaufen im herzerwärmenden Gefühl der familiären Liebe plötzlich eine Metamorphose zu nichtigen Lappalien. Gezielt dekonstruiert und entmystifiziert "Little Miss Sunshine" den so redundant propagierten American Dream, den Irrglauben, alles sei erreichbar, wenn man es nur will, geht dabei aber äußerst einfühlsam und überlegt pointiert vor. Auf Tragik folgt sofort Komik, auf Trübsal Charme. Ein Wechselbad der Gefühle, wie ein Stoß von der Klippe, bei dem man den Sturz gar nicht mehr mitbekommt, weil man schon längst von einer weichen Decke aufgefangen wurde, mit der finalen Erkenntnis: Um sich selbst zu finden und glücklich zu sein, muss man im Leben auch mal Scheiße fressen. Und so einfach und binsenmäßig diese Botschaft, so klein und schrullig dieser Film auch sein mag, so ergreifend, rührselig und letztendlich auch wahr ist die Geschichte dahinter.
"Little Miss Sunshine" ist aus diesen guten Gründen ein echter Hit. Das Ergebnis ist zwar konventionell, der Weg dorthin nicht: Die verschrobenen Figuren sind ein Plädoyer dafür, dass man auch ohne Krone und große Anerkennung durch die normative Welt ein Gewinner sein kann. Grandios.
Quellen:
Inhaltsangabe: 20th Century Fox
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