Der 40-jährige Cemal (Ahmet Rifat Sungar) ist ein recht einsamer Leichenwagenfahrer. Er erhält einen geheimen Auftrag: Ein junges Mädchen namens Zeynep (Cansu Türedi) wurde brutal ermordet und die Leiche soll ihrer Familie im Osten übergeben werden. Er macht sich auf den Weg. Nachts öffnet er die Hintertüren des Lieferwagens und stellt fest, dass das tote Mädchen seltsam grunzende Geräusche von sich gibt. Als er ihren Puls überprüft, stellt er fest, dass keinen hat. Das schöne lebende tote Mädchen fasziniert ihn und als Cemal sich verliebt, beginnt er, Menschen zu ermorden, um sie zu ernähren. Unterdessen hat die Polizei im ganzen Land eine Jagd auf einen Serienmörder gestartet. Als sie in Kars , dem Zielort, ankommen, erkennt Cemal, dass die "Familie", die auf Zeyneps Leiche wartet, tatsächlich eine gewalttätige Sekte ist. Nun soll mit einem Mitternachtsritual ihr Leichnam verbrannt werden...
Die Story des türkischen Beitrages "Cenaze"/"The Funeral" ist nicht völlig neu, aber auch noch nicht so sehr abgehangen, dass man sich langweilt. Quasi "Liebe auf den ersten Biss". "The Funeral" führt die Zuschauer durch das ländliche Herz der Türkei und folgt dem einsamen Leichenwagenfahrer Cemal (Ahmet Rifat Sungar). Als ihm der Auftrag erteilt wird, die Leiche eines toten Mädchens zu überführen, lehnt er erst einmal ab, lässt sich dann aber schließlich, oh Wunder, oh Wunder, von einer großen Geldsumme überzeugen. (War das nicht schon mal bei "The Vigil" so?) Immerhin scheint die Aufgabe einfach zu sein - bis er herausfindet, dass das Mädchen mit einem Verlangen nach Menschenfleisch ins Leben zurückgekehrt ist. Regisseur Orcun Behrams "The Funeral" ist düster und hoffnungslos. Cemal ist ein Mann, der scheinbar auf sich allein gestellt ist. Keine wahren Freunde, entfremdet von seiner Familie. Er verbringt seine Tage mit Trinken. Existieren, aber nicht leben. Er könnte genauso gut eine der Leichen sein, die er durch die Stadt transportiert. Mit den Augen von Cemal erschafft Behram eine Welt, die ebenso hässlich wie trostlos ist. Von abgelegenen Hotels bis hin zur Leere auf dem Land wird das Publikum durch die trostlosesten Teile der Türkei geführt, wo Armut und Verzweiflung herrschen. All das schafft eine düstere Atmosphäre, die so hartnäckig ist wie die Fäulnis, die sich am Tod erfreut. Der Film mag als "Zombie-Romanze" bezeichnet werden, aber eigentlich ist er alles andere als das. Was der Film ist, ist eine recht mutige Interpretation des ausgelutschten Zombie-Genres, das sich in das Fleisch von etwas hineinbohrt, das keine Liebe, sondern eine dunkle Obsession ist. "Return Of The Living Dead III" kommt einem in den Sinn, nur dass dies hier kein Teenager-Leidenschaft ist und über allem eine deprimierende Stimmung hängt.
Die Beziehung, die im Mittelpunkt von "The Funeral" steht, ist ebenso faszinierend wie unangenehm. Als Cemal feststellt, dass der Körper, den er transportiert, tatsächlich noch "lebt", flippt er nicht aus, er scheint nicht einmal sonderlich überrascht zu sein. Stattdessen nimmt er das Mädchen, von dem man erfährt, dass sie Zeynep (Cansu Turedi) heißt, macht sie zurecht, kauft ihr neue Kleidung und setzt sich mit ihr in sein Hotelzimmer. Sie kann nicht sprechen, ist auf ein unheimliches Keuchen reduziert, was zu vielen einseitigen Gesprächen führt. Was folgt, fühlt sich weniger wie eine aufkeimende Romanze an, sondern eher wie eine symbiotische Bindung. Zeynep füllt die Lücke in Cemals Einsamkeit, während er ihr das menschliche Fleisch liefert, nach dem sie sich sehnt (manchmal sein eigenes). Zwei Charaktere nutzen sich gegenseitig aus, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen, mit berechtigten Fragen darüber, was sie wirklich füreinander empfinden. Unnötig zu erwähnen, dass "The Funeral" eine Geduldsprobe ist, die fordernde Zuschauer schon früh verlieren könnte.Ein Vorteil ist aber, dass zwischen den beiden so wenig Verbindung besteht, dass sich das Publikum voll und ganz auf ihre Beziehung einlassen kann. Sungar ist außergewöhnlich darin, einen Mann zu spielen, der von einer inneren Dunkelheit geplagt wird, die er scheinbar nicht versteht, und Turedi stiehlt immer wieder die Show mit einer gruseligen Darbietung, die den Zuschauern Gänsehaut bereiten kann. Dennoch herrscht zwischen den Charakteren wenig Chemie. Zwischen ihnen herrscht eine erstickende Kälte, und vielleicht ist das auch die Absicht. Schließlich hat Cemal Zeynep mehr oder weniger entführt und sie gezwungen, mit ihm "zusammen zu sein" - was sich wie ein Fingerzeig zur Besessenheit der Männer aus Besitz einer Partnerin und dem unersättlichen Hunger nach Lust, Liebe, was auch immer der Fall sein mag, anfühlt. Aber ohne eine vorherige Beziehung oder ein Gefühl dafür, warum Cemal so plötzlich sein gesamtes Leben diesem untoten Mädchen anvertraut, wirken Momente, in denen er ihr erlaubt, sich von ihm und dergleichen zu ernähren, eher albern als nachvollziehbar. Erschwerend kommt hinzu, dass, sobald man die Kuriosität hinter sich gelassen hat, die eisige Luft, die zwischen den beiden hängt, für ein eintöniges Erlebnis sorgt, welches man nur schwer akzeptieren kann. Auch die Tristesse des Ganzen tut dem Film auch keinen Gefallen. "The Funeral" ist so düster, dass es für das Publikum fast überwältigend wird. Etwas subtiler Humor wie Cemal, der bei hellem Tageslicht blutige Körper ins Freie schleppt, als würde ihn niemand sehen, bietet ab und zu ein Lachen und weitere Einblicke in seine Wahnvorstellungen, aber diese Momente sind rar gesät. Behrams Film passt zur Atmosphäre der Beziehung zwischen Cemal und Zeynep, so ruhig, dass sie genauso gut tot sein könnte. Ein Tempo, das wie die Untoten dahinschlurft, trägt wenig dazu bei, das Publikum in seinen Bann zu ziehen, ungeachtet einiger Momente brodelnder Spannung und alptraumhaften Horrors (ein Dankeschön an das Produktionsdesign-Team für die Gestaltung des Flurs aus der Hölle). Natürlich ist der allzu grüblerische Charakter gewollt. Wie sehr "The Funeral" einem also gefällt, hängt von der Geduld ab, die man bereit sind, dafür aufzubringen.
5,5/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Solis Film
Poster/Artwork: Solis Film/Reel Suspects
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