http://www.imdb.com/title/tt0405094/
Oberstleutnant Anton Grubitz (Ulrich Tukur) beauftragt Stasi-Hauptmann
Gerd Wiesler (Ulrich Mühe) damit, den Dramatiker Georg Dreyman
(Sebastian Koch) und seine Lebensgefährtin, den Theaterstar
Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck), auszuspionieren. Wiesler soll
herausfinden, ob der Dramatiker wirklich so politisch loyal ist, wie er
vorgibt. Infolgedessen verwanzt das Ministerium für Staatssicherheit die
Wohnung des Künstlers und richtet auf dem Dachboden des Hauses eine
Einsatzzentrale ein, in der alles, was in Dreymanns Wohnung geschieht,
aufgenommen und akribisch protokolliert wird. Doch auch an Wiesler
selbst geht das Eindringen in "das Leben der Anderen" nicht spurlos
vorbei. Zumal er bald herausfindet, dass es bei der ganzen Aktion
eigentlich gar nicht so sehr um die Loyalität Dreymans zum Staat,
sondern um seine schöne Freundin Christa-Maria geht, an der auch andere
Männer Interesse haben...
"Das Leben der Anderen" ist das Spielfilmdebüt des deutschen
Autorenfilmers Florian Henckel von Donnersmarck, und eine Geschichte
über Mitgefühl und Empathie in einem Milieu, welches absolute emotionale
Kälte verlangt.
Der Film beschäftigt sich mit Überwachung in einem friedlich-dunklen
Kapitel der Geschichte des 20. Jahrhunderts, und damit, wie der
unbemerkt über ihnen schwebende Feind zu einem ebenso unbemerkten
Schutzengel wird. Wiesler bekommt Tag für Tag alles aus dem Leben des von ihm
Observierten mit, bis er selbst eine starke persönliche Bindung zu ihm
entwickelt hat, und nicht zusehen kann, wie sowohl Dreyman als auch
Sieland an ihren Problemen zerbrechen.
Der Film beginnt mit einer Stunde, in dem der Stasi-Hauptmann
werdenden Beamten die Verhörmethoden beibringt, und dies anhand eines
Tonbandes. Die verhörte Person schluchzt und weint, lallt mehr als er
spricht - es wurde ihm verboten, einzuschlafen.
Ein Schüler stellt die berechtigte Frage, ob es nicht eine
unmenschliche Vorgehensweise wäre. Wiesler kritzelt ein Kreuz auf den
Sitzplan der Klasse beim Stuhl des Studenten, und macht die Klasse
darauf aufmerksam, dass der Befragte mittlerweile in sich exakt gleich
anhörende Phrasen verfallen ist - jemand, der die Wahrheit sagt, würde
jedoch in unterschiedlichen Arten formulieren.
Von Donnersmarck bezeichnete die Stasi als Seelenbrecher, womit sie
im harten Kontrast zur Gestapo stünde, da diese aus Knochenbrechern
bestand. Dies wird klar, als die Stasi beim Einzug in den Dachboden von
einer Mieterin beobachtet werden. "Ein Wort und ihre Tochter verliert
ihren Studienplatz", so Wiesler. Direkt danach wendet er sich an einen
Kollegen: "Lassen Sie ihr für ihre Kooperation ein Präsent zukommen."
Es ist ein Beruf, der einem abverlangt, die Überwachten nicht als
Personen zu sehen, nicht als fühlende Individuen, doch was passiert,
wenn dieser künstlich erschaffene Abstand zwischen Stimme und Kopfhörer
bebrückt wird? Als er Sieland nachgeht, stellt er sich als ein
Bewunderer ihrer Schauspielkunst vor und verwickelt er sie in ein
Gespräch, dessen Ziel es ist, sie dazu zu bewegen, sich nicht zu
unterschätzen sondern sich wieder stark zu fühlen. Wiesler selbst begreift selbst am Wenigsten, warum er all das
tut; er ist ein Mann, der vermutlich jahrelang ohne Einfühlungsvermögen
seine Arbeit gemacht hat. Er weiß nur, dass diese Leute, deren
Gespräche, Anrufe, Emotionen er nahezu zur Gänze kennt, beginnen, ihm
etwas zu bedeuten. Und auch, dass das nicht geht. Nicht in der
Situation, in der sich jetzt alle gerade befinden. Und dass er ihnen
dennoch helfen will.
"Das Leben der Anderen" ist einer dieser Filme, die wieder
beweisen, dass auch aus Deutschland starke Filme kommen können. Mit starken Anleihen des
Thrillergenres - extrem beeindruckenden Passagen, die es innerhalb
dieses ernsten Hintergrundes schaffen, knisternde Spannung zu schaffen, wenn man herzklopfend darum bittet, dass alle Figuren mit
all ihren waghalsigen Vorhaben letztlich durchkommen - handelt es sich
bei "Das Leben der Anderen" um ein Drama, bei welchem mit jedem Beginn einer neuen Szene unklar ist,
welchen Ausgang diese, oder der gesamte Film, nehmen wird. Es ist ein
Film über eine harte Zeit, und diese kann - und wird manchmal auch -
jeden Moment zuschlagen. Alleine eine kurze Szene, in der ein
Stasi-Mitarbeiter einen Staatsverhöhnenden reißen will und von einem
Vorgesetzten ertappt, jedoch von diesem dazu ermuntert wird, ihn zu Ende
zu erzählen, wird zu einem psychologischen Spiel allererster Güte, da
wir bis zum Schluss unsicher sind, wie dünn das Eis, auf dem sich diese
Nebenfigur bewegt, wirklich ist. Dünnes Eis. Das Leitmotiv des gesamten
Filmes, welches in jeder Szene spürbar wird. Dünnes Leid und
unerwünschte Empathie.
Handwerklich, schauspielerisch und vor allem in seiner Botschaft
meisterhaft ist "Das Leben der Anderen" das Werk eines geborenen
Filmemachers, und ein Zeugnis absoluter Filmkunst, die über den mehr als
erfüllten formellen Zweck hinausgeht und sich mit den Figuren und deren
Problemen auseinandersetzt, und ein intelligentes und reichhaltiges
Werk mit einem Post-Finale für die Ewigkeit erschaffen hat.
8,5/10
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