http://www.imdb.com/title/tt0099864/
In Derry, Maine, geht es nicht mit rechten Dingen zu. Das mag an dem Indianerfriedhof liegen, auf dem der kleine Ort teilweise gebaut ist, vielleicht hängt es auch einfach mit der Paranoia der Einwohner zusammen. Aber alle Gerüchte verwandeln sich schlagartig in grausame Gewissheit, als der junge Georgie Denbrough tot aufgefunden wird. Ein Arm wurde ihm abgerissen. Nicht nur zerstört die Tragödie das Leben der Familie Denbrough und traumatisiert Georgies Bruder Bill (Jonathan Brandis), es löst auch eine Furcht aus, die sich über ganz Derry ausbreitet. Immer mehr Kinder verschwinden, grausam verstümmelte Körper sind das Einzige, was den Hinterbliebenen bleibt. Mitten in dieser Zeit des Grauens bildet sich eine ungewöhnliche Clique aus sieben Kindern: Bill, der asthmatische Eddie (Adam Faraizl), Großmaul Richie (Seth Green), der dicke Ben (Brandon Crane), die hübsche Beverly (Emily Perkins), der zynische Stan (Ben Heller) und Mike (Marlon Taylor), der wegen seiner dunklen Haut oft diskriminiert wird. Sie alle haben etwas gemeinsam: Unabhängig voneinander haben sie verstörende Dinge erlebt oder wurden von grausigen Kreaturen verfolgt. Trotz ihrer schockierenden Erlebnisse scheinen ihre Eltern die Grauen nicht wahrzunehmen. Und ihre Geschichten haben einen gemeinsamen Nenner: einen diabolischen Clown mit orangeroten Haaren und Luftballons, der sich als Pennywise (Tim Curry) vorstellt. Aus Angst gibt der "Club der Verlierer" dem Monster einen neuen Namen und taufen die übernatürliche Bedrohung "Es". Nicht nur schweißt die gemeinsame Angst vor "Es" und die Entschlossenheit, dem Horror ein Ende zu setzen, die sieben Freunde zusammen, sie müssen sich gleichzeitig noch gegen den etwas älteren Henry Bowers (Jarred Blancard) und seine Schläger wehren.
"Es" ist einer der Romane von Stephen King, der wohl zu seinen besten Werken gehört. Aber nicht nur aufgrund des Horrors, der einen
während des Lesens völlig unvermeidlich in Angstzustände versetzt,
sondern auch die herzerwärmende Geschichte um den "Club der sieben
glücklichen Verlierer". Dieses Epos an eine
bedingungslose, kompromisslose Freundschaft, die wohl nur wenige kennenlernen dürfen. 7 Freunde, 7 Außenseiter, 7 Kinder, die
sich allem entgegenstellen, das den Ort ihrer Kindheit, zu zerstören
droht. Sie stellen sich den eigenen Ängsten, stellen sich der
Interesselosigkeit, der Apathie und Hoffnungslosigkeit ihrer Umgebung
entgegen, um nicht von dem Grauen aus der Tiefe, irgendwann einer nach
dem anderen aufgefressen zu werden. Das Böse in Derry, der grausame
Clown, die äonenalte Spinne im Netz. Das sind all die Dinge, die ein Ort
wie Derry, der sinnbildlich für alle menschlichen Ansiedlungen steht,
tief in seinem Inneren, im Untergrund verbirgt. Und immer mal wieder,
alle 30 Jahre, einmal in jeder Generation, bricht der Damm, läuft das
Fass aus Neid, Gier und Hass über und es kommt zu einer Serie an
Untaten.
Eins vorweg noch: "Es" zu verfilmen, ist verdammt schwierig. Der Film ist mit 187
Minuten immer noch viel zu kurz, um dem über 1500 Seiten starken Werk gerecht zu
werden. Trotzdem ist Tommy Lee Wallace ein anständiger Film gelungen,
der besonders viel Wert auf die hervorragende Charakterzeichnung des
Buches legt. Und bei allem, was weggelassen wurde (werden musste), hat der
Film aber eines geschafft: die Stimmung des Buches zu übertragen. All
die Atmosphäre, das Unbehagen, Zeitgefühl der Geschichte, aber auch der Subtext des
Buches finden sich im Film wieder. Man muss betonen, dass bei dem, was die Geschichte eigentlich
hergibt, diese Tatsache ein Trost ist, aber letztlich bleibt der Film nur eine deutlich entschärfte
Kurzzusammenfassung, das Buch in allen Belangen die Superlative zum
Film. Die grobe Handlung des Buches wurde übernommen; dementsprechend dreht
sich der Film um die sieben Charaktere, die sich mit dem Schrecken des
Kinder fressenden Monsters Es konfrontiert sehen, dem sie sich zwar
stellen, aber nicht überwinden können, sodass er sie Jahre später
einholt, um sie, inzwischen erwachsen, erneut herauszufordern.
Der Film springt dankenswerterweise zwischen den beiden Zeitebenen -
Kindheit und Gegenwart - hin und her, denn auf diese Weise zeigt der
Film zum Einen wunderbar, wie prägend die Kindheit eines jeden Menschen
ist und zum Anderen, und das ist die Hauptaussage der Geschichte, wie
wichtig es ist, sich den Problemen, die das Leben bereithält, zu stellen
und zu bewältigen.
Jeder der sieben Hauptcharaktere sieht sich konfrontiert mit
Schicksalen des Lebens. Neben vielen körperlichen Makeln, die für sich
bereits die Kindheit schwierig machen können (z.B. Dickleibigkeit,
Stottern, Asthma) und der Tyrannei von Obrigkeiten, die anhand der Figur
des Schul-Rowdys Henry Bowers dargestellt wird, stehen noch größere
Schrecken im Mittelpunkt der Geschichte. Da ist der Verlust eines
Familienmitglieds und die Angst vor dem Zusammenbrechen der Familie
(Bill). Der Tod des Bruders brennt ein so tiefes Loch in das
Sicherungsnetz des Lebens, das die Familie darstellt, dass es droht, zu
reißen: Bill muss befürchten, auch zu sterben, indem er seinen Platz in
der Familie verliert. Denn der Verlustschmerz schwächt seine Eltern
letztlich so sehr, dass ihnen die Kraft fehlt, für ihn überhaupt noch
Mutter und Vater zu sein. In Bens Geschichte manifestiert sich das
Schicksal der körperlichen Unzulänglichkeit und vor allem, ohne
Vaterfigur zu sein, an der man sich orienterien und an der man selbst
wachsen kann. Beverlys Schicksal, Armut und (deutlich gravierender)
autoritäre und gewaltsame Erziehung, und Eddies, Überfürsorglichkeit,
stellen krasse Gegensätze dar, doch ist auch den beiden gemeinsam, dass
sie die Kindheit auf eine harte Probe stellen.
In "Es" manifestieren
sich diese Identitätsängste; "Es" ist die Metapher für diese Schrecken
der Kindheit. Die Kinder können Es nicht gänzlich besiegen und so holt
die Vergangenheit sie wieder ein oder anders: man kann seinem Schicksal
nicht entkommen. Das sieht man wunderbar an Beverly, die mit einem Mann
zusammen ist, der vom Habitus ganz ihr Vater ist. Und auch Ben ist
seinen Problemen nicht entkommen, denn selbst großer Erfolg vermag seine
Selbstzweifel nicht zu zerstreuen und so bleibt stets die Gefahr, an
ihnen zu scheitern (Was gewissermaßen mit der Tatsache, dass Ben einsam
ist und in oberflächlichen Affären und Alkohol Zuflucht sucht, schon
geschehen ist). Überhaupt sind - bis auf Mike - alle sehr erfolgreich,
doch ändert das nichts daran, nicht wirklich im Leben angekommen zu
sein. Das zeigt sich insbesondere in einer Szene in der Gegenwart, als
ihnen allen gemeinsam bewusst wird, dass sie zwar berufliche Siegertypen
sind, privat allerdings mehr oder weniger gescheitert sind. Entweder
haben sie gar keine Familie und sind entsprechend unzufrieden (siehe
Ben, aber auch Eddie: zwar hat der eine Familie, die aber ist noch immer
seine beherrschende Mutter) oder
aber es mag mit Nachwuchs nicht klappen. Das hört sich zunächst nicht
wirklich gescheitert an, aber Stans Werdegang belehrt uns eines
Besseren: Er will sich ein durch und durch bürgerliches Leben aufbauen,
doch sind ihm die dazu gehörenden Kinder nicht vergönnt. Es ist egal,
welchen Lebensweg sich die Figuren aussuchen, sie kommen nicht wirklich
ans Ziel.
Dieses Dilemma wird ihnen nach und nach bewusst, als sie sich
aufgrund einer Nachricht von Es (Es hinterlässt an einem seiner Tatorte
ein Foto von Bills Bruder) wieder zusammenfinden. Ihre nicht bewältigte
Vergangenheit bremst sie aus. Sie finden heraus, dass es nur einen Weg
gibt, aus diesem Loch herauszukommen, nämlich sich den Schrecken der
Vergangenheit und damit sich selbst zu stellen.
Um diesen Subtext transportieren zu können und nicht zu ersticken,
bedurfte es einer Erzählweise, die trotz des Fantastischen, das Es
verkörpert, ruhig bleibt. Und das ist dem Film gelungen. Seine besten
Momente hat er, wenn der Film seine Figuren über Es (und also
metaphorisch gesehen über sich selbst) reflektieren lässt. Denn dann ist
der Film "ganz Buch".
Aber auch an der Oberfläche der Geschichte hat man mit dem Film
einen Gewinn. Zwar beugt man sich gerade zum Ende hin allzu sehr
filmischer Konventionen und gibt dem Film damit ein Stück Beliebigkeit,
aber letztlich hat man auch astreinen Horror mit Blut, Schrecken und
Angst (für die Angst sorgt Tim Curry mit der wunderbar schauderhaften
Darstellung des "Es" in Form des Clowns Pennywise). Der Film nutzt zudem
die beste Form der Angsterzeugung: Unbehagen durch den Bruch mit der
Norm. Die Klimax ist natürlich Pennywise. Der Clown - im
Grunde der Inbegriff der Freude - als tötendes Monster, das mit
leuchtenden Augen und Rasiermessern als Zähnen aus dem Gully heraus nach
einem greift.
8/10
Bei zavvi.com erschien der Film auch im Steelbook. Soweit, so noch nicht ungewöhnlich, denn auch in Deutschland ist ein Steelbook mit demselben Motiv, exklusiv im MediaMarkt erschienen. Was aber das zavvi-Steel auszeichnet, ist der Innendruck. Den hat das MediaMarkt-Steelbook aus unerfindlichen Gründen nämlich nicht.
Quellen:
Inhaltsangabe: Warner Bros.
Poster/Artwork: Warner Bros.
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