Sonntag, 22. Mai 2016

The Thing (2011)

http://www.imdb.com/title/tt0905372/

Als eine norwegische Forschungsgruppe bei einer ihrer Expeditionen in der Antarktis auf ein außerirdisches Raumschiff stößt und eine scheinbar leblose Kreatur darin entdeckt, lässt die Paläontologin Kate Lloyd (Mary Elizabeth Winstead) nicht lange auf sich warten. Zusammen mit ihren Assistenten Davida Morris (Davetta Sherwood) und Adam Goodman (Eric Christian Olsen) möchte Kate die außerirdische Lebensform näher unter die Lupe nehmen. Bei einem Experiment, in dem das Wesen aus seiner Eishülle befreit wird, kommt es zum unerwarteten Erwachen, das zahlreiche Opfer zur Folge hat. Die junge Forscherin und ihre Assistenten schließen sich dem Hubschrauberpiloten Sam Carter (Joel Edgerton) an, um dem Parasiten, der jede Lebensform nachahmen kann, die er berührt, zu entfliehen. Gemeinsam müssen sie einen Plan entwickeln, wie sie die zerstörungswütige Kreatur stoppen können, bevor es die Zivilisation erreicht. Doch können sie einander noch trauen?

Warum das Prequel/Remake von John Carpenters legendärem Horrorfilm "The Thing" beim Publikum durchfiel, ist relativ schnell ersichtlich. Praktisch jeder, welcher mit der Vorlage, welche ja selbst schon ein Remake ist, vertraut ist, wird höchstwahrscheinlich mit einer von zwei Erwartungshaltungen an den Film herangegangen sein. Einerseits mochte man einen Film sehen, welcher das altbekannte Szenario vom formwandelnden Alien-Monster in der Antarktis aufgreift und dieses mit derart frischen Ideen anreichert, dass am Ende ein eigenständiges Werk dabei herauskommt. Zum anderen hingegen hofft man auf eine Hommage, welche die filmische Vorlage durch Ton, Musik, Tempo und Symbolik einfängt und somit für ein sehr uneigenständiges, aber dennoch stimmungsvolles Erlebnis sorgt, welches die gute alte Zeit wieder aufleben lässt.

Fakt ist - und das ist wahrscheinlich einer der Hauptgründe für den merkwürdigen Eindruck, den das Werk hinterlässt - dass Regisseur Matthijs van Heijningen Jrs. "The Thing" sowohl darin scheitert, eine anständige Hommage zu sein, als auch einen eigenständigen Horrorfilm zu bilden. Der Schnitt zwischen beidem geht direkt durch die Mitte und der Film gleicht damit jenem doppelgesichtigem Monster, welches man in diesem als auch in Carpenters Werk bestaunen kann. Der 2011er Film bildet nur eine leidliche Hommage, weil er zwar schon das gesamte visuelle Design, elementare Details und Ereignisse des Storyverlaufs kopiert, jedoch die spezifische Stimmung, die die Vorlage verbreitet, zu keiner Zeit einfängt. Und obgleich sich eine ganze Reihe an frischen Elementen in diesem Film finden, so werden sie stets überschattet vom Gefühl des "Habe ich bereits gesehen".

Hinzu kommt, dass "The Thing" mit dem denkbar falschesten aller Füße aufsteht. So etabliert der Film etwa seine Hauptfigur Kate (Mary Elisabeth Winstead) relativ früh als Fokuspunkt für den Zuschauer, doch gerade die erste Begegnung mit ihr erweckt den Eindruck, dass sie eher teilnahmslos, kalt und im Endeffekt unsympathisch daherkommt. Das ändert sich zwar im weiteren Verlauf, allerdings erreicht die Inszenierung der Charaktere nie ein wirklich hohes Niveau. Gerade der scheinbar zentrale Konflikt zwischen Kate und Dr. Halvorson (Ulrich Thomson) ist dermaßen grob gehandhabt, dass man eher mit der Stirn runzelt, anstatt sich auf dieses potenziell vielversprechende Kompetenzgerangel einzulassen. Während im Original fast jede der Figuren irgendwann im Film mindestens einen entscheidenden Gesprächsmoment und die Charaktere generell ein stärkeres Profil hatten, so bleiben viele Akteure hier, trotz vereinzelter, sympathischer Dialoge, nur Namen und Gesichter (wenn auch mit bärtigem, norwegischem Charme). Hinzu kommt, dass der erste Ausbruch des Alienmonsters noch recht lauwarm daherkommt. Er wird mit einem doppelten Jumpscare eingeleitet und der sich anschließend entfaltende Horror verläuft eher auf Sparflamme. Bei all dem schreitet das Erzähltempo deutlich schneller voran, was zwar für Kurzweil sorgt, doch lässt dies gerade die sich langsam aufbauende, bedrohliche Atmosphäre vermissen, von der man angesichts all der Referenzen an den 82er Film erwartet, dass sie jeden Moment um die Ecke schlendert. Doch wird dies zu keinem Zeitpunkt der knapp 100 Minuten Laufzeit erreicht.

Sei es die mangelhafte Etablierung der Figuren, die zu wünschen übrig lassende Atmosphäre, das dreiste Kopieren oder das eher oberflächliche Handhaben zentraler Konflikte und Themen: "The Thing" bietet eine wahre Wulst an Angriffspunkten und Schwächen, die sich durch den ganzen Film ziehen. Und dennoch: Ich mag diesen Film. Sein größtes Laster ist das Kleben an Carpenters Vorlage, denn auch wenn all das, was van Heijningens Werk an neuen Elementen hinzufügt, nicht immer glückt, so hätte man sich im Endeffekt mehr Eigenständigkeit gewünscht.

Denn nach der ersten, noch recht lauen Monsterattacke, welche eher an "The Thing" von 1951 erinnert, beginnt der Film langsam, aber stetig Spannung aufzubauen. Insbesondere die Sequenz mit dem Hubschrauber packt. Sie involviert einerseits einen clever gestrickten Ausbruchversuch des Dings als auch einen langsamen Realisierungsprozess, den Kate im Badezimmer durchmachen muss, um der Natur dieses Organismus auf die Schliche zu kommen. Die Art von Spannung, die hier aufgebaut wird, unterscheidet sich deutlich von jener, welche man in Carpenters Version sieht, ist so insgesamt gelungen und bietet grundsolide Horrorkost, die sich stetig steigert. Man mag geteilter Meinung über das Science-Fiction-lastige Finale des Films sein, doch gerade der Mittelteil des Films weiß auf seine ganz eigene Art zu überzeugen.

Auch die Monstereffekte sind im großen und ganzen sehr gelungen. Zwar ist der CGI-Überzug nicht immer gänzlich überzeugend, doch ist das Monster-Design mal wieder sehr kreativ, insbesondere in einer Szene, in welcher zwei Gesichter verschmelzen. Aber auch abseits davon ist einfach Tatsache, dass unter der seltsamen, zweigesichtigen Identität dieses Films noch immer ein solider, kurzweiliger Horrorfilm steckt, wenn man nur in der Lage ist, vom Schatten des Klassikers abzusehen, in welchem er sich befindet. "The Thing" von 2011 ist ein Prequel/Remake mit einer Reihe von Neuerungen, einem höheren Erzähltempo und mehr Story-Ereignissen, was zu Kosten der Atmosphäre und Charaktere geht und nebenbei die Ikonizität des Originals nicht erreichen kann. Doch findet sich handwerklich genug Qualität in diesem schnellen, geschmeidigen Creature-Feature, sodass man das Ergebnis noch immer gut genießen kann.

7/10

Von TURBINE erschien der Film in einer auf 2.000 Stück limitierten Box, welchen den Original-Film, die US-TV-Version, das Prequel und den Soundtrack, sowie umfangreiches Bonusmaterial enthält.

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