http://www.imdb.com/title/tt2119532/
Der junge Desmond T. Doss (Andrew Garfield) wächst im US-Bundesstaat
Virginia als ergebener Christ mit einem strengen Moralkodex auf. Als
eines Tages sein Vater Tom (Hugo Weaving), Kriegsveteran und Trinker, im
Streit seine Mutter Bertha (Rachel Griffiths) bedroht, greift Desmond
zur Waffe und bringt ihn dazu, aufzuhören. Desmond schwört sich
daraufhin, nie wieder eine Waffe auch nur anzurühren. Doch als sich sein
Bruder Hal (Nathaniel Buzolic) nach dem Angriff der Japaner auf Pearl
Harbor zum Kriegsdienst meldet, folgt ihm Desmond kurze Zeit später.
Weil er aber weiterhin darauf beharrt, keine Waffe anzufassen, machen es
ihm seine Vorgesetzten Captain Glover (Sam Worthington) und Sgt. Howell
(Vince Vaughn), sowie seine Kameraden wie der harte Smitty (Luke
Bracey) extrem schwer in der Ausbildung. An der Front gegen die Japaner
wendet sich jedoch das Blatt: Während die Kugeln an ihnen
vorbeischwirren und immer mehr Verluste zu vermelden sind, wächst
Desmond über sich hinaus und rettet einem Verwundeten nach dem anderen
das Leben – noch immer ohne eine Waffe zu tragen...
"Hacksaw Ridge" nannten die Amerikaner die "Urasoe Mura Klippe", den sie nach dem Angriff auf Pearl Harbor in
Okinawa/Japan erstürmen sollten. Es geht hier aber eigentlich um einen
Sturm ganz anderer Art, nämlich um die wahre Geschichte eines
Kriegshelden, der aus Gründen christlichen Glaubens sein ganzes Leben
lang keine Waffe in die Hand genommen hat und bei diesem Angriff dennoch
75 Menschen das Leben rettete. "Hacksaw Ridge" erzählt nun diese wahre Geschichte von Desmond Doss, einem Marine, der sich weigerte eine Waffe auch nur anzufassen, geschweige denn sie abzufeuern. In den Augen der Kameraden und der Vorgesetzten als Feigling vorgeführt, beweist Desmond aber ein- und nachdrücklich, dass er der tapferste aller Männer war. "Hacksaw Ridge" ist eine von der ersten Minute an extrem packende und ergreifende Hommage an den Soldaten Desmond. Mel Gibson
stellt nach "We Were Soldiers" erneut unter Beweis, dass er ein hervorragender Regisseur ist
wenn es darum geht eine Geschichte so schonungslos und emotional wie
möglich zu inszenieren.
Gibson lässt sich viel Zeit mit der Einführung und Erläuterung des Desmond Doss, des tragischen Helden des Films, um so genau und plausibel wie möglich zu erklären, warum genau das geschieht, was in der Folge des Films zu sehen ist, denn auf die Idee, sich zur Army zu melden, sich ausbilden zu lassen, um dann in einem Krieg teil zu nehmen, aber dies unter der Voraussetzung keine Waffe anzufassen, muss man erst einmal kommen. Man kann sich gut vorstellen, dass er innerhalb der Army auch auf Widerstände trifft, die ihn dort eigentlich loshaben wollen, weil er Prinzip und Konzept durcheinander bringt, das eigentlich eine Armee vereinen soll. Was Desmond dort alles durchmachen und erleiden muss, ist so einprägend dargestellt, dass man sich in Andrew Garfield Charakter regelrecht hineinversetzen und mit ihm mitfühlen kann.
Plausibel und klar ist dann auch die Argumentation, mit der Desmond vor einem internen Gericht sein Handeln darlegt und verständlich macht. Und damit in seinem Denken Zustimmung erfährt, während die Welt um ihn herum nicht anders Handeln kann, als das, was Desmond eben nicht akzeptiert. Und sich letztendlich durchsetzt. Dieses nimmt nicht nur viel Zeit im Film in Anspruch, sondern auch viel an Gedanken und sympathisches Mitdenken mit Desmond, und das ist das, was eben an Zeit und Denken für den Gegner, hier die Japaner auf einem Inselabschnitt von Okinawa, fehlt, und manchmal bemängelt wird. Als unbeteiligter Zuschauer neigt man gerne zum Schiedsrichtern, und da hätte man auch gerne die "andere Seite" gesehen und gehört. Das spielt aber hier keine Rolle, denn man muss - ob dem bekannten Ergebnis des Krieges - voraussetzen, dass beide Kriegsparteien, die USA und Japan, bis heute noch ein schweres, gestörtes Verhältnis zu dem haben, was damals passiert ist. Und apropos gestörtes Verhältnis: Hugo Weaving als Vater Tom Doss sollte unbedingt eine Erwähnung finden, denn er macht einen hervorragenden Job als dem Alkohol verfallenen Veteran des ersten Weltkrieges.
Im zweiten Teil könnte man "Hacksaw Ridge" nun vorwerfen, er sei ziemlich unrealistisch und viel zu übertrieben, wenn sich zum Beispiel ein Soldat den abgerissenen Torso eines Kameraden schnappt und diesen als Schild verwendend, schießend auf den Feind zu rennt. Geschenkt. Insgesamt sind nämlich die Gewaltdarstellungen und die der
Grausamkeiten des Krieges geradezu erschreckend brutal und realistisch dargestellt und erinnern in ihrer Darstellung an den im Genre und im Zusammenhang so oft zitierten "Der Soldat James Ryan", ja, übertreffen diese sogar, sind aber auch notwendig um abzuschrecken. "Herz aus Stahl" vermittelt noch einmal diese Nähe und
tatsächliche, mögliche Kampfabläufe, sinnloses Sterben mit all seinen
Grausamkeiten, die Waffen und Munition verbreiten. Hier ist es die
perfekte Antagonie zum Denken von Desmond, die genau das begründet, was
er tut: die Unmenschlichkeit und das Sinnlose, gezeigt in blutige
Innereien, abgerissenen Körperteilen, offene Rümpfe, verbrennenden
Menschen, Dreck, Ratten und Maden, also einer Hölle, in der man wahrlich
lieber nicht ist, aber er dafür "kämpft", eben nicht zu kämpfen. Und
letztendlich sind ihm alle diejenigen dankbar, die ihn verteufelt haben,
nämlich genau dafür.
Das Ganze ist aber
auch eher der Rahmen einer Haupthandlung als das Thema des Films,
deswegen geht das so in Ordnung. Dass der bekennende Katholik Mel Gibson
als Regisseur so etwas kann, hat er weiland schon bei "Braveheart"
unter Beweis gestellt. Und hier steht wirklich die Lebensgeschichte
des Sanitäters im Zentrum. Man sieht keine heroischen Siegerposen der
Amerikaner am Ende. Vielmehr hat man sich nach dem Abspann noch Zeit
genommen, einige Überlebende des Angriffs, die inzwischen fast ein Jahrhundert alt sind, zu interviewen. Nicht nur dadurch wird das eben Gesehene realistischer, sondern schmerzhaft fühlbar und authentisch. "Hacksaw Ridge" ist ein großartiger Film; vielleicht der beste (Anti-)Kriegsfilm der letzten Jahre. Emotional, mitreißend, spannend, dreckig, brutal, blutig und vor allem eins: mahnend. Grandios.
9,5/10
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