Im Norden Frankreichs herrschen inmitten des Fischerdorfs Boulogne-sur-Mer in einer Parallelwelt die Ritter der interplanetaren Imperien. Sie alle fürchten eines am meisten: Die Geburt des Magrat, einer unreinen Bestie. Tatsächlich scheint ihre schlimmste Befürchtung wahr zu werden, als inmitten eines bürgerlichen Wohngebietes der dunkle Fürst zurückkehrt - in der Form eines neugeborenen Babys...
Wenn man sich die filmische Vita des französischen Autors Bruno Dumont so anschaut ist eine "Star Wars"-Parodie vermutlich das Letzte, womit man rechnen durfte. Die Science-Fiction-Farce "The Empire" ("L’Empire"), passt aber definitiv in sein Schema, obwohl es mit genug VFX, Lichtschwertkämpfen, Raumschiffen und Prophezeiungen ausgestattet ist, um George Lucas blass werden zu lassen. Das heißt, wenn Lucas beschließt, den nächsten "Star Wars" in einer verschlafenen Stadt im Norden Frankreichs zu spielen, einen örtlichen Mechaniker beauftragt, eine der Hauptrollen zu spielen und ein paar eklatante Sexszenen sowie die beiden tollpatschigen Polizisten aus Li'l Quinquin einzubauen. "The Empire" bietet aber atemberaubende Landschaften und beeindruckende Breitbildfotografien von David Chambille. Der Knackpunkt ist, dass diese Landschaften gelegentlich durch die Ankunft eines riesigen Schiffes unterbrochen werden, das genau wie die Sainte-Chapelle in Paris aussieht und eine mächtige interstellare Königin beherbergt, die in Form eines Hologramms erscheint, gespielt von Camille Cottin.
Ist man da verwirrt? Nun ja, auf jeden Fall, denn Dumont versucht nicht einmal, hier etwas real oder glaubwürdig zu machen. Das ist, so scheint es, ähnlich wie bei Quentin Dupieux, wohl seine Arbeitsweise. Wie bei diesen Filmen üblich, besteht das Problem darin, dass es so übertrieben ist, dass es oft anstrengend sein kann, es durchzustehen, es sei denn, man teilt zufällig Dumonts sehr ausgefallenen Sinn für Humor. Dennoch gibt es in diesem Film ein paar gute Gags sowie jede Menge kunstvoll gerenderter VFX von Hugues Namur, der historische französische Architektur, einschließlich des gesamten Chateau de Versailles, mit futuristischer Technologie verbindet und so seine intergalaktische Flotte erschafft.
Was die Handlung betrifft, so handelt es sich, genau wie in "Star Wars", um Kräfte des Guten und des Bösen. Das Gute wird durch die Kirche repräsentiert und das Böse durch die Monarchie, wobei der Veteran Fabrice Luchini eine Darth Vader-ähnliche Figur namens Belzébuth spielt. Letzterer trägt ein Hofnarrenkostüm, das wie ein Ableger aus Tim Burtons "Alice im Wunderland" aussieht. In einer Szene sitzt Luchini auf dem Thron seines schwimmenden Schlosses und sieht zu, wie etwas, das wie ein riesiger, sich drehender Hintern aussieht, zu einer dreiköpfigen Jazzband (die Cantina-Band?) herumtanzt. Zurück auf der Erde, in der Küstenstadt Boulogne-sur-Mer, dreht sich der epische Kampf um ein Kind namens Freddy, von dem sowohl die Guten als auch die Bösen glauben, dass es sich um einen zukünftigen König namens Margat handelt. Sein Vater Jony (Brandon Vlieghe) hat ihn dazu erzogen, Belzébuth zu dienen, und er wird von der sehr außerirdischen Newcomerin Line (Lina Khoudri) unterstützt. Doch ihre Pläne werden von Jane (Anamaria Vartolomei) durchkreuzt, einer Prinzessin Lea im Bikini und in Begleitung eines Rebellen (Julien Manier), der durch die Stadt zieht und mit seinem Lichtschwert Menschen enthauptet.Die Handlung ist so völlig absurd und das Schauspiel so übertrieben, obgleich es nicht ganz flach ist, dass es den Anschein hat, als würde es das gesamte "Star Wars"-Franchise in seiner absichtlichen Unfähigkeit verspotten. Indem Dumont diese Filme auf das Nötigste ihrer Handlungsstränge reduziert und ein paar visuelle Anspielungen auf andere aktuelle Science-Fiction-Hits wie "Dune" und "Arrival" einfügt, erinnert Dumont den Zuschauer gern daran, dass diese milliardenschweren Hollywood-Giganten simpel und sogar albern sein können - wenn man nur die teure Verpackung entfernt, in der sie geliefert werden. "The Empire" ist Lichtjahre von den Werken von Lucasfilm entfernt, und doch, wenn man einen Schritt zurücktritt und über all die seltsame nordfranzösische Atmosphäre hinwegblickt, kann es sich manchmal ziemlich real anfühlen. Schade also, dass Dumont nicht etwas Unterhaltsameres machen konnte, damit die Satire reibungslos ankommt. Wie seine anderen aktuellen Filme ist auch dieser nicht einfach durchzustehen, obwohl er auf jeden Fall originell und, wie üblich, tadellos gemacht ist. Man kann Dumont vieles vorwerfen, auch die Geduld des Zuschauers auf die Probe stellen, aber immerhin hat er sich nicht verkauft und ist auf die dunkle Seite übergegangen.
5/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Red Balloon Film
Poster/Artwork: Tessalit Productions
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