Dienstag, 31. Mai 2016
Alice In Wonderland - Alice im Wunderland (2010)
Aus und vorbei: Alice Kingsleih (Mia Wasikowska) soll mit dem versnobbten Geschäftsmann Hamish (Leo Bill) vermählt werden; Raum für kindliche Phantasien bleibt da nicht mehr. Doch am Tage ihrer Hochzeit erspäht die junge Frau ein seltsames Kaninchen (Stimme: Michael Sheen) im prächtigen Garten des Anwesens und setzt ihm nach. Immerhin fuchtelt das Tier aufgeregt mit einer Taschenuhr herum - es gilt also, keine Zeit zu verlieren. Bis in einen Kaninchenbau folgt Alice dem unerwarteten Besuch und findet sich einen langen Sturz darauf in einer grotesken Märchenwelt wieder, in der eine böse Hexe (Helena Bonham Carter) und der merkwürdige Hutmacher (Johnny Depp) wichtige Rollen spielen...
Die Neuverfilmung von "Alice im Wunderland" kam im Jahr 2010 als Realfilm auf die Leinwände. Und wenn man mal ehrlich ist, dann ist der Stoff doch eine absolut passende Vorlage für Burton, richtig? Hier kann Burton seine Liebe für skurrile Gestalten, ausgefallene Kostüme und verdrehte Settings wunderbar ausleben. Und natürlich macht er dies auch, allerdings mit leichten Abstrichen. Burtons Interpretation des klassischen Stoffes ist schrill, bunt, laut und voller verrückter Ideen und Einfälle - eben so abgedreht, wie man es von "Alice im Wunderland" auch erwarten würde. Man kann zwar nicht unbedingt von einem Meisterwerk sprechen, dafür musste sich Burton ganz offensichtlich zu sehr an die Vorgaben des Buches halten und nur sehr wenig Eigenkreativität einfliessen lassen und ganz sicher hat Burton auch schon wesentlich bessere Streifen abgeliefert. Aber "Alice im Wunderland" hat einen ganz besonderen, eigenen Charme. Einen, der den Zuschauer fesseln und mitreißen kann. Wenn man sich - wie so oft - darauf einlassen kann.
Trotz eines etwas holprigen Starts mit etwas ekelhaft-überzogenen Charakteren geht die Sache richtig los, als Alice den Weg in den Kaninchenbau findet. Zunächst noch recht treu nach dem Original, entwickelt sich das ganze dann doch in eine eigene Richtung. "Alice im Wunderland" ist an vielen Stellen auch zu sehr Disney und lässt den ultimativen Burton-Faktor etwas vermissen. Burton inszeniert wie gewohnt optisch höchst brillant. Der Streifen stellt eine Mischung aus typischen familientauglichen Disney-Elementen und düsteren Burton-Vision dar. Das führt aber auch dazu, dass "Alice im Wunderland" auf der eine Seite gar nicht mal so wirklich für die Kleinen geeignet ist und auf der anderen Seite für das Erwachsene Publikum nicht den Sprung in ein völlig verrücktes Märchen wagt. Das ist aber auch das Einzige, was den Film von einer höheren Wertung abbringt.
Denn es ist schön zu sehen, dass Burton die altbekannte Geschichte nicht einfach nur nacherzählt, sondern sie mit dem zweiten Teil "Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln" durchmischt hat. Dadurch hat er irgendwie seine eigene Version der Geschichte geschaffen.
"Alice im Wunderland" indess ist ansonsten ein extrem unterhaltsames und mit schwarzem Humor gespicktes Märchen, das ein Riesenvergnügen für Jung und Alt darstellen kann. Kostüme, Setting und auch die gelungene Musik von Danny Elfman unerstützen den Fanatasierausch, aber hauptsächlich überzeugen kann der hervorragende Cast, der mit Mia Wasikowska als Alice eine bezauberte Hauptdarstellerin gefunden hat. Aber auch Anne Hathaway und Helena Bonham Carter wissen zu gefallen, lediglich Johnny Depp spaltet die Gemüter. Er wirkt, als hätte er nie wirklich aus seiner Piratenrolle herausgefunden, schafft es aber immerhin seiner Rolle als Hutmacher etwas mehr Bedeutung zu verleihen. Burton versteht es eben auch, skurrile Figuren in voller Quietschigkeit aufeinander loszulassen.
Trotzdem bleibt "Alice im Wunderland" sehenswertes Popcorn-Kino, welches man sicher nicht zu Tim Burtons besten Filme zählen, aber zum Abtauchen in eine fantasiereiche Welt bestens nutzen kann.
7/10
Montag, 30. Mai 2016
Hitman: Agent 47 (2015)
Agent 47 (Rupert Friend) ist ein unbarmherziger Profikiller, der nach jahrelanger Forschung und 46 vorangegangenen Klonversuchen in einem Genlabor herangezüchtet wurde, um mit gesteigerter Stärke, Intelligenz, Schnelligkeit und Ausdauer als perfekte Tötungsmaschine zu fungieren. Sein neuester Auftrag führt ihn nach Berlin, wo er die junge Katia (Hannah Ware) ins Visier nimmt, die nach einem verschollenen Mann sucht und über eine übernatürlich geschärfte Wahrnehmung verfügt. Plötzlich taucht der mysteriöse John Smith (Zachary Quinto) auf, der Katia vor 47 beschützt und mit ihr in die amerikanische Botschaft flüchtet. Doch auch dort sind sie nur scheinbar sicher. Schließlich haben auch noch der skrupellose Geschäftsmann Le Clerq (Thomas Kretschmann) und sein ominöser, fast allmächtiger Konzern ihre Hände im tödlichen Spiel...
