Montag, 28. Dezember 2015

The Boondock Saints - Der blutige Pfad Gottes (1999)

http://www.imdb.com/title/tt0144117/

Die Schergen der Russen-Mafia hätten es sich besser überlegen sollen, ob es eine gute Idee ist, am St. Patricks Day einen Pub im irisch dominierten South Boston zu schließen. Bei ihrem Versuch treffen sie auf den erbitterten Widerstand der Stammgäste Connor (Sean Patrick Flanery) und Murphy MacManus (Norman Reedus). Die Russen ziehen lädiert von dannen, wollen sich aber am nächsten Tag die beiden Iren vorknöpfen. Das bezahlen sie mit dem Leben. Da Connor und Murphy angesichts ihres Widerstandes gegen das organisierte Verbrechen große Sympathien entgegen schlagen, beschließen sie, den Pfad der Bestrafung weiter zu gehen. Die beiden beginnen einen handfesten Kampf gegen die russische und italienische Mafia. Dabei müssen sie mehr als einmal um ihr Leben fürchten. Außerdem ist der exzentrisch auftretende Polizist Paul Smecker (Willem Dafoe) hinter den beiden her, da er mit der Aufklärung der Mordserie befasst ist.

"Der blutige Pfad Gottes" ist ein klarer Fall von 'style-over-substance'. Das heißt im Klartext, Regisseur Troy Duffy prügelt seinem Film die Coolness uninspiriert ein. Aber er schuf mit "The Boondock Saints" einen Kultfilm. Und dabei ist - rein objektiv betrachtet - "Der blutige Pfad Gottes" eigentlich keine Erwähnung wert. Pure und exzessive Gewaltverherrlichung, gepasst mit Selbstjustizthematik und unausgereifter Erzählstruktur, mangelhafte Charakterzeichnung, ja, nicht einmal ein durchgehend prägender Soundtrack. Aber dieser Film wurde sicher auch nicht gemacht, um objektiv oder eben als Ganzes betrachtet zu werden.


Szene an Szene reihen sich hier eigene Kleinstgeschichten, die geradezu nach subjektiven Konsumenten schreien und letztlich nur lose unter dem Deckel "The Boondock Saints" zusammengefügt wurden. Das ergibt auf den ersten und zweiten Blick einen ganz normalen, fast schlampig abgedrehten und für viele wohl nicht sonderlich ansprechenden Film. Beim dritten und vierten Blick wird dann aber schön langsam klar, dass jede dieser Kleinstgeschichten in sich selbst wirklich fantastisch inszeniert wurde und einen ganz eigenen Reiz entwickelt. Von fast krankhaft abgedreht bis blutrünstig, von überbordend klamaukig bis hinterrücks tiefgründig ist alles dabei. Und darin liegt vermutlich auch die Faszination, die dieser Film auf viele ausübt. Die unheimliche Motivvielfalt, die es auf fast groteske Weise schafft, gleichzeitig zum lauten Lachen und Nachdenken anzuregen, eröffnet bei jeder weiteren Sichtung wieder völlig neue Blickwinkel auf das Geschehen. und natürlich ist er in seiner Moral und Ethik gleichwohl fragwürdig.

Grossartig spielen können Sean Patrick Flanery und Norman Reedus auf Grund der genannten schwachen Charakterzeichnung leider eher nicht. Macht aber auch nix, denn so wird Willem Dafoes Rolle als homosexueller, Opern-liebender FBI-Agent noch mehr aufgewertet.  Hervorzuheben ist auch David Della Rocco, der seine Rolle als Rocco ebenso hervorragend gibt. "Der blutige Pfad Gottes" ist inmitten dieser sprühenden Charaktere sicher nicht als abgeschlossener Film angelegt. Vielmehr hat man immer das Gefühl, eine unvollendete Studie vor sich zu haben. Nichts wirkt wirklich fertig und zu Ende gedacht. Die Sprünge zwischen den einzelnen Szenen sind zum Teil sehr grobschlächtig inszeniert – nicht zuletzt durch die gewählte Kamera- und Schnitttechnik.

Gleichzeitig greift aber alles fast schlafwandlerisch ineinander. Der Zuschauer betritt in den ersten Minuten ein filmisches Reisebüro und kann selbst völlig frei entscheiden, in welche Richtung die Reise gehen soll. Und wenn einem der Trip nicht gefällt, kann man während des Films auch problemlos umbuchen und neu einchecken. Und wenn man darüber hinaus noch bereit ist, sich etwas in der angebotenen Vielfalt treiben zu lassen, wird man früher oder später den richtigen Kurs zum Filmvergnügen einschlagen. Man sollte seinen kleinen Kurzurlaub nur nicht mit allzu festgefahrenen Erwartungen und Vorstellungen beginnen, dann ist Filmgenuss garantiert. Wer allerdings eher auf den großen, glatt geleckten Kinoblockbuster nach Schema 'F' steht, sollte sich vor Reiseantritt ernsthaft Gedanken machen, ob er nicht lieber beim gewohnten Cluburlaub bleibt. Der blutige Pfad ins Paradies für Freunde des etwas spezielleren Films könnte dann doch die falsche Reiseplanung sein.

8/10

Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film 2009 im Mediabook. Mittlerweile längst ausverkauft und aufgrund des exklusiven Bonusmaterials (die Dokumentation "Overnight") kaum mit Gold aufzuwiegen.

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