Gift gegen Gift, Feuer gegen Feuer? Das zumindest scheint der Gedanke der amerikanischen Geheimagentin Amanda Waller (Viola Davis) zu sein, als sie einen heiklen Entschluss fasst: Um einer geheimnisvollen und unbesiegbar erscheinenden Bedrohung endgültig das Handwerk zu legen, gebraucht es mehr als nur hochgerüstete Soldaten auf einem Himmelfahrtskommando. Man braucht ganz einfach die gemeingefährlichsten Fieslinge, die derzeit im Gefängnis vor sich hin schmoren, denn die haben offenbar nichts mehr zu verlieren. Doch die illustre Truppe, zu der Knalltüten wie die exzentrische Harley Quinn (Margot Robbie), Deadshot (Will Smith), Rick Flag (Joel Kinnaman) und Captain Boomerang (Jai Courtney) gehören, merkt schnell, dass sie im Zweifelsfall einfach nur entbehrliches Kanonenfutter und Sündenbock sein soll. Da stellt sich ihnen unweigerlich die Frage, ob sie überhaupt noch den Auftrag ausführen sollen, was ihren sicheren Tod bedeuten würde, oder ob sie sich lieber selbst retten...
Ach DC, lernst du denn gar nichts aus kürzlich vergangenen Fehlern? Hast du nicht bemerkt, dass man für einen unterhaltsamen Film nicht nur Effektgewitter braucht, sondern auch eine Story? War es zu viel, wenigstens ein paar der Hauptcharaktere gebührend vorzustellen? Oder war der Cutter mit der Schere schneller? Stopp! Zurück zum Start. Nachdem Anfang des Jahres "Batman v Superman" über die Leinwand tobte, wurde vielen Fans nach der Sichtung schnell klar, dass DC und Warner sich mit ihren Geschichten nur auf einem Nebengleis und eben nicht auf der Hauptstrecke befinden. Wenn man eine DC Comicverfilmung schaut, dann kommt man seit dem Ende von Nolans "Batman"-Trilogie irgendwie unzufrieden aus dem Kino. Da fehlt hier ein Puzzleteil, an anderer Stelle wird viel zu viel vorausgesetzt und andere Sachen werden gleich völlig unter den Tischen fallen gelassen, ganz nach der Manier "ist eben so". Aber, liebe Freunde von Warner und DC, das reicht heutzutage nicht mehr aus. Schon längst hat sich ein übermächtiges "MARVEL Cinematic Universe" (MCU) formiert, gegen welches auch die heißersehnte "Suicide Squad" trotz aller darin enthaltenen Coolness und Gags leider nur abstinkt.
Und woran mangelt es nun erneut? Genau, an Charakterzeichnung. Man sitzt in "Suicide Squad" und kommt sich vor, als wäre man eine halbe, wenn nicht sogar eine Stunde zu spät ins Kino gekommen. Zack, da ist Deadshot (Will Smith). Peng, da ist Harley Quinn (Margot Robbie), Puff - und hier noch Killer Croc (Adewale Akinnuoye-Agbaje), während Rick Flag (Joel Kinnaman, der schon in der Neuverfilmung von "Robocop" sehr blass war) ebenso gut Generic Soldier #8 hätte heißen können. Ach ja, und der Joker (Jared Leto) spielt ja auch noch mit und weil man ja unbedingt eine Verbindung zu einer aktuellen Serie ("The Flash") und einem aktuellen Film ("Batman v Superman") benötigt, drückt man den Zuschauer quasi mit der Nase rein. Das ist zwar nett, aber bei weitem nicht so herrlich subtil und hintergrundartig wie beim MCU. Zudem reicht es einfach nicht, Batman (Ben Affleck) mal eben im Vorbeigehen die Bösen einbuchten zu lassen, nur damit sich daraus hinterher eine "Suicide Squad" bilden kann. Die auch nur aus dem Grund gerufen wird, weil ein neues Meta-Wesen namens Enchantress (Cara Delevingne) auftaucht, die mit einem Fingerschnipp streng geheime Akten aus einer über 12.000km entfernten Hochsicherheits-Einrichtung holen kann und nun die Welt mit einer Art magischen Maschine zerstören will, letztlich aber nicht in der Lage ist, sich gegen sechs Typen mit mehr oder weniger irdischen Fähigkeiten durchzusetzen.