Die Umsetzung eines Videospiels zu einem Film ist immer eine ziemlich schwierige Aufgabe, da sich die Spiele viele mehr Zeit für die Umsetzung der Story leisten können und der Film keinerlei Möglichkeit der Interaktion und der verschiedenen Lösungswege anbieten kann. Schon 2007 versuchte man sich an der Umsetzung und heraus kam ein gerade noch guter Film, der vor allem durch seinen charismatischen Hauptdarsteller punkten konnte, aber ansonsten auf ganzer Linie (und im Kontext der "Hitman"-Story) versagte. Nun also ein Reboot von dem bis dato und aktuell noch unbekannten Aleksander Bach, der es leider nicht geschafft hat, dem Franchise einen richtig guten Neustart zu spenderen. Hier agieren leb- und seelenlose Figuren ihre Gefühle und Pflichten aus, in einer Geschichte die kaum der Rede wert ist, die nahe den blanken Unsinn tangiert. Rupert Friend als titelgebender "Agent 47", dessen Gesicht zwar irgendwie immer an Orlando Bloom erinnert, aber irgendwie auch gut zur Agent-Figur passt ist dabei nicht ganz schlecht gewählt. Zachary Quinto mimt den nahezu übermächtigen Gegenpart, bleibt aber weit hinter seinen Möglichkeiten.
Den Erschaffer aller Hitmänner und -töchter zu suchen ist Katalysator für die Präsentation von viel hyperventilierende Action in futuristischen CGI-Design, das ist durchaus hübsch anzusehen. Nicht nur weil "Agent 47" in der ersten Hälfte den Berlin-Heimat-Bonus hat sondern es auch schafft, die zusammengeschusterten Genre-Stereotypen einigermaßen mit Hektik zu kaschieren. Rigoros setzt der Film auf Spektakel und Schauwerte, hüpft entschlossen und waffenstarr von einem Action-Set-Pieces zum nächsten. Dazwischen wird irgendetwas Pseudophilosophisches über selbstbestimmtes Leben und Menschlichkeit geschwafelt, nur kurz, um es dann in einen hemmungslosen Gewaltfetischismus ordentlich krachen zu lassen. Immerhin kann das unterhalten, denn die Actionsequenzen sind recht brutal und zudem gut gefilmt und choreografiert. Aber das reicht eben nicht aus, um an die Spitze des Action-Olymp zu gelangen.
6/10
Sonntag, 29. Mai 2016
He Never Died (2015)
Jack (Henry Rollins) ist depressiv und dank seines anti-soziales Verhaltens verbringt er seine Tage nur noch mit Schlafen und Fernsehen. Sein Leben ist kurz gesagt die Hölle. Für ihn wird Alltagstrott neu definiert, denn er wandelt schon seit Tausenden von Jahren auf der Erde. Doch als ihn dann plötzlich seine Vergangenheit in Gestalt seiner 19-jährigen Tochter wieder einholt, wird er aus seiner Lethargie gerissen. Andrea (Jordan Todosey) taucht auf seiner Türschwelle auf, um ihren Vater besser kennenzulernen. Doch die glückliche Familienzusammenführung währt nicht lange, denn finstere Gesellen entführen die junge Frau. Doch die haben die Rechnung ohne Jack gemacht, der sich bestens damit auskennt, dem Bösen den Garaus zu machen.
Henry Rollins, ehemaliger Sänger der guten alten Hardcore-Band "Black Flag", ist Jack. Jack, ein einfacher wortkarger Typ mittleren Alters, der in seinem mittelmäßigem Appartement ein Dasein von scheinbar unsterblicher Langeweile frönt. Zwischen Bett, Couch, ominösen Treffen auf öffentlichen Parkplätzen und regelmäßigen Besuchen in einem Diner, samt vegetarischem Essen und Tee besticht unser irgendwie sympathischer, stoischer, stumpfer und stressresistenter Eigenbrödler durch One-Liner und einer eindrucksvollen "Fuck it Dude, lets do Bingo"- Attitüde der selbst Brad Pitt in "True Romance" nicht gewachsen wäre.
Das plötzliche, ungewollte und unliebsam spontane Aufeinandertreffen von Jack und seiner Tochter das selbstverständlich unter keinem sehr kommunikativem Stern stand, bringt die sehr langsame Bestandsaufnahme gemächlich in Fahrt und selbst bei Jack regen sich alte Emotionen, die möglicherweise etwas mit den Blutkonserven in seinem Kühlschrank oder auch mit der nächstliegenden Entführung seiner Tochter zu tun hat. So macht sich Jack, der zwischenzeitlich Anflüge in Punkto Stärke und Resistenz zeigt, die einem Jack der Tekken-Reihe in nichts nachstehen, mithilfe der netten Diner-Dame, derer Flirt-Versuche natürlich auf taube Ohren stoßen, auf die Suche. Der Suche nach seiner Tochter und macht dem Zuschauer im gleichen Atemzug seine mysteriöse Herkunft Schritt für Schritt deutlicher, auch wenn trotzdem einiges irgendwie, irgendwo einfach auf einem irrelevantem Bingo-Zettel abgestempelt wird.
Insgesamt ein ziemlich nettes naturalistisches, leicht mystisches Kleinod mit einem komatös coolem Hauptdarsteller, spaßigen Situationskomiken die so einfach wie genial sind und lässigen Sprüchen, das sich leider, wie unter mir schon vermerkt, teilweise etwas zu sehr zieht und in Sachen Gore durchaus etwas expliziter hätte sein können. Trotzdem, ein ansprechendes kleines Filmchen.
7/10
Von I-On Media kommt der Film auch im auf 1500 Stück limitierten Mediabook:
Drag Me To Hell (2009)
Damit die Eltern ihres Freundes Ray (Justin Long) mehr von ihr halten, will Bankangestellte Christine (Alison Lohman) die Karriereleiter hinaufklettern. Also beeindruckt sie ihren Chef Mr. Jacks (David Paymer), indem sie der Roma Mrs. Ganush (Lorna Raver) einen dringend benötigten Kredit verweigert. Der alten Frau hilft kein Flehen, Christine bleibt bei ihrer Entscheidung - und wird von Mrs. Ganush kurzerhand verflucht. Die hübsche Frau hat plötzlich schreckliche Visionen, die ihr das Leben zur Hölle machen. Schon bald befindet sie sich in tödlicher Gefahr...
Sam Raimi versteht einfach was von vernünftigen Horrorfilmen. Ein Horrorfilm fährt ja grundsätzlich besser damit, wenn der Film selbst weiß dass er totaler Schwachsinn ist. Horrorfilme mit Dämonen, Monstern und Zombies wirken nur in den wenigsten Fällen unterhaltsam, wenn sie sich komplett bierernst nehmen. Und Sam Raimi wusste das schon immer und lieferte bereits mit der "Tanz der Teufel"-Reihe eine der besten Horror-Reihen aller Zeiten ab. In seinem "Drag Me To Hell" erkennt man so unglaublich viele Elemente aus der Saga, dass der Film für jeden Fan einfach nur ein purer Hochgenuss sein muss.
