Freitag, 29. November 2019

Necronomicon - H.P. Lovecrafts Necronomicon (1993)

https://www.imdb.com/title/tt0107664/

In "Necronomicon" tritt der eigenbrötlerische Schreiber H. P. Lovecraft selbst in Erscheinung, verkörpert von Jeffrey Combs. Er besucht eine Bibliothek, die von skurrilen Mönchen bewacht wird. Dort kopiert er drei gruselige Geschichten aus dem geheimnisumwitterten Necronomicon.In der ersten beschwört ein Mann namens Edward (Bruce Payne) finstere Mächte, ohne das zu wollen. Die zweite handelt von dem Journalisten Dale Porkel (Dennis Christopher), der den Verbleib eines Arztes zu klären versucht und deswegen das Haus von Jane Ostermann (Bess Meyer) unter die Lupe nimmt, wo der Doktor gelebt haben soll. Stimmt es, dass der das ewige Leben entdeckt hat? Geschichte Nr. 3 erzählt von Sarah (Signy Coleman) und Paul (Obba Babatundé), die einen Serienmörder verfolgen. Es wäre jedoch besser gewesen, Lovecraft hätte nicht im Necronomicon gelesen - denn nach der Lektüre droht sich das Tor zu einer anderen Dimension zu öffnen...

Mit dieser internationalen Co-Produktion, die Brian Yuzna Anfang der 90er realisierte, widmete er sich gleich drei Geschichten, die auf Vorlagen von H.P. Lovecraft basieren, und verband sie mit einer Rahmenhandlung, in welcher der berühmte Autor selbst auftritt. Neben Yuzna selbst, der eben jene Rahmenhandlung und die letzte Geschichte drehte, fungierten dabei der Franzose Christophe Gans (den Yuzna praktisch entdeckt hatte und bei dessen erstem eigenen Film "Crying Freeman" er ihm ebenfalls Schützenhilfe gab) und der Japaner Shusuke Kaneko (der zu diesem Zeitpunkt international noch kaum bekannt war, sich später jedoch mit der "Gamera"-Trilogie, der Fortsetzung zu Ryuhei Kitamuras Manga-Verfilmung "Azumi" und der Verfilmung der erfolgreichen Manga- und Anime-Reihe "Death Note" einen Namen machen sollte) als Regisseure. Trotz der allgemein gut ausgesuchten Darsteller und überzeugenden Effekte sind die einzelnen Geschichten jedoch von eher durchwachsener Qualität.

In Yuznas Rahmenhandlung ist mal wieder sein Lieblingsschauspieler, "Re-Animator" Jeffrey Combs zu sehen, der hier Lovecraft selbst verkörpert, allerdings unter dem Make-Up fast nicht wiederzuerkennen ist. Lovecraft besucht in der Geschichte eine geheimnisvolle Bibliothek und verschafft sich unerlaubt Zugang zum titelgebenden Necronomicon (eigentlich ein fiktives Werk, das in zahlreichen seiner Geschichten auftaucht). Durch das Buch hat er anscheinend Visionen von der Zukunft oder dieses beschreibt zukünftige Ereignisse; jedenfalls schreibt er drei der Geschichten auf, die er darin findet (und bei denen es sich um die restlichen Episoden handelt, die offensichtlich Jahre oder Jahrzehnte nach Lovecrafts Zeit spielen). Diese Episode ist freilich die kürzeste des Films und wird immer wieder durch die anderen unterbrochen, am Ende kommt es allerdings auch hier zu einer Actionsequenz mit bizarren Effekten. Lovecraft wird hier mal als Kämpfer präsentiert, was seiner Persönlichkeit eigentlich nicht entsprach (in Wirklichkeit soll der Mann ziemlich schüchtern gewesen sein). Allerdings beabsichtigte man hier offensichtlich auch keine authentische Darstellung, von daher geht das in Ordnung. Die Effekte sind außerdem richtig gut und mit Tony Azito als geheimnisvollen Bibliothekar hat man hier auch einen charismatischen, gefährlich wirkenden Antagonisten. Brian Yuzna selbst absolviert hier übrigens auch ein Cameo als Taxifahrer. Durchaus sehenswert, die Geschichte.

Die erste Geschichte aus dem Necronomicon ist gleichzeitig auch die schwächste. "The Drowned" basiert auf Elementen der Geschichte "The Rats In The Walls", interpretiert den Stoff aber sehr frei und hat eine ziemlich unoriginelle Handlung, in der es um den Verlust geliebter Menschen geht, die der Protagonist zurückholen will, dabei aber natürlich das Böse heraufbeschwört. Mit Bruce Payne hat man zwar einen souverän agierenden Hauptdarsteller, dieser wird jedoch nicht wirklich gefordert. Die Auflösung der Geschichte ist ziemlich banal. Die Verwandlungseffekte, der geheimnisvolle außerweltliche Bote und das Tentakelmonster (typisch für Lovecraft) am Ende sind dafür wirklich gelungen. Letztlich kann diese Episode aber eben auch nur durch den Hauptdarsteller und ihre, ohnehin nicht allzu stark eingesetzten, Effekte punkten. Von Christophe Gans, der später mit dem schon erwähnten "Crying Freeman", dem wilden Genremix "Pakt Der Wölfe" und der Videospiel-Adaption "Silent Hill" wesentlich überzeugendere Arbeit ablieferte, hätte man sich mehr erhofft.

Die zweite Geschichte aus dem Necronomicon, "The Cold", basiert auf "Cool Air", in der Lovecraft seine Abscheu vor Kälte verarbeitete. Hier hält man sich schon stärker an das Ausgangsmaterial, auch wenn man die Geschichte um ein paar Jahrzehnte in die Zukunft verlegte, aus dem männlichen Protagonisten ein Mädchen machte, sowie eine Liebesgeschichte und eine weitere Rahmenhandlung hinzufügte, welche die eigentliche Story als Rückblende präsentiert. Der Handlungsverlauf mitsamt dem Twist am Ende ist jetzt auch nicht wirklich originell, zudem stört die Naivität der Protagonisten. Mit David Warner als geheimnisvollen Professor, der eine wirklich außergewöhnliche Methode entwickelt hat, sein Leben zu verlängern, hat man hier aber ebenfalls einen sehr überzeugenden Darsteller dabei und die Sequenz, in der sich ein menschlicher Körper schleichend zersetzt, ist verdammt gut gemacht und bietet richtig widerliche Ekeleffekte. Insgesamt kommt auch diese Episode wesentlich atmosphärischer daher.

Die letzte Geschichte, wieder von Yuzna, ist dann so richtig fies. "The Whispers" verwendet Elemente von Lovecrafts Story "The Whisperer In Darkness" (die mittlerweile übrigens ebenfalls als eigener Spielfilm adaptiert wurde) erzählt aber eine komplett eigene Geschichte, die in Tunneln unterhalb New Yorks spielt. Hier hat man schon durch den Handlungsort von Anfang an eine ziemlich düstere Atmosphäre. Signy Coleman als unerschrockene Polizistin, die nach einem Serienkiller, genannt "Der Schlächter", welcher ihren Partner und Vater ihres Kindes entführt hat, jagt, kann in der Hauptrolle dazu wirklich überzeugen. Und wenn dann enthüllt wird, wobei es sich bei dem "Schlächter" wirklich handelt, bekommt man natürlich wieder eine ganze Menge kranker Einfälle und derber Splatter-Effekte geboten, für die Yuzna ja bekannt ist. Das Ende hält dann eine besonders bösartige, richtig erschütternde Überraschung bereit. Diese Episode ist spannend, eklig und verdammt böse. Yuzna weiß eben selbst am besten, wie man so etwas angeht. Eindeutig die beste Geschichte.

"Necronomicon" ist ein gut umgesetzter Episodenhorror mit interessanter Auswahl bei den einzelnen Stoffen und Regisseuren, jedoch schwankender Qualität bei den einzelnen Geschichten. Insgesamt sind die Darsteller allerdings überzeugend, die Musik ist durchaus atmosphärisch und bleibt im Gedächtnis und dazu bietet der Film wirklich überzeugende, handgemachte Splatter- und Ekeleffekte (an denen übrigens mal wieder Screaming Mad George mitwirkte). Insgesamt also ein nett gemachter Horrorfilm mit Atmosphäre und ordentlichen Effekten. Entfernt sich zwar teilweise sehr von Lovecrafts Stoffen (schon allein dadurch, dass hier das meiste recht explizit ausfällt, wogegen das Grauen in seinen Geschichten meist nur angedeutet wird), kann aber durchaus das richtige Feeling transportieren. Sehenswert!

7,5/10

Von WICKED VISION erschien der Film im limitierten Mediabook, welches den Film auf BD und DVD beinhaltet und dazu mit jeder Menge informativen Bonusmaterial ausgestattet ist.

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