Freitag, 11. August 2023

House Of Gucci (2021)

https://www.imdb.com/title/tt11214590/

Das italienische Modehaus Gucci ist ein Familien-Imperium. Doch als Patrizia Reggiani (Lady Gaga) Maurizio Gucci (Adam Driver) ehelicht und so Teil der Familie wird, bringen die Ambitionen der Frau aus einfachen Verhältnissen plötzlich das jahrzehntelang aufgebaute Erbe einer etablierten Marke ins Wanken. Über drei Dekaden entfaltet sich eine Geschichte aus Liebe und Betrug, Dekadenz und Rache, die schließlich im Jahr 1995 in einem Mord mündet, der in die Geschichte eingeht. Schnell scheint die Polizei eine Verdächtige ins Visier zu nehmen, die auf das Opfer nicht gut zu sprechen war. Maurizios Ex-Frau wird des Mordes beschuldigt. Während sie sich mit allen Mitteln gegen die Vorwürfe wehrt und auf ihrer Unschuld beharrt, kommen jedoch immer neue Details ans Tageslicht. Eine geheime Affäre ihres Mannes, die Gier nach Rache und die finanzielle Abhängigkeit formen ein Bild von Patrizia, das in der Öffentlichkeit für Aufsehen sorgt....

Der Film von Ridley Scott basiert auf dem Buch "The House Of Gucci: A Sensational Story Of Murder, Madness, Glamour, And Greed", das 2001 von Sara Gay Forden veröffentlicht wurde. Patrizia Reggiani wurde als Ex-Frau des italienischen Geschäftsmannes Maurizio Gucci im Jahr 1998 für die Beauftragung des drei Jahre zuvor erfolgten Mordes an ihrem ehemaligen Partner verurteilt. Die italienische Presse nannte sie die "schwarze Witwe". Bereits im Juni 2006 hatte Ridley Scott einen Film zum Fall der Gucci-Familie drehen wollen, obwohl diese das Projekt von Drehbuchautorin Andrea Berloff ablehnte. Danach durchlief das Projekt unzählige Umbesetzungen vor und hinter der Kamera. So berühmte Darstellerinnen wie Anne Hathaway, Angelina Jolie, Marion Cotillard, Penélope Cruz, Natalie Portman und Margot Robbie wurden für die Rolle der Patrizia in Betracht gezogen, bevor der Part an Lady Gaga ging. Vor Ridley Scott war außerdem Martin Scorsese für den Regie-Posten im Gespräch und Christian Bale sowie Leonardo DiCaprio wurde zwischenzeitlich als Maurizio Gucci in Betracht gezogen. Der ursprünglich besetzte Robert De Niro verließ den Film und wurde von Jeremy Irons ersetzt.

Ridley Scotts fantasievolle und auch etwas chaotische Seifenoper über den Niedergang des Hauses Gucci wird durch Lady Gagas glorreiche Darbietung als Patrizia Reggiani, der wütenden Ex-Frau von Maurizio Gucci, dem Enkel des Modehausgründers Guccio Gucci, vor der reinen Albernheit gerettet. Sie befreit den Film im Alleingang von jeglichen Problemen mit dem Casting für italienische Gesichter: Nur sie kann mit dem komödiantischen ausländischen Akzent Englisch sprechen. Jedes Mal, wenn Gaga auf der Leinwand auftaucht, kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen angesichts ihrer schlitzohrigen Eleganz, ihres Schalkes und ihres Leistungsvermögens, mit dem sie Gina Lollobrigida oder Claudia Cardinale in ihrem weiblichen Stil der frühen 50er Jahre nachahmt. Es gibt eine wirklich großartige Szene, in der Patrizia im Badezimmer der Ehe nichts als waffenfähige Unterwäsche trägt - und doch ist Maurizio, gespielt von Adam Driver, in seinem schlichten Pyjama mit Monogramm irgendwie noch sexy.