Raimi inszeniert somit diesen fantastischen Grusel-/Horrorfilm mit viel Geschick und Selbstironie. Es gibt viele Sachen zum schmunzeln und dennoch ist der Film gruselig, wenn er gruselig sein soll. Hinzu kommt eine richtig starke Kamera-Arbeit, die sämtliche Bilder und Grusel-Momente perfekt einfängt und nie hastig hin und her wackelt. Allein der "epische" Kampf zu Beginn zwischen Christine und der alten Frau ist so absurd witzig, dass man frühstens ab hier schon weiß, dass der Film sich selbst nicht zu ernst nimmt und eigentlich nur unterhalten will und das ist bei Horrorfilmen dieser Art enorm wichtig.
Alison Lohman, spielt ihre Rolle, trotz der selbstironischen Aura des Films, wirklich überzeugend und übermittelt sehr glaubwürdig ihre Ängste, Panik und Wut. Auch Justin Long ist hervorragend in seiner relativ undankbaren Rolle. Allerdings ist es nett, dass sein Charakter nicht dieser typische "ich glaube meiner Freundin nichts"-Trottel ist. Er hätte nur definitiv mehr Screentime und Aufmerksamkeit verdient. Zu guter letzt fällt Dileep Rao sehr positiv auf, der hier als bärtiges Medium eine ganz sympathische Figur macht.
Unterm Strich zeigt Sam Raimi erneut, wieso er ein so unglaublich guter Regisseur ist. "Drag Me To Hell" ist amüsant, clever, unterhaltsam und verschwendet so gut wie keine Spielzeit. Man kann wirklich angenehm überrascht sein von diesem Film, der defintiv einer der besseren Vertreter des Horror-Genres ist. Das Ende ist leider etwas offensichtlich, dennoch kann man mit dieser Art von Schluss-Pointe gut leben. Große Empfehlung.
7/10
The Mechanic (2011)
Das hat Auftragskiller Arthur Bishop (Jason Statham), der einer der Besten seines Berufs ist, nicht kommen sehen! Eines Tages wird er vom geheimnisvollen Geschäftsmann Dan Sanderson (Tony Goldwyn) beauftragt, seinen Freund und Mentor Harry (Donald Sutherland) zu töten. Der Profi zieht den Job durch. Er lockt den Rollstuhlfahrer in eine Tiefgarage und erschießt ihn. Danach zerbricht er fast an Harrys Tod. Dessen Sohn Steve (Ben Forster) geht es ähnlich - die beiden treffen sich am Grab. Steve will nun zum Assassinen geschult werden, um seinen Vater zu rächen. Ausgerechnet Arthur soll ihn ausbilden...
Simon Wests "The Mechanic", das Remake des gleichnamigen Films mit Charles Bronson, kann sich tatsächlich sehen lassen. Die Story ist nicht unnötig in die Länge gezogen, die Action ist gut platziert und die Spannung gekonnt an die richtigen Stellen gesetzt. Sofort ist der Zuschauer gefesselt, findet sich im Kugelhagel wieder und verfolgt gespannt die nächsten Schritte der Protagonisten. Ein bisschen Vorhersehbarkeit ist erlaubt, doch schafft es "The Mechanic" auch zu überraschen.
Der Streifen ist dabei verblüffend stilsicher in Szene gesetzt, wobei ihm etwas von der skrupellosen Kaltschnäuzigkeit des Originals verloren geht. Jason Statham ist und bleibt dabei der Meister der abstrusen Auftragsmörder-Streifen. Zunächst ein stiller Killer, legt Statham im Laufe des Films ganze Strassenzüge in Schutt und Asche, ohne dass irgendjemand intervenieren würde. Naja. Das größte Problem ist aber, dass Statham über seine Standard-Rolle hinaus einen seltsamen Emotionspfropfen hinter sich her schleift, der den Genuss an stumpfer aber hübsch choreographierter Action behindert. "The Mechanic" zeigt sich ganz deutlich als überdurchschnittlicher Action-Film mit den obligatorischen Logik-Fehlern in der Handlung, nach denen man genrebedingt aber nicht fragt. Störend wird es, wenn in diesem Konzept zu wenig Action vorkommt und dafür zu viel gezwungene Emotion. Trotzdem äusserst unterhaltsam und mit gutem Wiedersehenswert.
7/10
Samstag, 28. Mai 2016
葉問3 - Yip Man 3 - Ip Man 3 (2015)
Hong Kong, 1959: Der legendäre Wing-Chun-Kampfsportler Ip Man (Donnie Yen) führt ein beschauliches Leben mit seiner gesundheitlich eingeschränkten Frau Wing-sing (Lynn Hung) und seinem Sohn Ip Ching (Wang Yan Shi). Doch als der korrupte US-Bauspekulant Frank (Mike Tyson) und seine Schergen das Land, auf dem die Schule von Ips Sohn steht, an sich reißen wollen, schreitet der Meister ein. Zusammen mit dem talentierten Wing-Chun-Kämpfer Cheung Tin-chi (Jin Zhang) und dem Vater von Ip Chings Mitschüler Cheung Fung, macht es sich der Martial-Arts-Meister zur Aufgabe, die Schule mit allen Mitteln vor dem raffgierigen Frank zu schützen und für Gerechtigkeit zur sorgen. Als Ip schließlich Frank gegenübersteht, kommt es zu einem ausufernden Kampf, der über das Schicksal der gesamten Schule entscheiden soll.
Der neueste Beitrag in die Saga um Wing-Chun-Ikone Ip Man ist ein adäquater dritter (fünfter) Teil, der die im Vorgänger eingeschlagene Fahrtrichtung, weg vom westlichen Biopic hin zum ikonischen Genrefilm, konsequent weiter geht. Vom unangenehmen Nationalismus hat man sich hier aber dankenswerter Weise verabschiedet.
Inhaltlich ist "Ip Man 3" sehr simpel und wenig ambitioniert. Mehr als üblicher Genrestandard ist kaum zu erwarten. Der Film wirkt mit seinen drei Handlungssträngen zudem reichlich inkohärent. Zuerst baut man den Plot um Tysons Schlägertruppe als Hauptstrang auf, nur um ihn dann nach zwei Dritteln wieder zu beenden. Dem Film tut dies allerdings gut, denn dieser Part bietet die eindeutig schwächsten Minuten. "Iron" Mike Tyson spielt unfassbar schlecht, was wegen seiner geringen Screentime zum Glück nicht weiter ins Gewicht fällt. Wenn dann die Nebenhandlung um Zhang Jin ins Zentrum rückt wird "Ip Man 3" deutlich besser und man bekommt endlich ganz klassisches Kung-Fu-Kino geboten. Zwischenzeitlich gibt es noch reichlich familiäres Melodrama, das aber immerhin ganz ordentlich verpackt wurde und nicht ganz so rührselig ausgefallen ist wie üblich. Darstellerisch wird dabei solide Kost serviert. Donnie Yen hat die Rolle seines Lebens gefunden und schlägt sich für seine Verhältnisse recht wacker. Für die nötige Qualität sorgt vor allem Patrick Tam, der leider nie den verdienten Durchbruch geschafft hat. Ebenfalls herausragend ist Zhang Jin, der wie schon in "Saat Po Long 2" den anderen Akteuren die Show stiehlt.
Für die Action sorgt dieses Mal niemand geringeres als Yuen Woo Ping. Dem Thema angemessen ist seine Inszenierung erstaunlich bodenständig ausgefallen. Anfangs sind die Auseinandersetzungen allerdings eher Beiwerk, werden aber spätestens mit dem druckvollen Kampf im Fahrstuhl zur Augenweide. Alles was folgt ist überaus stilvoll choreographiert und in abwechslungsreichen Locations angesiedelt. Das Finale zwischen Yen und Zhang ist aber dann wirklich sagenhaft und vermutlich der spektakulärste Wing-Chung-Kampf seit Ewigkeiten. "Ip Man 3" hebt damit wieder das Niveau, dass seine beiden Vorgänger "Ip Man Zero" und "Ip Man: Final Fight" so heruntergezogen hatten - allein schon durch die Anwesenheit von Donnie Yen.
7,5/10
Von SPLENDID erschienen die fünf Teile der "Ip Man"-Saga im limitierten Mediabook im Vinyl-Format als "IP MAN - THE COMPLETE COLLECTION" mit 60-seitigem Bildband.
Quellen:
Inhaltsangabe: Splendid
El Cadáver De Anna Fritz - Die Leiche der Anna Fritz (2015)
Spaniens größter Filmstar Anna Fritz (Alba Ribas) wird plötzlich tot in ihrem Hotelzimmer aufgefunden. Sie gehörte zu den begehrtesten Frauen des Landes und die Trauer über ihren Verlust ist bei Fans groß. Der Körper der Verstorbenen wird in der Leichenhalle des Hospitals aufbewahrt, in dem Pau (Albert Carbó) arbeitet. Der junge Mann ist schüchtern und fasziniert von den sterblichen Überresten der Berühmtheit, die auch im Tod nichts an ihrer Schönheit eingebüßt hat. Einen Blick auf den Leichnam wollen sich auch Paus angetrunkene Freunde Ivan (Cristian Valencia) und Javi (Bernat Saumell) nicht entgehen lassen. Also führt der Krankenhausangestellte die beiden zu ihr. Als sie die Tote schließlich vor sich haben, reicht ihnen das nicht. Sie überschreiten eine Grenze… und plötzlich schlägt Anna ihre Augen auf.
Bitterböse ist das richtige Attribut für "Die Leiche der Anna Fritz", denn was der spanische Regisseur und Co-Autor Hèctor Hernández Vicens seinen Figuren inklusive und insbesondere der bedauernswerten Anna da abverlangt, ist nicht ohne. Nekrophilie, Eigentum und Ausbeutung des weiblichen Körpers, Auswirkungen von prominenter Vergötterung, Geilheit auf passive und unterwürfige Frauen. Dieser offen gelegte Subtext hätte als pechschwarze Kommentare zu einem Männlichkeitsbild werden können. Handwerklich lässt sich nichts bemängeln. "Die Leiche der Anna Fritz" wirkt von der technischen Inszenierung abgeklärt, nicht unbedingt wie ein Debütfilm, und ist zudem mit relativ unbekannten Gesichtern ordentlich besetzt. Sie wissen ihre Rollen ansprechend auszufüllen, wobei diese natürlich durchsichtigen Stereotypen entsprechen. Damit sind wir bereits beim deutlichsten Kritikpunkt, denn vorhersehbar ist das Ganze von vorne bis hinten, sobald die Handlung richtig ins Rollen kommt.
Lediglich der Charakter von Pau (Albert Carbó) besitzt einen Hauch von Ambivalenz, aber auch die nicht besonders differenziert, was ihn genauso klar berechenbar macht wie seine Freunde, die von Beginn an das Gut- und Böse-Schild auf der Stirn tragen. Das Setting des Films ist verhältnismäßig einfach, denn es spielt fast ausschließlich in der Leichenaufbewahrungshalle eines spanischen Krankenhauses. Leider bleibt der Film aber nicht bei seinen unbequemen und grenzwertigen Themen sondern ruht sich auf der Komfortzone eines herkömmlichen, arg konstruierten und vorhersagbaren Hitchcock-Thrillers aus. Das ist nach dem bitteren Versprechen des ersten Aktes ein wenig enttäuschend. Allerdings erschafft er ein Keller-Kammerspiel aus kalte-blassen Leuchtröhren-Licht und sterilisierter, moralischer Verkommenheit. Den reinen Thrill beherrscht Debütant Hèctor Hernández Vicens solide und nach diesem Film darf man gespannt sein auf die Dinge die da noch kommen.
6/10
Freitag, 27. Mai 2016
Go Trabi Go (1991)
Nach dem Fall der Berliner Mauer und der plötzlichen Wiedervereinigung möchte der Deutschlehrer Udo Struutz (Wolfgang Stumph) mit seiner Frau Rita (Marie Gruber) und seiner Tochter Jaqueline (Claudia Schmutzler) endlich die langersehnte Italienreise unternehmen. Zuvor nicht zu denken, wird nun aus dem Traum Wirklichkeit. Die Familie aus Bitterfeld bricht mit dem vollbepackten Trabant, liebevoll nur "Schorsch" genannt, gen Alpen auf. Natürlich geht dies nicht ohne Pleiten, Pech und Pannen vonstatten: Rita baut einen Unfall, Jaqueline reißt aus, die Familie wird beklaut und der "Trabi" erweist sich als nicht immer ganz so zuverlässiges Vehikel, wie es der Hersteller angepriesen hat...
