Rom, im Sommer: In der fast menschenleeren Stadt macht ein mysteriöser Serienmörder im Zeichen einer Sonnenfinsternis Jagd auf Edelprostituierte. Er erwürgt die Frauen stets mit einer Cellosaite. Als sein viertes und letztes Opfer hat er Diana auserkoren, die in den Hotels der Via Veneto ihre Dienste anbietet. Der Killer verfolgt sie mit einem Lieferwagen. Verzweifelt versucht sie dem Wahnsinngen zu entkommen. Als der Mörder sie rammt, kracht sie in ein anderes Auto. Infolge des schweren Verkehrsunfalls verliert Diana ihr Augenlicht. Um sich in der Welt der Blinden zurechtzufinden, wird ihr die Schäferhündin Nerea zur Seite gestellt. Auch erhält sie Hilfe von Rita, die für ihren Blindenverein tätig ist. Nach langer Rehabilitationszeit muss Diana auch erfahren, dass der Mordanschlag auf sie auch weitere Menschen das Leben gekostet hat. Neben ihr hat nur der chinesisch-stämmige Junge Chin überlebt. Sie beschließt, das Waisenkind bei sich aufzunehmen. Obwohl Diana und Chin aus zwei sehr unterschiedlichen Kulturkreisen stammen, bauen sie eine besondere Bindung zueinander auf. Beide beschließen gemeinsam dem Serienmörder das Handwerk zu legen. Die polizeilichen Ermittlungen sind in der Zwischenzeit im Sande verlaufen. Aber der Täter will nach wie vor sein Werk vollenden. Zwischen ihm und Diana und Chin entwickelt sich ein gefährliches Katz- und Mausspiel.
Giallo-Meister Dario Argento ist zurück. "Dark Glasses", ein im Genre Slasher verwurzelten Streifen, bietet ein paar stilisierte Kulissen und ein Drehbuch, das die üblichen Argento-Elemente - ein hübsches Mädchen, das einem bösartigen Killer zum Opfer fällt, jede Menge inkompetente italienische Polizisten - zu einem Film aufbereitet, der sowohl ein wenig lächerlich als auch ein wenig liebenswert ist und den Regisseur von "Suspiria" von seiner sanftesten Seite zeigt. Die Eröffnungssequenz, in der eine mysteriöse junge Frau, Diana (Illenia Pastorelli), in die Stadt fährt und in einem Park anhält, um eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten, ist wahrscheinlich die beste (wenngleich unnötige) Sequenz des Films, und es ist schade, dass der Rest nicht ganz an diesen Moment heranreicht. Von Matteo Cocco in unheimlichem, diffusem Licht aufgenommen, von Arnaud Rebotini mit einem Retro-Elektro-Beat unterlegt und mit vielen Überblendungen versehen, ist die Szene in ihrer banalen Gruseligkeit typisch für Argento und verwandelt ein normales wissenschaftliches Phänomen in etwas Jenseitiges.
Die Handlung kommt dann in Gang, als einer Prostituierten auf der Straße von einem unbekannten Wahnsinnigen der Hals aufgeschlitzt wird, wobei das Blut auf den Bürgersteig spritzt und alle vorbeigehenden Passanten schockiert. Der mysteriöse Killer hat es als Nächstes auf Diana abgesehen, die selbst als Callgirl für einen wohlhabenden älteren Mann arbeitet. Auf dem Weg nach Hause wird sie von dem maskierten Mörder in einem Lieferwagen verfolgt und in einen Unfall verwickelt, bei dem Diana erblindet und ein kleiner asiatischer Junge, Chin (Xinyu Zhang), seine Eltern verliert. Diese frühen Gewaltmomente gehören zu den noch blutreichsten Szenen im Film. Später wird es weitere, derbe Kost geben, doch abgesehen von diesem Gemetzel geht es in "Dark Glasses" vor allem darum, dass Diana sich an ihre Blindheit gewöhnt. Ein Coach (Asia Argento, in ihrer vielleicht zurückhaltendsten Rolle aller Zeiten) führt sie durch die einzelnen Phasen der Adaption und bringt sie mit einem Blindenhund zusammen. Diana dabei zuzusehen, wie sie auf rührende Weise versucht, zum ersten Mal allein eine Straße zu überqueren, ist nicht das, was man von einem Filmemacher wie Argento erwarten würde, dessen Spezialität fabelhaft inszenierte, gekonnt gedrehte Morde sind, aber es funktioniert auf seine eigene, einfache Art. Diana erreicht schließlich Chin, der allein in einem katholischen Waisenhaus festsitzt, und die beiden Opfer tun sich bald zusammen, um sich vor einem Mörder zu schützen, der immer noch frei herumläuft, während die Polizei sich als völlig nutzlos erweist. (Eine Szene, in der zwei Polizisten auf lächerliche Weise ermordet werden, zeigt, warum es sinnlos ist, den italienischen Behörden eine gestohlene Brieftasche zu melden.)
"Dark Glasses" ist nie besonders gruselig, und manches ist einfach nur albern und sogar dümmlich, aber wenn man den Film nicht für völlig bare Münze nimmt, kann er durchaus unterhaltsam sein - und eher eine Erinnerung an das, was Argento früher am besten konnte. Er war schon immer ein Meister darin, düstere, urbane Stimmungen zu erzeugen, und hier fängt er auf bedrohliche Weise ein leerstehendes Rom ein, in dem sich bald die Leichen stapeln. Besonders einprägsam ist die Schlusssequenz, die bei Nacht in einem Wald gedreht wurde und Diana und den Jungen auf der Flucht vor Messerstichen und falschen Schlangen wie in einem sadistisch schiefgegangenen Märchen zeigt. Völlig in Ordnung, aber noch längst nicht Argentos beste Arbeit.
6,5/10
"Pierrot Le Fou UNCUT #27", so lautet der Editionsname des limitierten Mediabooks, welches den Film in der ungeschnittenen Fassung enthält:
Quellen:
Inhaltsangabe: Pierrot Le Fou
Poster/Artwork: Pierrot Le Fou
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