20 Jahre ist es nun schon her, dass Heather Donahue und ihre Freunde in den Black-Hills-Wäldern verschwanden. Nun macht es sich Heathers Bruder James (James Allen McCune) zur Aufgabe, gemeinsam mit seinen Freunden Peter (Brandon Scott) und Ashley (Corbin Reid) und der mit einer Videokamera ausgestatteten Filmstudentin Lisa (Callie Hernandez) die Umstände dieses äußerst mysteriösen Verschwindens, das nie aufgeklärt wurde, zu erforschen. Durch die düsteren Wälder lassen sie sich von zwei Einheimischen führen, was die Truppe zuversichtlich stimmt: So werden sie sich ganz bestimmt nicht verirren! Als sie jedoch nachts das Gefühl haben, in ihrem Lager von jemandem – oder etwas – beobachtet zu werden, stellen sie fest, dass das Verirren ihr geringstes Problem sein dürfte... denn während sich die Legende von der Hexe von Blair zuhause noch wie ein Ammenmärchen anhörte, rückt sie im dunklen Wald immer mehr in den Bereich des Möglichen.
Als im Jahre 1999 "The Blair Witch Project" erschien, wurde die Genre-Welt erschüttert. War dieser Film, das gefundene Material, etwa echt? Sind Heather, Josh und Mike wirklich verschwunden? Die damalige Marketing-Kampagne ist bis heute eines der leuchtendsten Beispiele für virales Marketing. Selbst mit Talenten wie Adam Wingard ("The Guest") an Bord, wurde es schwer, diesen Hype in das neue Jahrtausend zu übertragen. Angekündigt mit der Bezeichnung "The Woods" wurde Mitte des Jahres dann klar, dass es sich bei diesem Titel um den nunmehr dritten Teil des "Blair Witch Projects" handelte. Seiten wie "Bloody-Disgusting.com" hoben daraufhin den dritten Teil bereits im Vorfeld als "incredible scary" in den Horrorhimmel und verkündeten, dass "Blair Witch" das Genre auf eine ganz neue Ebene hebe. Das ist natürlich nur das übliche Aufspielen der PR. Unbestritten gelingt Adam Wingard aber ein durchweg unterhaltsamer und eindringlicher Gruselthriller, der auch noch zu gefallen weiß.
"Blair Witch" folgt dabei den Pfaden des ersten Teils und ignoriert - zum Glück! - Teil 2 ("Blair Witch 2: The Book Of Shadows") völlig. Die Found Footage ist, trotz teilweise extrem wackeliger Wackelkamera, etwas besser, was mittlerweile auch arg der Technik geschuldet ist. Keine 8mm mehr, dafür HiDef in Form von GPS-geführten Ohrclip-Kameras, einer Drohne, digitalen Videokamera und - vermutlich als Hommage an alte Zeiten - einer alten DV. Dass aber auch GPS in den Wäldern von Burkittsville nichts nützt merken die 4 Abenteuerer, die auf der Suche nach - und jetzt kommt die Verknüpfung - James (James Allen McCune) Schwester Heather sind, recht bald. Die Handlung hält sich damit in weiten Teilen an das denkbar simple Konzept des ersten Teils. Mit den zwei Einheimischen YouTubern Lane (Wes Robinson) und Talia (Valorie Curry) geht es in die Wälder hinein. Die Jugendlichen verlaufen sich bald in den dichten Wäldern der "Black Hills" und werden recht schnell mit merkwürdigen bis gruseligen Ereignissen konfrontiert. Wingard setzt dabei altbewährte Horrormittel effektiv in Szene und bringt einige Neuerungen (wie zum Beispiel die Drohne), die das Szenario zumeist gewinnbringend erweitern. Perspektivisch präsentiert sich der neue "Blair Witch" also äußerst abwechslungsreich, ohne dass der Zuschauer dadurch die Nähe zu den Figuren verlieren würden, die im Original kriegsentscheidend für die unheimliche Wirkung war.
Ähnlich wie Daniel Myrick und Eduardo Sánchez baut auch Adam Wingard besonders auf die Angst vor der Dunkelheit, das undurchdringliche Dickicht des Waldes und die Verstörungskraft unheimlicher Geräusche. Gelegentlich blickt der Genre-Enthusiast allerdings auch über den Tellerrand und zeigt für kurze Augenblicke schemenhafte Impressionen des Grauens, die jedoch nicht weiter aufgelöst werden. Viele Rätsel bleiben, neue Mysterien tun sich auf. Erst im Finale wird "Blair Witch" dann doch wieder effektiv. In den letzten 20 Minuten besinnt sich der Film auf deine eigentlichen Qualitäten und liefert eine nasskalte, angespannte Atmosphäre, die fast alle Register zieht. Hier sieht man das Potential, welches in "Blair Witch" gesteckt hätte, wenn Wingard weniger Wert auf die Befriedigung des "Paranormal Activity"-Publikums gelegt hätte. Der Regisseur greift tiefer in die Effektkiste, kreiert hier eine durchaus intensive Terroratmosphäre mit mindestens einem schönen Einfall, der Klaustrophobikern den Atem stocken lässt. Obwohl es im Finale meistens laut und wenig subtil zugeht, fiebert man mit den nicht übertrieben dämlichen Protagonisten mit, die von den Darstellern solide verkörpert werden."Blair Witch" ist damit tatsächlich nicht schlecht, wenn man sich - wie so oft - darauf einlassen kann und ein wenig mehr 2016 und die damit verbundene plumpe Zeigefreudigkeit akzeptiert.
7/10
STUDIOCANAL brachte die Filme "The Blair Witch Project" und "Blair Witch" zusammen als "Limited 2-Disc Special Edition" in einem sehr schicken Steelbook:
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