Sonntag, 22. Mai 2016
National Treasure: Book Of Secrets - Das Vermächtnis des geheimen Buches (2007)
Beruflich hat Schatzjäger Benjamin Franklin Gates (Nicolas Cage) keinen Grund zum Klagen. Er ist ein berühmter Mann, nachdem er zusammen mit Kumpel Riley Poole (Justin Bartha), Vater Patrick (Jon Voight) und Freundin Abigail Chase (Diane Kruger) den legendären Schatz der Freimaurer und Tempelritter entdeckte. Das private Glück zwischen Gates jr. und Chase jedoch ist vorbei. Die beiden leben frisch getrennt, werden aber dennoch durch einen neuen Fall wieder vereint. Der dubiose Geschäftsmann Mitch Wilkinson (Ed Harris) behauptet, dass Gates' Ur-Ur-Großvater zu den Verschwörern gehörte, die am 14. April 1865 US-Präsident Abraham Lincoln (Glenn Beck) ermordeten. Im Tagebuch des Attentäters John Wilkes Booth (Christian Camargo) sollen sich Hinweise verbergen, die die Hintergründe aufklären. Allerdings fehlen diesem historischen Dokument die 18 wichtigsten Seiten. Gates und sein Gefolge reisen um den halben Erdball, um das Rätsel zu lösen. Aber nicht nur, dass ihnen Wilkinsons Schergen im Genick sitzen, auch das FBI interessiert sich für Gates. Kein Wunder, hat er doch den amtierenden Präsidenten der USA (Bruce Greenwood) zur Deutung eines Hinweises vorübergehend entführt...
Wie bereits der Vorgänger ist auch "Das Vermächtnis des geheimen Buches" ein recht guter Abenteuerfilm. Die Optik des Films ist erneut richtig gut und auch die Inszenierung gewaltig, die Orte zahlreich und passend gewählt. Darüber hinaus ist der Cast des ersten Teils wieder an Bord, was für einen gewissen Wiedererkennungswert sorgt und wohlige Gefühle vermittelt. Justin Bartha, Diane Kruger und Nicolas Cage harmonieren gut zusammen, wobei vor allem Letzterer hier etwas heraussticht. Sicherlich ist es bei Nicolas Cage so eine Sache und entweder man mag seine eigene Art oder eben nicht. Auch die - vergleichsweise - wenigen Actionszenen sind gut aufgemacht, wenngleich etwas zu sehr recycled.
Jedoch gibt es ein großes Manko im Storytelling: man weiß von Beginn an, wer Präsident Lincoln ermordet hat, weswegen die Spannung danach, was das Attentat angeht, schlicht und ergreifend raus ist und man merkt bald, dass der Film sich selbst ganz schön konstruiert und sehr zwischen hanebüchenem Zusammenhängen/Bauten und historischen Begebenheiten hin und herdriftet - und das noch nicht einmal geschickt. Immerhin bringt dies eine ganze Menge Humor mit sich und beim Abenteuer-Genre drückt man vielleicht auch gern ein Auge zu. Alles in allem ist aber "Das Vermächtnis des geheimen Buches" ein kurzweiliger Film, der einen seicht unterhalten kann
6,5/10
Balada Triste De Trompeta - Mad Circus: Eine Ballade von Liebe und Tod (2010)
1937: Der spanische Bürgerkrieg tobt und die Republikaner bedienen sich aller Mittel, um den Militäraufstand der Faschisten unter der Führung von Franco zu stoppen. Da wird sogar ein Zirkus rekrutiert, um auf der Seite zu kämpfen. Darunter ein Clown (Santiago Segura), der sich noch in vollem Kostüm seine Machete schwingend durch die faschistischen Scharen metzelt. Doch Franco siegt und lässt den Clown vor den Augen seines Sohnes hinrichten. Rund drei Jahrzehnte später: Der Sohn, Javier (Carlos Areces), ist erwachsen geworden und will als trauriger Clown in die Fußstapfen seines Vaters treten. An der Seite des lustigen Clowns Sergio (Antonio de la Torre) bekommt er eine Chance in einem bunten Wanderzirkus. Schnell wirft er ein Auge auf die schöne Akrobatin Natalia (Carolina Bang). Die ist allerdings mit Sergio liiert, der sie brutal misshandelt. Schnell gerät Javier in Natalies Bann, was er beinahe mit dem Leben bezahlt – der Auftakt zu einem mörderischen Amoklauf, zahlreichen Verwicklungen und einer Geschichte voller Blut und Verderben, die Javier direkt bis zu Diktator Franco (Juan Viadas) führt.
Ein sehr atmosphärischer und eindringlicher Film von Regisseur Álex de la Iglesias aus Spanien, der weit weg von der Komfortzone dem Zuschauer auf Herz und Nieren fühlt, in dem allerlei Absurditäten und Splattereinlagen auf einen einprasseln. Handwerklich sehr gut gemacht, vom bizarren Intro bis zum etwas größenwahnsinnigen Finale. Die Stimmung ist düster und passend, die Figuren schräg und der Film hat eigentlich alles, was es zum Ekel-Movie braucht.
Und doch drängt sich die Frage auf: Was soll das Ganze? Ein trauriger Clown verliebt sich in eine Kollegin, die mit einem schwer gestörten lustigen Clown zusammen ist, sodass der Traurige seine Rachegelüste entdeckt und selbst schwer gestört wird. Der Film ist zwar skurril aber nicht lustig. Kritisch, zynisch, philosophisch, dazu absolut traurig und verstörend, das ja. "Mad Circus" ist eine Metapher, die man verstehen oder zumindest im Ansatz begreifen muss, um die vollkommene Schönheit dieses Filmes erkennen zu können. Es ist ein schwerer, erdrückender Film mit viel inflationär absurder Gewalt, pausenlos dreckiger Atmosphäre, kaputten Charakteren, die zynischer nicht hätten gezeichnet werden können. Es ist eine Rebellion, eine Suche nach Liebe in einer zerrissenen und unsicheren Welt.
Ein Ausnahmefilm, den man sich - als Genrefan - ansehen muss. Allein der Seherfahrung wegen, ganz zu schweigen von der Inszenierung, dem Drehbuch, der Regie und der Kamera, den dystopischen Bildern. Er ist eine detailgenaue, mit Liebe zum Medium Film gemachte Odyssee, durch die schillernde und absolut witzige und bizarre Welt eines Zirkus - eines tief melancholischen und sadomasochistischen Zirkus, ja, eine groteske Metapher. Und vielleicht der aussergewöhnlichste Liebesfilm aller Zeiten.
7/10
National Treasure - Das Vermächtnis der Tempelritter (2004)
Benjamin Franklin Gates (Nicolas Cage) gehört zu einer Familie von Schatzsuchern, die seit acht Generationen nach einem legendärem Schatz der Freimaurer suchen: Gates schafft es nun endlich, mithilfe des Computerexperten Riley (Justin Bartha) und dem Team von Ian Howe (Sean Bean) einen weiteren Hinweis zu finden. Doch Howe gönnt den beiden den Erfolg nicht und verübt einen Anschlag auf sie. Glücklicherweise überleben sie und machen sich sofort auf den Weg, um den Schatz zu finden, bevor Howe schneller ist...
"Das Vermächtnis der Tempelritter" ist die perfekte Abendunterhaltung. Mit sympathischen, wenn auch etwas blassen Charakteren, haben Regisseur Jon Turteltaub und Produzent Jerry Bruckheimer Abenteuerkino erschaffen, dass auf Fragmenten der amerikanischen Geschichte basierend eine tolle Alternative zu den Abenteuern von "Indiana Jones" darstellt. Sicherlich ist "Das Vermächtnis der Tempelritter" kein Quell an originellen Einfällen oder gar eine Weiterentwicklung des Actionkinos, denn vieles, wenn nicht gar alles, hat man so oder ähnlich schon in anderen Produktionen gesehen. Über einen großen Teil seiner Handlung erstreckt sich "Das Vermächtnis der Tempelritter" aber mit jeder Menge Tempo und weiß durchaus zu unterhalten, auch wenn Wendungen immer absehbar bleiben und die Hauptdarsteller von den Bösewichten selbst aus einem Meter Entfernung prinzipiell verfehlt werden. Spätestens im letzten Drittel wird die Stimmung etwas gehemmt, wenn sich bereits ein ordentlichen Maß an Zufällen und Last-Minute-Rettungsaktionen angehäuft haben und diese in ihrer überspitzten Integration dann nur noch störend auffallen. Trotzdem darf man dieses Werk ruhigen Gewissens als "solide" Unterhaltung bezeichnen, das ehrlicherweise gar keinen Hehl daraus macht, hier und da einige Anleihen von berühmten Vorbildern übernommen zu haben.
7/10
The Thing (2011)
Als eine norwegische Forschungsgruppe bei einer ihrer Expeditionen in der Antarktis auf ein außerirdisches Raumschiff stößt und eine scheinbar leblose Kreatur darin entdeckt, lässt die Paläontologin Kate Lloyd (Mary Elizabeth Winstead) nicht lange auf sich warten. Zusammen mit ihren Assistenten Davida Morris (Davetta Sherwood) und Adam Goodman (Eric Christian Olsen) möchte Kate die außerirdische Lebensform näher unter die Lupe nehmen. Bei einem Experiment, in dem das Wesen aus seiner Eishülle befreit wird, kommt es zum unerwarteten Erwachen, das zahlreiche Opfer zur Folge hat. Die junge Forscherin und ihre Assistenten schließen sich dem Hubschrauberpiloten Sam Carter (Joel Edgerton) an, um dem Parasiten, der jede Lebensform nachahmen kann, die er berührt, zu entfliehen. Gemeinsam müssen sie einen Plan entwickeln, wie sie die zerstörungswütige Kreatur stoppen können, bevor es die Zivilisation erreicht. Doch können sie einander noch trauen?
Warum das Prequel/Remake von John Carpenters legendärem Horrorfilm "The Thing" beim Publikum durchfiel, ist relativ schnell ersichtlich. Praktisch jeder, welcher mit der Vorlage, welche ja selbst schon ein Remake ist, vertraut ist, wird höchstwahrscheinlich mit einer von zwei Erwartungshaltungen an den Film herangegangen sein. Einerseits mochte man einen Film sehen, welcher das altbekannte Szenario vom formwandelnden Alien-Monster in der Antarktis aufgreift und dieses mit derart frischen Ideen anreichert, dass am Ende ein eigenständiges Werk dabei herauskommt. Zum anderen hingegen hofft man auf eine Hommage, welche die filmische Vorlage durch Ton, Musik, Tempo und Symbolik einfängt und somit für ein sehr uneigenständiges, aber dennoch stimmungsvolles Erlebnis sorgt, welches die gute alte Zeit wieder aufleben lässt.
Fakt ist - und das ist wahrscheinlich einer der Hauptgründe für den merkwürdigen Eindruck, den das Werk hinterlässt - dass Regisseur Matthijs van Heijningen Jrs. "The Thing" sowohl darin scheitert, eine anständige Hommage zu sein, als auch einen eigenständigen Horrorfilm zu bilden. Der Schnitt zwischen beidem geht direkt durch die Mitte und der Film gleicht damit jenem doppelgesichtigem Monster, welches man in diesem als auch in Carpenters Werk bestaunen kann. Der 2011er Film bildet nur eine leidliche Hommage, weil er zwar schon das gesamte visuelle Design, elementare Details und Ereignisse des Storyverlaufs kopiert, jedoch die spezifische Stimmung, die die Vorlage verbreitet, zu keiner Zeit einfängt. Und obgleich sich eine ganze Reihe an frischen Elementen in diesem Film finden, so werden sie stets überschattet vom Gefühl des "Habe ich bereits gesehen".
