Sonntag, 17. November 2019

Trautmann (2018)

https://www.imdb.com/title/tt4642192/
Mit gerade einmal 17 Jahren wird Bernd Trautmann (David Kross) in die Wehrmacht eingezogen und gerät als Soldat gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in Kriegsgefangenschaft in der Nähe von Manchester. Die deutschen Soldaten veranstalten während ihrer Gefangenschaft Fußballspiele und bei einem dieser Spiele ist auch Jack Friar (John Henshaw), Trainer des kleinen Vereins St. Helens, anwesend, der sofort Trautmanns großes Talent als Torwart erkennt. Friar engagiert den deutschen Soldaten als Torhüter für St. Helens, doch dort bleibt er nicht lange, auch wenn er sich in Margaret (Freya Mavor), die Tochter seines neuen Trainers, verliebt hat: Schon bald verpflichtet der äußerst erfolgreiche Club Manchester City Trautmann als Keeper, was von den Fans allerdings mit Entrüstung aufgenommen wird, schließlich gehört Trautmann zu den ehemaligen Feinden. Erst während des legendären FA-Cup-Finales von 1956 gelingt es dem deutschen Torwart, die Herzen der Fans zu erobern…

Der neue Film von Regisseur Marcus H. Rosenmüller erzählt die Geschichte von Bernhard Carl Trautmann. "Bert" nannten ihn die Briten schon in der Zeit seiner Kriegsgefangenschaft, da es ihnen schwerfiel, Bernd, die Kurzform seines Vornamens, korrekt auszusprechen. Trautmann (* 22. Oktober 1923 in Bremen-Walle; † 19. Juli 2013 in La Llosa, Valencianische Gemeinschaft, Spanien) war ein deutscher Fußballspieler, der in seiner aktiven Zeit als einer der besten Torhüter der Welt galt. In England unvergessen ist das Finale des FA Cups 1956 im Londoner Wembley-Stadion, in dem Manchester City gegen Birmingham City antrat und 3:1 gewann. In der 75. Spielminute warf sich Trautmann in eine flache Hereingabe vor den Fünfmeterraum und wurde dabei von Birminghams Stürmer Peter Murphy mit dem Knie im Nacken getroffen. Da zu dieser Zeit noch keine Auswechslungen erlaubt waren, spielte Trautmann auch die restliche Viertelstunde und avancierte zum Spieler des Tages, weil er trotz Verletzung sein Tor verbissen gegen das anstürmende Birmingham sauber hielt. Eine Röntgenuntersuchung drei Tage nach dem Spiel ergab, dass Trautmann sich bei dem Zusammenprall mit Murphy einen Genickbruch zugezogen hatte und fünf weitere Halswirbel ausgerenkt waren. Diese Verletzung hätte unter unglücklichen Umständen tödlich enden können. Er war gezwungen, fünf Monate von Kopf bis zu den Hüften in Gips eingehüllt zu verbringen und musste danach mit einer Schutzkappe spielen.
(Quelle: Wikipedia)

Bei "Trautmann" entschloß sich der Regisseur zu der Mammutaufgabe, fast das gesamte Leben von Bernhard Carl Trautmann nachzuerzählen. Und obwohl der Film mit seinen 120 Minuten bereits eine stattliche Länge aufweist, musste Marcus H. Rosenmüller an der ein oder anderen Stelle zwangsläufig Kürzungen vornehmen. Das merkt man besonders im letzten Viertel des Films. Denn dort wirkt das Geschehen leider arg gestaucht und den einzelnen Entwicklungen im Leben Trautmanns wird nicht genug Zeit eingeräumt. Deswegen wirkt die Nacherzählung von durchaus prägenden Ereignissen in der zweiten Hälfte seines Lebens wie die stoische Abarbeitung einer Checkliste. Doch bis dahin lässt sich der Film angenehm viel Zeit und gewährt sowohl Charakteren als auch Story ausreichend Luft zum Atmen. In der deutschen Fernsehlandschaft wäre der Film vermutlich direkt als Zwei- oder sogar Dreiteiler angelegt worden.

Ein großes Thema im Leben von "Bert" Trautmann war der Umgang mit seiner Zeit in der deutschen Luftwaffe. Verbunden mit seinem Engagement bei Manchester City sorgte dies im Nachkriegs-Britannien dementsprechend für viel Sprengkraft und diverse Anfeindungen. Dieses Spannungsfeld überträgt der Film sehr gut und in jeder Szene nachvollziehbar auf den Zuschauer. In seinen besten Szene kann man die Spannung zwischen den Charakteren förmlich spüren und wartet nur auf eine Eskalation zwischen den Parteien, die sich nur Jahre zuvor im Zweiten Weltkrieg gegenseitig bekämpft hatten. Brisant ist diese Thematik gerade wieder. Obwohl der Film eine Geschichte erzählt, die vor über einem halben Jahrhundert stattgefunden hat, liefert er genug Denkanstöße und Ansatzpunkte für eine Einordnung in den Kontext der heutigen Gesellschaft.

Das schöne ist: "Trautmann" sieht definitiv nach Kino aus. Dass man das bei deutschen Filmen anmerken muss, ist zwar traurig, durch viele deutschen Kinofilme aus den letzten Jahren, die eher nach TV-Produktionen aussahen, aber unumgänglich. Der Film wirkt über die kompletten 120 Minuten sehr wertig und ist durchweg gut inszeniert. Auch die Fußballszenen, besonders diejenigen im altehrwürdigen Maine Road Stadium von Manchester City, überzeugen auf ganzer Linie trotz relativ vieler Schnitte. Störend fällt allerdings die Synchronisation auf. Im Original auf Englisch vertont, wurde "Trautmann" für den deutschen Markt komplett synchronisiert. Das führt zu einigen seltsam anmutenden Szenen, in denen die Darsteller spielen, dass sie ihr Gegenüber nicht verstehen, alle Charaktere aber perfektes Deutsch sprechen. Da wäre ein wenig mehr Mut und etwas mehr Glaube an ein mündiges Publikum wünschenswert gewesen.

Aber fernab von solchen Patzern erzählt "Trautmann" eine gute, wahre Geschichte, übernimmt sich lediglich etwas mit der Idee, ein ganzes Leben in einen Kinofilm von 120 Minuten zu zwängen, was im etwas antiklimaktisch wirkenden letzten Viertel störend auffällt. Bis dahin bekommt man ein tadellos inszeniertes und packendes deutsches Drama serviert, welches beim Zuschauer in den emotionalen Szenen die richtigen Knöpfe zu drücken vermag. Verbunden mit kleinen Schlenkern im Drehbuch, die auch für Leute, die über das Leben von Bert Trautmann Bescheid wissen, Spannung und Aha-Effekte in das Geschehen bringen, überzeugt "Trautmann" im Gesamtbild auf fast ganzer Linie. Unter dem Strich bleibt eine klare Schauempfehlung, auch für ausgemachte Fußballmuffel.

8/10

Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film hierzulande in HD in einem tollen Mediabook:

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