Gaga spielt eine Patrizia, die eine aufstrebende junge Frau ist, ein Luder mit schwarzem Gürtel, das aber auch zutiefst unschuldig ist, mit einem Sekretariatsjob bei ihrem Vater, einem sozial bescheidenen, aber wohlhabenden Spediteur. 1970 taucht sie in einer Mailänder Diskothek auf und lernt den schlaksigen, schlaksigen Maurizio Gucci kennen, einen Jurastudenten, der kein großes Interesse am Familienunternehmen hat. Er wird mit galanter Schüchternheit von Driver gespielt, der eine große Brille trägt - ein Mandarin-Geek-Look, den man durchaus auch mit Yves Saint Laurent assoziieren könnte.

Sie verlieben sich ineinander, zum Leidwesen von Maurizios Vater Rodolfo, gespielt von Jeremy Irons mit einem dieser Schnurrbärte, die man sich von der Nase abwärts rasiert, so dass eine Art Kohlestrich auf der Oberlippe entsteht. Er ist ein verwöhntes ehemaliges Film-Matinee-Idol, das das Showbusiness aufgegeben hat, um wieder in das Familienunternehmen einzusteigen, und nun Patrizia verdächtigt, eine sog. "Goldgräberin" zu sein. Doch Patrizia und Maurizio heiraten, ein Ereignis, mit dem Ridley Scott und die Cutterin Claire Simpson einen fulminanten Übergang schaffen: Driver und Gaga haben im Büro ihres Vaters ausgiebigen Sex, und im Moment von Patrizias Orgasmus wird auf ihren seligen Auftritt in der Kirche in ihrem Brautkleid geschnitten. Eine sexualisierte Epiphanie der Lieblichkeit.

So lernt Patrizia den Rest der Familie kennen (und lieben), einschließlich Maurizios Versager-Cousin und Möchtegern-Designer Paolo: ein glatzköpfiger, übergewichtiger Typ, gespielt von ... Jeffrey Tambor? Nein. Es ist ein kaum wiederzuerkennender Jared Leto in Latex. Und dann ist da noch Maurizios liebenswürdiger Onkel Aldo, der von Al Pacino mit einer gewissen Art von distanziertem Charme gespielt wird. Diese Besetzung wirft eine gewisse Frage auf: Sicher, der dämliche Paolo ist Fredo, aber wer ist in diesem Szenario Michael Corleone? Maurizio oder Patrizia? Doch während Patrizia die künftige Vorherrschaft ihres Mannes in der Firma schüchtern anpeilt, will er sie undankbarerweise aus dem Weg räumen, nachdem er sich wieder in eine bestimmte Bekannte aus der Oberschicht verliebt hat: Paola Franchi, gespielt von Camille Cottin.

"House Of Gucci" - von den Drehbuchautoren Becky Johnston und Roberto Bentivegna adaptiert - ist trotz oder gerade wegen Scotts touristischer, pantomimischer Annäherung an Italien und die italienische Kultur unterhaltsam. Doch mit echtem erzählerischem Elan peppt der Regisseur jede Szene auf, oft mit musikalischen Einsprengseln der alten Schule: fast jedes Mal eine traditionelle Oper. Es gibt einige sehr breit angelegte Dialoge: Paolo versucht, sich auf seine Design-Ideen zu konzentrieren, ist aber entsetzt über den Gedanken, dass sein Vater wegen Steuerhinterziehung und -betrugs im Gefängnis landet, und kreischt: "Wie kann ich an meine Linie denken, wenn Dad die Seife fallen lassen könnte?" Da zuckt man kurz zusammen und berfürchtet, dass nun eine Szene mit Al Pacino in der Gefängnisdusche sehen wird." Zum Glück nicht. Aber Scott muss darüber nachgedacht haben. 

Letztendlich ist "House Of Gucci" Lady Gagas Film: Ihre Beobachtungsgabe durchdringt den Film, eine Arrabbiata-Sauce aus Witz, Hohn und Stil.

7/10

Quellen:
Inhaltsangabe
: MGM

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