Hinzu kommt, dass "The Thing" mit dem denkbar falschesten aller Füße aufsteht. So etabliert der Film etwa seine Hauptfigur Kate (Mary Elisabeth Winstead) relativ früh als Fokuspunkt für den Zuschauer, doch gerade die erste Begegnung mit ihr erweckt den Eindruck, dass sie eher teilnahmslos, kalt und im Endeffekt unsympathisch daherkommt. Das ändert sich zwar im weiteren Verlauf, allerdings erreicht die Inszenierung der Charaktere nie ein wirklich hohes Niveau. Gerade der scheinbar zentrale Konflikt zwischen Kate und Dr. Halvorson (Ulrich Thomson) ist dermaßen grob gehandhabt, dass man eher mit der Stirn runzelt, anstatt sich auf dieses potenziell vielversprechende Kompetenzgerangel einzulassen. Während im Original fast jede der Figuren irgendwann im Film mindestens einen entscheidenden Gesprächsmoment und die Charaktere generell ein stärkeres Profil hatten, so bleiben viele Akteure hier, trotz vereinzelter, sympathischer Dialoge, nur Namen und Gesichter (wenn auch mit bärtigem, norwegischem Charme). Hinzu kommt, dass der erste Ausbruch des Alienmonsters noch recht lauwarm daherkommt. Er wird mit einem doppelten Jumpscare eingeleitet und der sich anschließend entfaltende Horror verläuft eher auf Sparflamme. Bei all dem schreitet das Erzähltempo deutlich schneller voran, was zwar für Kurzweil sorgt, doch lässt dies gerade die sich langsam aufbauende, bedrohliche Atmosphäre vermissen, von der man angesichts all der Referenzen an den 82er Film erwartet, dass sie jeden Moment um die Ecke schlendert. Doch wird dies zu keinem Zeitpunkt der knapp 100 Minuten Laufzeit erreicht.
Sei es die mangelhafte Etablierung der Figuren, die zu wünschen übrig lassende Atmosphäre, das dreiste Kopieren oder das eher oberflächliche Handhaben zentraler Konflikte und Themen: "The Thing" bietet eine wahre Wulst an Angriffspunkten und Schwächen, die sich durch den ganzen Film ziehen. Und dennoch: Ich mag diesen Film. Sein größtes Laster ist das Kleben an Carpenters Vorlage, denn auch wenn all das, was van Heijningens Werk an neuen Elementen hinzufügt, nicht immer glückt, so hätte man sich im Endeffekt mehr Eigenständigkeit gewünscht.
Denn nach der ersten, noch recht lauen Monsterattacke, welche eher an "The Thing" von 1951 erinnert, beginnt der Film langsam, aber stetig Spannung aufzubauen. Insbesondere die Sequenz mit dem Hubschrauber packt. Sie involviert einerseits einen clever gestrickten Ausbruchversuch des Dings als auch einen langsamen Realisierungsprozess, den Kate im Badezimmer durchmachen muss, um der Natur dieses Organismus auf die Schliche zu kommen. Die Art von Spannung, die hier aufgebaut wird, unterscheidet sich deutlich von jener, welche man in Carpenters Version sieht, ist so insgesamt gelungen und bietet grundsolide Horrorkost, die sich stetig steigert. Man mag geteilter Meinung über das Science-Fiction-lastige Finale des Films sein, doch gerade der Mittelteil des Films weiß auf seine ganz eigene Art zu überzeugen.
Auch die Monstereffekte sind im großen und ganzen sehr gelungen. Zwar ist der CGI-Überzug nicht immer gänzlich überzeugend, doch ist das Monster-Design mal wieder sehr kreativ, insbesondere in einer Szene, in welcher zwei Gesichter verschmelzen. Aber auch abseits davon ist einfach Tatsache, dass unter der seltsamen, zweigesichtigen Identität dieses Films noch immer ein solider, kurzweiliger Horrorfilm steckt, wenn man nur in der Lage ist, vom Schatten des Klassikers abzusehen, in welchem er sich befindet. "The Thing" von 2011 ist ein Prequel/Remake mit einer Reihe von Neuerungen, einem höheren Erzähltempo und mehr Story-Ereignissen, was zu Kosten der Atmosphäre und Charaktere geht und nebenbei die Ikonizität des Originals nicht erreichen kann. Doch findet sich handwerklich genug Qualität in diesem schnellen, geschmeidigen Creature-Feature, sodass man das Ergebnis noch immer gut genießen kann.
7/10
Von TURBINE erschien der Film in einer auf 2.000 Stück limitierten Box, welchen den Original-Film, die US-TV-Version, das Prequel und den Soundtrack, sowie umfangreiches Bonusmaterial enthält.
Quellen:
Inhaltsangabe: Turbine
Poster/Artwork: Universal Pictures
Donnerstag, 19. Mai 2016
[KINO] X-Men: Apocalypse (2016)
Die Welt hat sich verändert, Mutanten werden in der Gesellschaft nun weitestgehend akzeptiert. Doch ein legendärer Bösewicht schickt sich an, Menschen wie Mutanten zu unterjochen: der einst als Gott verehrte Apocalypse (Oscar Isaac), der älteste und mächtigste Mutant der Welt. Er ist unsterblich und unbesiegbar, weil er die Kräfte vieler unterschiedlicher Mutanten vereint – und er ist bei seinem Erwachen nach Tausenden von Jahren gar nicht glücklich darüber, wie sich die Welt entwickelt hat. Zur Verwirklichung seines Plans einer neuen Weltordnung bringt Apocalypse mächtige Mutanten unter seine Kontrolle: Magneto (Michael Fassbender), Psylocke (Olivia Munn), Storm (Alexandra Shipp) und Angel (Ben Hardy). Es ist an Raven (Jennifer Lawrence) und Prof. X (James McAvoy), ein Team junger Mutanten anzuführen, das sich Apocalypse in den Weg stellt...
