https://www.imdb.com/title/tt3168230/
Sherlock Holmes (Ian McKellen) hat es mittlerweile auf stolze 93 Jahre
gebracht und lebt zurückgezogen in seinem Landhaus in Sussex. Über
Heldengeschichten, die im Kino über ihn erzählt werden, kann der in die
Jahre gekommene Meisterdetektiv nur den Kopf schütteln, ist doch das
meiste glattweg erfunden. Nie trug er die legendäre Kappe und überhaupt
bevorzugte er schon immer Zigaretten. Tagsüber widmet sich Holmes nun
der Bienenzucht und weist Roger (Milo Parker), den Sohn seiner
Haushälterin Mrs. Munro (Laura Linney), in die Geheimnisse der Imkerei
ein. Die beiden sind die einzigen, die er in seiner Nähe duldet. Doch
manches Mal kommen die Erinnerungen an alte Fälle gegen seinen Willen
auf, insbesondere an diesen einen, in dem eine wunderschöne Frau in
Gefahr war: Ann Kelmot (Hattie Morahan). Ob Holmes den ungelösten Fall
noch knacken kann, obwohl sein Gedächtnis schwindet?
"Mr. Holmes" ist ein äußerst liebevoll und detailliert ausstaffierter Film über einen
Sherlock Holmes mit einsetzender Demenz, der sich als
Hobbyimker an die Küste von Dover zurückgezogen hat. Die neueste Verfilmung um die Detektivlegende beschäftigt sich vordergründig mit dem Altern eben jener. Ian McKellen
arbeitet als ein auf 93 Jahre gealterter Sherlock Holmes die eigene
Vergangenheit auf, kämpft mit dem Vergessen und erzählt die Geschichte
schließlich auf seine Art neu.
Die Erzählweise ist dabei derart ruhig, sanft und beherrscht, dass
derjenige, der die letzten, meist actionreicheren Holmes Verfilmungen
kennt, möglicherweise kaum glauben mag, dass es sich hier um den selben
Charakter handeln mag.
Diese Ruhe macht allerdings gar nichts, da sie dem Mythos zu einer
nie dagewesenen Glaubhaftigkeit verhilft und ihn dadurch um einiges
greifbarer macht, als es zum Beispiel die Guy Ritchie-Filme taten.
Im Gegensatz zu anderen Holmes-Verfilmungen steht hier nicht ein nahezu
unlösbarer Fall im Vordergrund, der dann spektakulär aufgelöst wird,
sondern "nur" das rätselhafte Sterben seiner Bienen. In mehreren
Zeitebenen wird hauptsächlich Holmes als Mensch, die Bewältigung seiner
Demenz, das Verhältnis zu seiner Haushälterin und deren Sohn sowie die
Aufarbeitung eines unglücklich verlaufenen Falls bearbeitet. Verglichen
mit dem "Hund von Baskerville" klingt das erstmal langweilig, ist es aber
keineswegs und die Balance zwischen Drama und Krimi wird mit
gelegentlichen Humoreinlagen aufgelockert.
Wie nicht anders zu erwarten, hat Ian Mc Kellen die Leinwand ab der
ersten Szene fest im Griff und wird von hervorragenden Nebendarstellern
unterstützt, ein Sonderlob gilt Milo Parker, der den scharfsinnigen
Roger angesichts seines Alters schon bemerkenswert charismatisch spielt.
Klassische Spannung braucht man bei "Mr. Holmes" nicht erwarten, im
Vordergrund steht ein Drama, das Hauptdarsteller Ian McKellen eine
nuancierte, ungemein vielschichtige und auch ironisch gebrochene
Interpretation seiner Figur ermöglicht. Und auch wenn man den Film nicht unbedingt als hochspannend bezeichnen
kann, so fesselt er doch auf eine emotionale Weise, die einen nach dem Abspann zufrieden zurück lässt.
8/10
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen