Montag, 18. November 2019

Trauma - Trauma: Das Böse verlangt Loyalität (2017)

https://www.imdb.com/title/tt6705640/

Vier Frauen wollen einige Tage in einem abgeschiedenen Ferienhaus in der Landschaft Lateinamerikas verbringen. Doch werden sie direkt am ersten Abend von zwei Männern angegriffen und brutal misshandelt. Die Frauen, die die Attacke überlebt haben, versuchen am nächsten Tag zu fliehen. Doch scheint es kein entkommen zu geben, denn ihre Peiniger leiden selbst unter einem schrecklichen Trauma und haben jegliche Skrupel verloren...

Oft werden Filme mit der Superlative "Der brutalste Film aller Zeiten" beworben und mittlerweile wird mit dieser Phrase so beliebig um sich geworfen, dass man am Ende nur enttäuscht sein kann. Bei "Trauma" hieß es, dass dies die Antwort auf "A Serbian Film" aus Chile sein soll. Die Überraschung kam doppelt. Nicht nur, dass "Trauma" wirklich ein sehr fieses Werk ist; er ist zeitgleich auch noch echt gut gemacht, was ihn im Endeffekt nur noch derber erscheinen lässt. Im Grunde genommen bekommt man storytechnisch einen weiteren Rape'n'Revenge-Streifen geboten. Vier Freundinnen begeben sich in Chile auf die Reise in einen abgelegenen Ort und werden Opfer einer derben Vergewaltigung. Bis hierhin ist der Plot wirklich ganz "normal", aber "Trauma" sollte man trotzdem nicht unbedingt als reinen Schund abtun. Wenn man sich nämlich bewusst macht, dass er aus Chile stammt und wenn man sich ein wenig über die lang herrschende Militärdiktatur informiert, bekommt das Szenario in diesem Film eine weitere Ebene, die sich politisch auffassen lässt. Die Grausamkeit, die in "Trauma" geschieht, besitzt einen Hintergrund – der Filmtitel verrät darüber auch schon einiges. Die Story lässt sich also ganz leicht als weiteren, menschenverachtenden Dreck ansehen oder aber man schaut genauer hin und erkennt hier eine Substanz, die solche Werke sicherlich nicht oft haben. Dies soll jeder für sich selbst entscheiden, doch man könnte dem Drehbuch tatsächlich einen Hauch von Anspruch attestieren.

Aber warum ist der Film dermaßen derb? Schwer zu erklären ist das nicht. Schon in der Anfangsszene (die es bei der deutschen Veröffentlichung gar nicht zu sehen gibt) werden keine Gefangenen gemacht. Dort paart man Torture-Porn mit Inzest; eine wirklich abartige Szene, die allerdings nur die Marschrichtung vorgibt und noch nicht das Ende der Fahnenstange bedeutet. Es ergibt übrigens gar keinen Sinn diese Szene zu entfernen, denn sie besitzt doch eine enorme Wichtigkeit, um die Grausamkeiten, die noch folgen werden, zu erklären. Sicherlich kann man behaupten, dass Regisseur Lucio A. Rojas das alles so krass bebildert, um den reinen Selbstzweck zu bedienen. Richtig kranke, brutale Stoffe lassen sich eben auch gut vermarkten. Teilweise ist es sicherlich auch der Selbstzweck des Tabubruches wegen, doch diese Gedanken kann man getrost beiseite schieben. Danach ist es vor allen Dingen gut gelungen, dass es eine längere Einleitung gibt. Die vier Mädels werden recht sympathisch vorgestellt und sind nicht zu belanglos. Das macht den Rest dann nur noch schwerer erträglich. In der zweiten Hälfte ereignen sich dann alle abscheulichen Grausamkeiten. Viel menschenverachtender könnte es nicht zur Sache gehen. Und Rojas ist sich dem wohl bewusst, baut immer wieder erotische Momente als Kontrast ein, so dass man sich seiner eigenen Gefühlsregungen nur noch unsicherer sein kann. Dass man "Trauma" nicht nur auf die ekelhaften Szenen reduzieren kann, liegt an seiner handwerklich wirklich guten Umsetzung. Der Film wirkt überhaupt nicht billig, besitzt gute Kulissen, die so richtig schön heruntergekommen aussehen und sich bestens anbieten. Die Inszenierung ist effektiv, die Darsteller sind ziemlich gut und dazu gibt es auch noch einen gelungenen Score, der das bestens ergänzt. Die Stimmung, die "Trauma" entstehen lässt, ist eiskalt, dreckig und unsagbar böse; Humor braucht hier niemand zu suchen. Und dann wären da eben noch die guten Effekte. Weil der Splatter so gut getrickst wurde, wirkt die Gewalt zu jedem Zeitpunkt ziemlich echt und es ist am ehesten diese Kombination, die das Ganze so heftig macht. Es wird gar nicht andauernd gesplattert; diese Szenen kommen seltener vor, besitzen im Zusammenspiel mit den kranken Ideen aber eine ungeheure Wucht. Mit seinen 107 Minuten besitzt "Trauma" im Endeffekt zwar ein paar Längen und flacht zum Ende hin auch ab, trotzdem bietet er eine gewisse Spannung und eben weil er so derb ist, kann er den Zuschauer relativ stark fesseln.

"Trauma" ist unterm Strich ein böser und kranker Film, der es aber nicht verdient hat, nur auf seine tabubrechenden Szenen reduziert zu werden. Dafür ist das alles zu hochwertig gemacht und besonders die Kulissen sind echt stark. Außerdem kann man in die Handlung eine Substanz hinein interpretieren, was bei solchen Werken nicht oft der Fall ist. Am Ende ist das hier absolut nichts für schwache Nerven und man kann jeden verstehen, der das für kranken Mist hält.Wer sich darauf einlassen kann, den zieht die eiskalte Atmosphäre in ihren Bann. In Deutschland erschien "Trauma" mal wieder nur gekürzt, und zwar um über 10 Minuten, dabei ist der Film tatsächlich und vor allem wegen der einleitenden Szene nur uncut empfehlenswert, denn die Brutalität ist hier wichtig für das Endergebnis.

6,5/10

Von Illusions, Unltd. kam der Film in einem Mediabook, welches den Film in HD, natürlich ungeschnitten enthält. 

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