Seit frühester Kindheit hört Jacob (Asa Butterfield) von seinem Großvater Abraham (Terence Stamp) immer wieder wundervolle und fantasiereiche Geschichten von einer Insel, auf der er sich vor Monstern versteckte und mit Kindern lebte, die alle außergewöhnliche Fähigkeiten besaßen. Als kleiner Junge liebt Jacob diese Geschichten, die er für bare Münze nimmt, später glaubt er seinem Opa jedoch kein Wort mehr. Als der Junge 16 ist, stirbt sein Großvater, scheinbar zerfleischt von einem wilden Tier. Doch Jacob meint, etwas anderes gesehen zu haben und wird neugierig: Er ringt seinen Eltern die Erlaubnis ab, zu der Insel zu reisen, auf der sein Opa zur Zeit des Zweiten Weltkrieges in einem Waisenhaus wohnte. Das alte Haus in Großbritannien ist längst eine verlassene Ruine, doch Jacob findet Anhaltspunkte dafür, dass die "besonderen Kinder" aus Abrahams Geschichten noch leben, gut behütet von der resoluten Miss Peregrine (Eva Green) – aber die Gefahr, die Abraham das Leben kostete, ist noch immer nicht gebannt...
Es klingt nach einer Geschichte aus alten Tagen, doch so alt ist die Geschichte, entgegen aller Vermutungen, gar nicht. Der Autor Ransom Riggs schrieb die literarische Vorlage zu diesem von Tim Burton verfilmten Stoff auf Rat seines Lektors, der Riggs Leidenschaft für das Sammeln alter Fotos kannte (welche auch im Film zum Tragen kommt). Der aus dieser Idee geborene Fantasy-Roman "Miss Peregrine's Home For Peculiar Children" wurde 2011 veröffentlicht und entwickelte sich rasch zum Bestseller. Es entbrannte bald darauf ein heftiger Bieterwettstreit um die Filmrechte, welche letztlich Twentieth Century Fox für sich entscheiden konnte. Fox holte Tim Burton ins Boot und setzte damit auf die eigentliche sichere Bank, denn Burtons Vorliebe für älter anmutende Erzählungen mit märchenhaftem Charakter ist hinlänglich bekannt. Es ist aber leider auch eine kleine Weile her, seit Tim Burton, eigentlich einer meiner Lieblingsregisseure, einen richtig starken Film gemacht hat. "Sweeney Todd" war sein letztes großes Meisterwerk und seitdem konnte er dieses Niveau nicht mehr erreichen. Nun lies allein schon der Trailer zu seinem neuesten Film, "Die Insel der besonderen Kinder", Böses ahnen, sah der doch mehr nach einer ganz alten und gleichzeitig üblen Kopie der "X-Men" aus. Nun kann man nachträglich aber sagen: das ist es nicht. Es ist aber auch nicht das lang ersehnte neue Meisterwerk geworden, obwohl der Film locker das Zeug dazu gehabt hätte. Es ist beinahe schon ärgerlich, wie unnötig schwer es sich dieser Film macht, vor allem nach dem starken Beginn.
Das Ganze wird selbstverständlich als der neue "Tim Burton"-Film vermarktet, dies ist ein Name der gut kommt; gleichermaßen vermittelt der Film ein Fantasy-Feeling wie es eben auch "Alice im Wunderland" und "Charlie und die Schokoladenfabrik" taten - auch zumindest im Trailer. Die Vorlage war sicher gehaltvoller, vielleicht mit mehr Information, vielleicht mit dem einen oder anderen Hinweis hier, dem einen oder anderen Gimmick dort. Das merkt man den Film an einer Handvoll Stellen leider auch an. Zu wenig erfährt man über das wieso und warum. Lediglich die Zeitschleifenthematik, die immer wieder ihre Tücken aufzeigt, wird zumindest verständlich erklärt. Dafür ist die Optik erneut so, wie man sie von Burton kennt; an jeder Ecke gibt es Details zu entdecken und - je nach Situation - findet man selbst Emotionen im Farbspiel der Umgebung wieder. Teilweise arbeitet Burton sogar wieder mit Stop-Motion-Animationen, was absolut brillant aussieht und auch etwas Wehmut hervorruft, denn man hätte viel mehr von dieser Technik benutzen können/müssen. Das Angenehme an diesem Film ist aber, dass er extrem kurzweilig ist und die 127 Minuten quasi wie im Fluge vorbei gehen. Leider lässt der Film dabei auch unglaublich viel Potenzial liegen. Am Ende wird der Stoff dann leider extrem actionlastig und auch unerträglich schmalzig. Ab diesen Moment vermisst man urplötzlich Burtons eigene Note.
Eva Green als Miss Peregrine ist einfach großartig und mit Abstand die
stärkste Schauspielerin im gesamten Film. Sie steckt einfach komplett in
ihrer Rolle und man nimmt ihr die Fürsorge für "ihre" Kinder zu jeder Sekunde ab.
Zudemi spielt sie allein mit einem simplen Blick alle anderen an die Wand. Auch Asa Butterfield, der mit "Hugo Cabret" und "Ender's Game" schon auf sich aufmerksam machte, mausert sich langsam zu einem richtig guten
Schauspieler. Er hat zwar als Protagonist Jake zwar hier und da Probleme mit gewissen
Emotionen, konnte aber zumeist überzeugen. Samuel L Jackson als
Bösewicht hingegen war eine ausgezeichnete Wahl. Er tritt zwar leider viel zu
spät in Erscheinung, ist aber mit seiner freakigen Art ganz schön
gruselig. Judi Dench wurde leider komplett verheizt und hatte überhaupt
keinen sinnvollen Nutzen. Dafür machen alle Kinder-Darsteller ihre Sache
erfreulich gut. Der interessanteste Bewohner des Heims war Enoch O'Connor (Finlay MacMillan), dessen Fähigkeiten (aus leblosen Objekten Lebende zu machen) aber leider viel zu wenig erklärt wurden. Die
einzige Figur, die einen gewissen nervigen Charakter besaß war Ella Purnell als Emma.
Sie spielt sehr hölzern und auch die Chemie zwischen ihr und Butterfield ist leider überhaupt
nicht überzeugend.
Etwas bitter stößt zudem auf, dass sich der Regisseur in den vielen Skurrilitäten verzettelt. So ist
beispielsweise das plötzlich auch märchenhaft angehauchte Finale mit
völlig unpassender Musik unterlegt und der Zuschauer wundert sich doch etwas über
das Zeitmanagement der Kinder. Es ist eben
die typische Zeitreisen-Problematik. Von Logiklöchern (auch außerhalb der Zeitschleifen) will man da gar nicht erst anfangen.
"Die Insel der besonderen Kinder" ist damit aber kein schlechter Film, im Gegenteil. Dennoch hätte er so viel besser sein können und ist daher leider auch nicht das so lang herbei ersehnte Meisterwerk aus Burtonschen Gefilden geworden. Er ist inhaltlich extrem wechselhaft und lässt zudem den Fokus auf die Figuren vermissen. Die Twists sind insgesamt etwas lieblos platziert und der Endkampf enttäuscht etwas. Wie so oft ist auch in diesem Streifen die Entwicklung der Geschichte, das ganze Drumherum, die Vorstellung der Charaktere und das Leben in dem Heim weitaus besser als das Finale. Obwohl der Film seitens der FSK für das Kino ab 12 Jahren freigegeben ist, hat er erstaunlich brutale (und auch gruselige) Szenen auf Lager. "Die Insel der besonderen Kinder" ist aber, trotz einiger angesprochener Schwächen, eine klare Empfehlung für alle Fantasy-Fans.
7/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Twentieth Century Fox
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