http://www.imdb.com/title/tt0364569/
15 Jahre – so lange wird Dae-Su Oh, ein ganz durchschnittlicher
Geschäftsmann und Familienmensch, in einem Ein Zimmer Appartement ohne
Fenster eingesperrt, nachdem er von unbekannten Gangstern überwältigt
und entführt wurde. 15 Jahre ohne jeden menschlichen Kontakt und in
völliger Unklarheit darüber, warum und wie lange er festgehalten wird.
Aus den Fernsehnachrichten erfährt er vom Mord an seiner Ehefrau, den
die Täter ihm in die Schuhe schieben. Als er ebenso unvermittelt, wie er
seiner Freiheit beraubt wurde, wieder in diese entlassen wird, stellt
ihm sein Entführer die Aufgabe, den Grund für die unaussprechliche
Tortur herauszufinden. Doch er kennt nur ein Ziel: Er will Rache üben.
Rache an denen, die sein Leben zerstört, seine Frau getötet und seinen
Seelenfrieden für immer auf dem Gewissen haben.
Ein Lächeln des "Oldboy"s, untermalt von stimmiger Flötenmusik bildet
das Ende dieses melancholischen Meisterwerks. Nach einer unbeschreiblich
grausamen Tour de Force, schenkt uns der Regisseur einen kurzen Moment
der Freude, es ist zwar nur ein Lächeln, ein verzweifelt anmutendes
Lächeln, aber es erlöst den Zuschauer.
Park Chan-Wooks "Oldboy" ist voll von solchen Momenten. Ein
Kunstwerk der Filmgeschichte. Ein Mann wird 15 Jahre eingesperrt.
Kommunikation mit anderen Menschen bleibt ihm verwährt, das einzige was
er hat, ist sein Zimmer und ein Fernseher. Schon hier wird klar, was uns
in "Oldboy" erwarten wird. Kein Feel-Good-Movie, kein versöhnliches
Ende. Oh Dae-Su verfällt scheinbar nach und nach dem Wahnsinn, ich
meine, wer würde das nicht? Ameisen krabbeln auf ihm herum, reine
Einbildung.
"Nach 10 Jahren gewöhnt man sich an die Situation" (Zitat aus dem
Original "frei" übersetzt) lässt Oh Dae-Su später im Film verlauten. So
scheint er den Entschluss zu fassen, zu trainieren, um Rache auszuüben.
Rache für verlorene 15 Jahre. Doch nachdem er frei gelassen wird, zeigt
sich sein Peiniger erstaunlich schnell und schickt Oh Dae-Su auf die
Frage nach dem "Warum?". Warum 15 Jahre?
Park Chan-Wook bebildert sein ästhetisches Kunstwerk mit düsteren
und melancholischen Bildkompositionen, unterbricht diese immer wieder
mit brutalen Gewaltszenen, die aber nie bejahend oder zum Selbstzweck
verkommen. Sei es das Ziehen von Zähnen oder das Abschneiden einer
Zunge, Rache ist nunmal kein edler, sondern ein grausamer Weg. Ein Weg
auf dem man sich verliert und verirrt. Und je mehr Oh Dae-Su über das
"Warum" erfährt, desto weiter stürzt er in die Abgründe seines eigenen
Monsters. Seine Beziehung zu Mi-Do bietet zwar einen gewissen Schutz,
denn sie bewahrt seine Menschlichkeit. Doch Schluss endlich, stellt er
sich seinem Peiniger, ein Mann der seine ganz spezielle Art der Rache
ausübt. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Doch schlussendlich, verwährt er
Mi-Do den Blick in die Kiste, ein Blick den Oh Dae-Su schon vollführt
hat und der ihn in eine aussichtslose und bettelnde Unterwerfung führt.
Hier stoppt Woo-Jin seine Rache. Dae-Su wurde zu einem Monster und
Woo-Jin ist erlöst. Die darauffolgende Szene im Aufzug, bietet eine der
emotional stärksten Szenen der letzten Jahre. Woo-Jin verabschiedet sich
von seiner Schwester und dann von sich selbst und seinen
Schuldgefühlen. Unterlegt mit einem zu Tränen rührenden
Streicherensemble und einem wunderbar verzweifelten Blick von Ji-Tae Yu,
(Schauspiel-)Kunst in Perfektion. Beachtlicher ist jedoch die Ausnahmeleistung von Choi Min-Sik, der
seiner Figur einiges abverlangt. Vom rachegetriebenen Monster, bis zum
verzweifelten "Hund" bietet er eine explosive und facettenreiche
Schauspielleistung, wie es sie selten gibt. Auch in den Kampfszenen
macht er eine hervorragende Figur. Herausstechen tut hierbei natürlich
die Kampfszene im Korridor seines ehemaligen Gefängnisses. Klasse
gefilmt, keine "Sprung-Kicks", Salti oder andere unnötige Manöver,
einfach nur echt und brutal.
Die Gewaltszenen sind aber in Anbetracht der zwei Stunden Laufzeit,
recht rar gesät und weit vom Fokus entfernt. Oldboy lebt viel mehr von
seiner Atmosphäre, der Philosophie, der melancholischen Musik, von den
Bildern, den Metaphern und der gnadenlosen Auflösung. Sei es das Essen
eines lebenden Tintenfisches, die gemeinsame Zugfahrt mit einer Ameise
oder das Teilen der Persönlichkeit und der darauffolgende "Tod" des
Monsters, "Oldboy" steckt voller Symbole, die nach jeder Sichtung in
einem anderen Licht erscheinen. Man entdeckt immer wieder neue Facetten,
interpretiert den Film anders. "Oldboy" ist ein Film für die Ewigkeit,
ein Kultfilm und der Grund warum Südkorea bei vielen Filmfans so hoch im
Kurs steht. Oldboy ist perfekt und daran besteht kein Zweifel.
8,5/10
Von CAPELIGHT PICTURES kommt der Film als in Bild und Ton überarbeitete "Ultimate Edition" in HD in einer schicken Box, passend zum Film, welche ein Mediabook mit 24-seitigem
Booklet, das Comic (Teil 1) zum Film und die Dokumentation "Old Days" im DigiPak beinhaltet. Dazu kommen die originale Soundtrack-CD, 9 Postkarten, ein Zertifikat mit der Limitierungsnummer und ein doppelseitiges Poster als "rundum-sorglos"-Paket für alle Fans des Streifens:
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