Sonntag, 14. April 2019

[KINO FFFnights] Ruben Brandt, Collector (2018)

https://www.imdb.com/title/tt6241872/

Ein animierter Film Noir quer durch die Kunstgeschichte: Im spektakulär und rasant erzählten Kriminalthriller "Ruben Brandt, Collector" von Milorad Krstic wird die Leinwand immer wieder selbst zum pulsierenden Gemälde. Und Botticellis Venus zur mörderischen Nixe, denn der Psychotherapeut Ruben Brandt wird jede Nacht im Traum von Figuren aus berühmten Kunstwerken verfolgt. Zur Heilung beauftragt er seine Patienten, allesamt kriminelle Neurotiker, eben jene Gemälde aus den größten Museen der Welt zu stehlen. In den Louvre, ins MoMa, die Uffizien – überall steigt die ungleiche Truppe ein, und wird bald zu den meistgesuchten Kriminellen, hinter dem auch Gangster und Kopfgeldjäger her sind. Die zunehmend spannende Jagd nach dem Kunstsammler und seinen Motiven führt tief ins Unterbewusstsein von Brandt und schließlich wird der Privatdetektiv Mike Kowalski auf ihn angesetzt...

Man stelle sich einen Albtraum vor, in dem 13 Figuren aus den berühmtesten Gemälden der Welt versuchen, den Träumer anzugreifen und in den Wahnsinn zu treiben. Dies ist die Prämisse dieses faszinierenden Gedankenexperiments und gleichzeitig das Spielfilmdebüt des in Slowenien geborenen Künstlers Milorad Krstić, der im Alter von 66 Jahren seine vielversprechende Filmkarriere startet. Der in Ungarn produzierte, englischsprachige Film stößt den Zuschauer in die Welt von Ruben Brandt (Ivan Kamaras), ein Psychotherapeut mit Albträumen, die er weder erklären noch kontrollieren kann. In der ersten Traumszene mit einem Zug, der durch die Landschaft fährt, springt Diego Velázquez' "Infanta Margarita" mit scharfen Zähnen an Rubens Arm und zerfleischt ihn nahezu. Das ist schon der erste kafkaeske Blickfang. Ebenso die Visionen von Andy Warhols "Double Elvis", der versucht, Ruben zu erschießen oder Botticellis "La nascita di Venere" / "Die Geburt der Venus", die ihn ins Meer reißen will. Und da ist die bedrohliche Figur aus Edward Hoppers "Nighthawks", die ihn in den Halsschlagader sticht.

Ruben geht davon aus, dass die Albträume verschwinden, wenn er die Bilder irgendwie in seinen Besitz bringen kann. erwerben kann. Meisterwerke aus weltberühmten Galerien zu stehlen - darunter der Louvre, der Tate, das MoMa, die Uffizien, das Musée d'Orse und das Art Institute of Chicago - das ist kein Job für einfache Gauner. Da Ruben als Therapeut einige Patienten mit gesetzwidrigen Tendenzen behandelt, fordert er vier von ihnen auf, seinen Masterplan zu unterstützen. An erster Stelle steht Mimi (Gabriella Hamori), eine Kleptomanin mit den Fähigkeiten eines Katzeneinbrechers. Ihr folgt Bye-Bye Joe (Matt Devere), ein Bodyguard für Promis. Fernando (Christian Niels Buckholdt), ein Computergenie; und Membrano Bruno (Henry Grant), ein Bankräuber. Gestaltet als turbulente Pop-Collage sämtlicher Stilrichtungen und Geistesströmungen des 20. Jahrhunderts: Von Picassos Kubismus über Freuds Psychoanalyse bis hin zu Britney-Songs, und (meisten optischen) Zitaten aus filmischen Blockbustern, wie "Indiana Jones", "Predator", Pulp Fiction" oder "Der Pate".

Es kein Geheimnis und es zerstört keinesfalls die Freude an diesem ungewöhnlichen Werk, wenn man sagt, dass die Bande nun in eben jenen Museen ihr Unwesen treiben. Detective Mike Kowalski (Csaba "Kor" Márton) beginnt zu schnüffeln. Da er selbst Sammler ist - der Mann liebt seine Film-Memorabilien - kennt er die Obsession dahinter und hat bald auch Bandenführer Vincenzo (Butch Engle) und anderen Gegenspielern zu tun, die von den ausgesetzten Millionen US-$ von Versicherungsunternehmen angezogen werden, die als Belohnung angeboten werden. Glücklicherweise scheint Krstić alle Tricks aus Holywood zu kennen und bringt Nervenkitzel in seine Action-Szenen - genau so gut wie sein cinephiler Cop. Franchise-Programme von "Mission: Impossible" bis "Ocean's Eleven" werden ebenso hervorgehoben wie Genres von Noir bis Kampfsport. Und man beachte die zahllosen Filmreferenzen (die im Abspann sogar Erwähnung finden) unter anderem, die genialen Art und Weise, wie der Filmemacher Alfred Hitchcock dazu bringt, sich einem Nahkampf anzuschließen.

Für seinen eigenen visuellen Stil stützt sich Krstić stark auf den Picasso-ähnlichen Kubismus, der es ihm erlaubt, geometrische Formen spielerisch zu manipulieren. Dies ist gewiss nicht jedermanns Sache und nicht jeder mag diesen Stil mögen, aber an dieser Stelle sei dringend geraten, über seinen Schatten zu springen. "Ruben Brandt, Collector", ist immer eine Augenweide, aber es ist die intellektuelle Neugier, die die Messlatte höher legt. Der Film gräbt sich in seiner Erzählweise in die Wurzeln von Rubens Psychose ein, indem es in seine Kindheit zurückgeht und die unterschwelligen Botschaften, die ihm durch die psychologischen Experimente seines Vaters vermittelt werden. Zu viel? Manchmal. Krstić packt so viel Information in seine Geschichte, dass er gefährlich nah daran ist, ein Durcheinander zu schaffen. Der Film, der von Tibor Caris eindringlicher Filmmusik untermalt wird, ist eine verspielte Collage von überraschender Tiefe und Gefühl. Wie Ruben sagt: "Kunst ist der Schlüssel zu den Problemen des Geistes." Und dies ist auch der Weg zu einem transportierendem und transzendenten Kino-Wunder, das die Animationen neu erfindet. Ein vor Fantasie berstendes Medley voller visueller und musikalischer Sprengkraft.

8/10

Von INDEED FILM erschien der Film im limitierten Mediabook:


Quellen
Inhaltsangabe: Indeed Film

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