Wohin nun mit all dem? Zusammengepackt auf 123 Minuten, die - und das steht immerhin auf der Haben-Seite - durchaus unterhaltsam vergehen. Die Neon-Ästhetik sorgt zumindest anfangs noch für angenehme visuelle Impulse, die in den coolen Character Cards ihren vorläufigen Höhepunkt finden. Auch Smith und Robbie machen neben Jay Hernandez als Diablo eine hervorragende Figur und holen alles aus ihren Charakteren heraus. Der Rest des Casts spielt offenbar ebenso mit Herz und Seele, ist aber austauschbar, genau wie die ewig gleiche Bedrohung, die nur ein neues Team aufhalten kann und auch nur dann, wenn sie sich zusammenraufen, ... gähn. Und warum führte man eigentlich Slipknot (Adam Beach) ein? Sein Auftritt zählt (gefühlt) knappe 3 Minuten. Das ist so unnötig wie rätselhaft.
Auch hätte man besser auf einige (Neben-)Handlungsstränge verzichten sollen. Margot Robbie spielt Harley Quinn würdig, die Frage stellt sich jedoch ebenfalls, was die Figur Harley Quinn nun genau zu der zentralen Handlung des Films beigetragen hat. Als Mitglied der Squad war sie zwar unterhaltsam, leider aber auch nicht nötig für den Verlauf des Films. Als Freundin des Jokers spielt sie ihre Rolle ebenfalls überzeugend, nur wollte dieser Handlungsstrang, obwohl noch der beste, nicht so recht in die übrige Handlung passen.
Beinahe traut man es sich zudem nicht zu sagen, aber Jared Letos Interpretation des Jokers ist einfach nur hundsmiserabel. Zwischen ihm und einem Jack Nicholson oder gar dem besseren Heath Ledger liegen Welten - ach was schreibe ich? - Universen. Es reicht - gerade bei einer Figur wie des Jokers - nicht aus, ihm grüne Haare und einen roten Lippenstiftmund zu verpassen und ihn ab und zu bösartig lachend im Hintergrund umherhüpfen zu lassen. Leto hätte sicher mehr aus der Rolle herausholen können, ist aber als Joker hier völlig deplatziert, zu brav, zu wenig wahnsinnig und viel zu normal, als dass er einen bleibenden Eindruck als Joker hinterlassen könnte. Das liegt ein Stück weit auch an seiner Maske, die wohl an einen neuen, aus den "Batman Of The Future"-Comics stammenden Joker erinnern soll. Aber cool oder gar ansprechend ist er deswegen trotzdem nicht.
"Oh, I'm not gonna kill you... I'm just gonna hurt you really, really bad."
Unter Strich hat es DC also wieder einmal nicht geschafft. Die "Task Force X" aka "Suicide Squad" ist streng gesehen nichts weiter als ein Fan-Made Trailer in Spielfilmlänge mit namhaften Schauspielern. Die Figuren sind drin, damit Fans halt mal endlich einen Film mit diesen DC-Figuren haben. Wirklich Sinn ergibt hier eigentlich nur sehr wenig und die Story ist einfach eine Zumutung. Der Film hat seine netten Momente, extrem coole Gastauftritte, angenehmen Humor, einen überragenden Soundtrack, einen Will Smith und eine Margot Robbie in Top Form und ein nettes Charakter-Design. Der Rest ist leider zum vergessen. Dank dem schlechten Drehbuch und den total miesen Antagonisten ist "Suicide Squad" eine der größeren Enttäuschungen in diesem Jahr. Ein paar süffisante Dialoge sorgen dennoch für Amüsement und die zugängliche Struktur nimmt einen trotz der unzähligen Probleme noch gut bis zum Finale mit.
Und dann, wenn Ayers ursprünglicher Plot zum Greifen kommt, wirkt der Film zum ersten Mal einheitlich und kann so etwas wie Rhythmus aufbauen. Leider kommt das dann schon zu spät. Ach schade, und dabei schlummert in "Suicide Squad" - und das beweisen die unzähligen Trailer - irgendwo ein guter Film. Schwer zu sagen, wer die Hauptschuld daran trägt, dass hier einiges unrund läuft. Der Schnitt ist tatsächlich furchtbar, aber laut eigener Aussage ("This is my cut.") wollte Regisseur David Ayer es ja so. Der Soundtrack und Score wiederum ist gut, wenngleich man das Gefühl hat, dass in jeder neuen Szene auch ein neuer Rocksong gespielt wird. Letztlich ist das verschenkte Potential ärgerlicher als das Ergebnis selbst, das aber ohne Robbie und Smith vermutlich eine Katastrophe geworden wäre.
6/10
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Quellen:
Inhaltsangabe: Warner Bros.
Poster/Artwork: Warner Bros.
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