In Taiwan breitet sich eine aggressive Mutation des neuartigen Alvin-Virus aus, doch das Land ist gespalten, wie es mit der Pandemie umgehen soll. Während die Regierung den Ernst der Lage herunterspielt, müssen die Menschen auf den Straßen um ihr Leben kämpfen. Die Straßen werden mehr und mehr bevölkert von sadistischen, sexuell enthemmten Monstern, die die Stadt in ein regelrechtes Blutbad verwandeln. Mord, Folter, Vergewaltigung und andere Gewaltexzesse nehmen eine verstörende Eigendynamik an. Inmitten des grausamen Gemetzels setzt der junge Junzhe (Tzu-Chiang Wang) alles daran, seine Freundin Kai Ting (Regina Lei) zu finden, die er am Morgen noch am anderen Ende Taipehs zu ihrer Arbeit gebracht hat. Auf der Suche nacheinander müssen sie bis zum Äußersten gehen, um eine Chance auf das Überleben zu haben.
Laut Wikipedia nannte das "Rue Morgue Magazin" den taiwanesischen Film "The Sadness" "The most violent and depraved zombie movie ever made.", also den gewalttätigsten und verkommensten Zombiefilm aller Zeiten. Das könnte man durchaus so stehen lassen, aber diese Beschreibung wird dem Streifen nicht vollständig gerecht. Ja, "The Sadness" ist fast durchgehend blutig, und es sterben verdammt viele Menschen (und einige tun dies sogar auf höchst unappetitliche Weise), aber Köpfe rollen nicht und Gedärme werden nicht gewaltsam aus den Körpern gerissen. Auf jeden Fall aber zeigt er vielen ähnlich gelagerten Produktionen der letzten Jahre, was eine Harke ist. Regisseur und Autor Rob Jabbaz schreckt vor nichts zurück. Wo andere Werke irgendwie noch sowas wie einen Rest von Anstand und Feel Good-Attitüde besitzen, schlägt "The Sadness" unbarmherzig auf den Zuschauer ein. Immer wieder kommt ein neuer Schlag in den Magen. Die Zombies, so man sie derart bezeichnen möchte, können denken, reden - und sie können und vor allem wollen ihre eigenen Körpersäfte in Wallung bringen. Im gefühlten Sekundentakt werden Worte, Anspielungen und Drohungen herausgebrüllt, die so weit unter der Gürtellinie liegen, dass Niveau wirklich nur noch auf dem Papier zu exzitieren scheint. Das klingt, so geschrieben, fetzig - es ist aber vor allem nervenaufreibend und äußerst unangenehm, was - so weit darf man sich aus dem Fenster lehnen - die Intention von Jabbaz gewesen sein dürfte. Jabbaz ist dabei aber - so geschmacklos einige Szenen sind - klug genug, einiges zwar durchzuziehen und nicht nur anzudeuten, aber Off-Screen, was eben jene Sequenzen weniger selbstzweckhaft werden lässt, gleichzeitig aber ihre Wirkung verstärkt. Der aktuelle "The Texas Chainsaw Massacre" ist da wohl das Paradebeispiel.
Darüber hinaus ist "The Sadness" aber nicht nur ein deviantes, die Grenzen sprengendes Ekelwerk, es ist oder versucht zumindest auch anderes zu sein: Beziehungsdrama, rabenschwarze Komödie, Kommentar über die taiwanische (und wohl auch jede andere) Gesellschaft im Hinblick auf omnipräsente Sexualität und Gewalt und offensichtliche Referenzen auf die aktuelle Covid-19-Pandemie. Von Politikversagen über Verschwörungstheorien hin zu ignoranter Öffentlichkeit und alltäglicher sexueller Belästigung bis schlussendlich dem Verlust der Menschenwürde und dem undifferenzierten Einsatz staatlicher (vor allem militärischer) Gewalt. Das ist verdammt viel für so einen kleinen Film aus Taiwan und längst nicht alles wird stimmungsvoll ineinander verwoben. Das Pacing ist "all over the place", und der plötzliche, harte Wechsel von anwidernder Grausamkeit zu Gelächter (zu Drama, zu Satire etc.) gelingt nicht immer. Auf der Habenseite aber stehen gut gezeichnete Hauptcharaktere, die dem Zuschauer eben nicht am Arsch vorbeigehen, großartige praktische Effekte und ein, zugegebenermaßen manchmal überbordender, aber äußerst treibender, elektronischer Score, der den Staffelstab am Ende sogar noch an den Death Metal übergibt. Passt.
7/10
Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film hierzulande in einem tollen Mediabook:
Quellen:
Inhaltsangabe: Capelight
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen