In naher Zukunft ist die Hundepopulation in Japan explodiert. Als dann auch noch die sogenannte Hundegrippe ausbricht und die Menschen um ihre Gesundheit fürchten, werden alle Hunde aus Megasaki City verbannt und auf die abgelegene Insel Trash Island verfrachtet, die nur aus Müll besteht. Das gefällt den Vierbeinern Boss (Stimme: Bill Murray), Chief (Bryan Cranston), Rex (Edward Norton), Duke (Jeff Goldblum) und King (Bob Balaban) gar nicht. Sie sind stolze Alphahunde und sollen jetzt Müll fressen? Also schließen sie einen Pakt und machen sich auf die Suche nach besserem Futter. Als jedoch der zwölfjährige Atari Kobayashi (Koyu Rankin) mit einem gekaperten Flugzeug auf der Insel landet und verzweifelt sein Haustier Spots sucht, beschließt die Alphahunde-Einheit, ihre Mission zu ändern und dem Jungen bei der Suche zu helfen.
Stop-Motion-Filme muss man irgendwie mögen. Der Stil ist nicht Jedermanns Sache und so braucht es schon sehr viel, damit ein solcher Film auch bei Leuten anschlägt, die allein schon dem Stil skeptisch gegenüber stehen. So nähert man sich als Zuschauer dieser Art Film auch mit einer Art Beklommenheit und in der Tat schien das Konzept - kranke Hunde, die auf einer japanischen Müllinsel leben - so eigensinnig zu sein, dass man zunächst denken mag, der Teaser-Trailer sei ein Schwindel. Doch "Isle Of Dogs" ist eine Freude: lustig, berührend und voller Herzlichkeit und Witz mit atemberaubenden Visuals und einem unheimlich gutem Auge für Hundeverhalten, überträgt es kinderfreundlichen Charme in die postapokalyptischen Landschaften von "Mad Max" über das japanische Kino von Yasujiro Ozu, Seijun Suzuki und vor allem Akira Kurosawa.

So auch Andersons Film. Früh wird einem Hund das Ohr abgebissen, während unser menschlicher Held einen Propellerbolzen in seinem blutigen Kopf steckt. Wenn einem Charakter gesagt wird "hör auf, deine Wunden zu lecken", ist das wörtlich gemeint. Eine gleichermaßen witzige wie verstörende Sushi-Sequenz beinhaltet wie sich Fische, Krabben und Tintenfische sich winden, während sie fröhlich zerstückelt werden. Man bekommt sogar eine überraschend grafische Nierentransplantation zu sehen. Trotz dieser entzückend schaurigen Details behält "Isle Of Dogs" ein weiches, slapstickartiges Herz. Die regelmäßigen Kämpfe sind animiert wie in einem "Tex Avery"-Cartoon oder ein Standbild aus dem Beano, mit zufälligen Gliedmaßen, die aus einer wirbelnden Staubwolke ragen. Wie die Hunde selbst, hat der Stop-Motion eine liebenswert kratzige Qualität, eine strukturierte Rauheit, die im Kontrast zur symmetrischen Perfektion des Rahmens steht. Das Animations-Team von Anderson arbeitet hauptsächlich in den 3 Mills Studios in London und sorgt mit Wattewolken und Zellophanflüssen für eine bewundernswerte Körperlichkeit, die oft den Eindruck vermitteln,d ass dies gar kein Stop Motion wäre, sondern eher Computeranimiert. Die Bilder auf Fernsehbildschirmen werden hingegen als handgezeichnete Cartoons der alten Schule wiedergegeben.

Was jedoch am Eindrucksvollsten ist, ist jedoch die seltsame Schönheit dieser "Müllschlucht"-Landschaften. Zusammen mit Kameramann Tristan Oliver zaubert Anderson Unterkünfte aus bunten Flaschen und gebrauchten Sake-Dosen, in denen unsere fantastisch einfühlsamen Hunde Zuflucht suchen. Bei all der Krankheit und Not ist dies eine wunderbare Welt voller Charaktere, in dem der Zuschauer Vertrauen, Sympathie und Liebe investieren kann und er bekommt einen tollen Film voller Spannung, Gefühl und Unterhaltung. Wirklich toll und unkonventionell.
8,5/10
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