Bryan Singer ist ambitioniert, denn augenscheinlich legt er sehr viel Herzblut in seine Filme. Und während bei "X-Men: First Class" und "X-Men: Days Of Future Past" noch vornehmlich Charles Xavier/Professor X und Erik Lehnsherr/Magneto in den Vordergrund traten, wird hier nun für die neuen Mutanten und En Sabah Nur/Apocalypse, gespielt von Oscar Isaac, Platz geschaffen. Vom Aufbau her ist "X-Men: Apocalypse" auch merklich klassischer gestrickt und umreißt so lediglich eine weltweite Bedrohung durch einen Super-Bösewicht. Dass die Rückkehr der X-Men zu ihren bunten, alten Tagen, viele im Vorfeld bereits eher geärgert als gefreut hat, ist damit absolut unverständlich. "X-Men: Apocalypse" vermischt die Elemente der alten und neuen Trilogie zu einem äußerst kreativen und actionreichen Blockbuster-Erlebnis, wie man es im Genre schon lange nicht mehr in diesem eskapistischen Ausmaß erleben durfte. Wer sich drauf einlässt bekommt einen sehr guten Film serviert, mit einigen herausragend inszenierten Szenen und einer unterhaltsamen, spannenden Story.
Der Film hat sicherlich kleinere Problemchen und beim erneuten anschauen werden diese vielleicht mehr herausstechen, aber Singers vierter Ausflug in das "X-Men"-Universum ist vor allem eins, nämlich ein echter Film. Kein simples Unterhaltungsprodukt wie manch andere Comic-Verfilmung. Ohne jetzt in den Joel Schumacher Modus überzugehen, ist "X-Men: Apocalypse" im besten Sinne eine Art Rückkehr zu den älteren Tagen der Superhelden. Der Streifen ist eine sehr angenehme Mischung aus dem ausgelassenen Wahnsinn der 80er (welcher auch passend zur Epoche des Films gewählt ist) und dem ernsthafterem Vorgang der 2010er. Singer wählt zu jeder Szene einen nahezu perfekten Soundtrack/Score und schafft oftmals die Gratwanderung zwischen Effektgewitter und Dialogszenen, ohne zu oft das Tempo herauszunehmen, wie es noch bei "Captain America: Civil War" der Fall war. "X-Men: Apocalypse" ist flott, hat erneut eine mega-fetzige und somit erneut grandiose Quicksilver-Szene zu bieten und atmet in großen Teilen die Atmosphäre der 80er Jahre.
Schön auch, dass auch hier wieder der Fokus auf die wirkungsvolle Zusammenarbeit der verschiedenen Mutanten gelegt wird. Beide Seiten scheinen sich gegeneinander zu vereinen, dennoch zählt am Ende das Teamwork, um Apocalypse klein zu kriegen. Nicht, dass die "Avengers" das nicht auch machen würden, gerade im Finale aber wird die Gruppe als solches aber zur absoluten Notwendigkeit. Durch wirklich bedrohliche Sequenzen, einen erstaunlich ruppigen Gewaltgrad und ebenso verwundbare Charaktere, zeigt sich "X-Men: Apocalypse" auch deutlich konsequenter als man es erwarten würde. Dazu kommt ein Cameo, welches einem unweigerlich ein Grinsen ins Gesicht treibt.
Aber generell fühlt sich der Film nicht so an als ob er an irgendwelches Quellmaterial gebunden wäre. Er wirkt eher wie ein richtig großer Event-Film, in dem von den einzelen Akteuren schauspielerisch weit mehr gefordert wird und in dem der Umfang des Films extrem gut gezeigt wird, sei es durch verschiedene Sprachen, Schauplätze und Erzählstränge. Um die Entscheidungen aller Figuren wirklich zu akzeptieren und nachzuvollziehen braucht es daher auf jeden Fall die letzten beiden Filme, denn Singer bemüht sich nicht, erneut tiefer in das Seelenheil bekannter Charaktere einzutauchen, dafür haut er teilweise lieber richtig auf den Putz und liefert ein Spektakel, was ich persönlich als absolut gerechtfertigt ansehe, da gewisse Umstände schlicht und ergreifend bekannt sind. Entgegen gegen aller Erwartungen ist auch Oscar Isaac als Antagonist Apocalypse wirklich gut besetzt und wertet viele Szenen durch seine bloße, widernatürlich bösartige, Präsenz auf. Auch Sophie Turner als Jean Grey und Tye Sheridan als Cyclops sind hervorragende Neuzugänge, die sich vor ihren erwachsenen Vorgängern kaum verstecken brauchen.
Natürlich ist auch "X-Men: Apocalypse" auch eine Materialschlacht,
ein klassischer Superheldenfilm mitsamt Oberbösewicht und leider immer
noch nicht so gut wie das Meisterwerk namens "X-Men: Days Of Future Past". Aber sein
ungezügelter Mut die Wege der bloßen Ernsthaftigkeit zu verlassen,
wieder etwas Zauber in die Welt der Superhelden zu bringen und eine
Epoche wirklich zum Leben zu erwecken, das hat wirklich Respekt
verdient. Und es braucht nicht nur Respekt, denn der Film macht einfach
richtig viel Spaß. Auch wenn die 50.000 verschiedenen Staub-/Steinwolken
irgendwann irritieren können, ist der Film stets auf höchstem Niveau
inszeniert und strauchelt selten in Anbetracht eines Planes ein größeres
Universum zu etablieren.
"X-Men: Apocalypse" ist ein ganzes Paket an spaßigen
Einfällen, tollen Charaktermomenten und verdammt beeindruckenden
Effekten. Außerdem hat man danach mehr als nur große Lust, "Sweet Dreams" von
den Eurythmics zu hören.
8/10
Von TWENTIETH CENTURY FOX erschien der Film exklusiv bei zavvi UK auch im limitierten Steelbook in 4K Ultra-HD:
Quellen:
Inhaltsangabe: Twentieth Century Fox
Insbesondere die erste Hälfte ist wirklich großartig und lustig, ohne hierbei übertrieben ins Klischee zu verfallen. "Schwester Stefanie" als sexy Ossi-Braut mit interessanter Kleidungswahl sowie Wolfgang Stumph als reinrassiger Sachse sorgen für etliche Lacher, aber auch die Gastauftritte von Ottfried Fischer als Ur-Bayer, Dieter Hildbrandt als KfZ-Mechaniker der alten Schule oder Diether Krebs als ADAC-Trucker mit 128 Trabi-Witzen sind groß. In der zweiten Hälfte geht dem Film leider, passend zum Zustand von Protagonist Schorsch, das Benzin aus und der Film verliert massig an Fahrt und Spritzigkeit. Als gelungene Hommage an vergangene Zeiten und Autos - oder so etwas Ähnliches - ist "Go Trabi Go" jedoch definitiv gelungen.
7/10