Im Jahr 1917 hat der Erste Weltkrieg Europa noch fest im Griff. Um den Truppennachschub weiterhin gewährleisten zu können, sucht Frankreich auch unter den Männern der damaligen afrikanischen Kolonien. Im Senegal trifft es den erst 17 Jahre alten Thierno (Alassane Diong), der von den Streitkräften der Kolonialmacht zwangsrekrutiert wird. Thiernos Vater Bakary (Omar Sy) will seinen Sohn auf keinen Fall alleine ziehen lassen und meldet sich deshalb freiwillig zum Dienst an der Waffe in der französischen Armee. Doch auf die Erfahrungen an der Front kann die beiden nichts und niemand vorbereiten. Der Leutnant Chambreau (Jonas Bloquet) weiß das bei dem noch jungen Thierno auszunutzen und zieht ihn immer mehr auf seine Seite. Das treibt zunehmend einen Keil zwischen Vater und Sohn und schon bald ist es nicht nur die Front, wo gekämpft wird: Thierno lehnt sich immer stärker gegen seinen Vater auf, der ihn eigentlich nur beschützen will.
Das Thema Kindersoldaten ist schwierig. Mit "Beasts Of No Nation" oder "Escape From Mogadishu" kommen einem sofort zwei Filme in den Sinn und der französische Regisseur Mathieu Vadepied wagt sich in seinem neuesten Drama über die übersehenen Kriegsbeiträge der afrikanischen Truppen Frankreichs auch an dieses Thema heran. Der Film handelt vom senegalesischen Korps, und das Genra scheint so weit etabliert zu sein, dass in der Gestalt von Omar Sy ein echter Superstar dieser Tradition an der Spitze steht. Bei seiner Veröffentlichung in Frankreich wurde Sy in der Presse zum Schweigen gebracht, weil er andeutete, der Westen schenke Konflikten in der Nähe seiner Heimat, wie dem Krieg in der Ukraine, unverhältnismäßig viel Aufmerksamkeit, statt Konflikten im globalen Süden. Dieser schüchterne und wirkungslos dramatisierte Film hätte durchaus etwas von dieser Schärfe gebrauchen können.
Sy spielt Bakary, einen Fula-Hirten, der während des Ersten Weltkriegs zusammen mit seinem Sohn Thierno (Alassane Diong) in die militärischen Reihen Frankreichs rekrutiert wird. Aus Angst um sein Kind macht er sich schnell auf die Suche nach einem Ausweg und versucht, ihm einen Job im Schlamassel sicher abseits der Front zu verschaffen. Doch Thierno vereitelt den Plan, indem er sich die Gunst von Leutnant Chambreau (Jonas Bloquet) verschafft, der ihn befördert. Obwohl er atypisch nichtrassistisch und egalitär ist, ist Chambreau dennoch immer noch zu misstrauen, weil er sich selbstmörderisch darauf konzentriert, einen nahegelegenen Hügel zu erobern, um seinen Generalvater zu beeindrucken. Vadepied, zuvor Art Director bei Sys Erfolgshit "Intouchables", lässt sich natürlich die obligatorische Grabenstürmende Hauptszene nicht nehmen - aber die Erzählung hier hat eine verhängnisvolle Zögerlichkeit, und es gibt kaum eine Vorstellung davon, wer - abgesehen davon, dass sie Vater und Sohn sind - Bakary und Thierno als Individuen sind und wie sie sich über ihre erzwungene Tortur fühlen. Es fühlt sich auch geografisch vage an, mit einem nordafrikanischen Fennec-Fuchs, der unerklärlicherweise an einem Punkt auf dem angeblichen französischen Festland präsent ist, während der normalerweise unbändige Sy in einer seltsam abgelenkten Schwebe gestrandet ist. Der eigensinnige Diong, der von der Armee die Erlaubnis erhalten hat, sich der Autorität seines Vaters zu widersetzen, macht die Szene aber besser.
Noch seltsamer ist, dass die Empörung über die koloniale Ausbeutung im größten Teil des Films nur kurz und gedämpft zum Ausdruck kommt. Als Vadepied schließlich die Frage anspricht, warum die Opfer schwarzer Soldaten für La Patrie verschleiert wurden, geschieht dies auf eine seitwärts gerichtete und fast respektvolle Weise, die nicht mit der sehr ernsthaften Infragestellung des kolonialen Erbes Frankreichs in der realen Welt übereinstimmt. Das fühlt sich wie eine verpasste Chance an.
5,5/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Weltkino
Poster/Artwork: Unité/Korokoro/Sy Possible Africa
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