Montag, 20. Mai 2024

God Is A Bullet (2023)

https://www.imdb.com/title/tt14270702/

Polizist Bob Hightower (Nikolaj Coster-Waldau) kommt zum Haus seiner Ex-Frau, wo er die gemeinsame Tochter Gabi (Chloe Guy) abholen möchte. Als niemand die Tür öffnet und die zwei auch per Telefon nicht zu erreichen sind, verschafft er sich Zutritt. Im Inneren des Gebäudes erwartet ihn ein Bild des Schreckens: Die Mutter seines Kindes und ihr neuer Ehemann wurden brutal ermordet, während das Mädchen offenbar entführt wurde. Als Bob mit ansehen muss, wie seine Kollegen bei den Ermittlungen komplett versagen, beginnt er der Sache auf eigene Faust nachzugehen. Die Spur führt ihn zu einer jungen Frau namens Case (Maika Monroe), die von einem satanistischen Kult berichtet, der einst auch sie in seiner Gewalt hatte. Zwar gelang ihr irgendwann die Flucht, doch die traumatischen Erlebnisse haben sie nicht nur körperlich, sondern vor allem auch mental schwer gezeichnet. Dennoch erklärt sich Case bereit, Bob bei der Suche nach Gabi zu helfen und dabei Cyrus (Karl Glusman), dem ebenso charismatischen wie gewalttätigen Anführer der Gruppe, noch einmal gegenüberzutreten...

"God Is A Bullet", eine raffinierte Adaption von Nick Cassavetes des Debütromans des US-Autor Boston Teran aus dem Jahr 1999, behält sicherlich die Mischung aus grellem Vorfall und pompöser Anmaßung des Buches bei - wenn auch ohne die Intensität, die diese weit hergeholte Geschichte glaubwürdig gemacht hätte, oder den atmosphärischen Stil, der sie zu einem fieberhaften Albtraum hätte machen können stattdessen la David Lynch. Diese 156 Minuten, in denen der Polizist Nicolaj Coster-Waldau und die entflohene Gefangene Maika Monroe dem Kult der teufelsanbetenden Drecksäcke nachgehen, die seine Tochter entführt haben, sind nicht gerade langweilig. Dennoch wäre an der ein oder anderen Stelle eine Kürzung sinnvoll gewesen, um dem ganzen Vehikel noch mehr Fahrt zu geben. 

Die Charaktere sind Karikaturen des Bösen, dass sie den Retro-Selbstjustiz- und Ausbeutungsfilmen wie den "Death Wish"-Filmen, oder dem kultigen, aber etwas schäbigen Brian-Bosworth-Vehikel "Stone Cold" von 1991 entsprungen zu sein scheinen. Unglücklicherweise scheint "God Is A Bullet“ zu glauben, dass es über dem Bereich des billigen Nervenkitzels schwebt, auch wenn die Blutspur so weit ausdehnt, dass man nicht glauben kann, dass nicht jeder Polizeibeamte im gesamten Südwesten die Verfolgung aufnimmt. Der Zuschauer weiß das, weil Bob, der sein Revier als "eine kleine christliche Gemeinschaft" beschreibt, ständig über Glauben und Gott spricht. Dem wird normalerweise dadurch entgegengewirkt, dass Case, die ständig kleinlaut ist, irgendein nihilistisches Klischee fallen lässt und ihr großer philosophischer Moment mit der titelgebenden Einsicht verbunden ist. Während Regisseur Cassavetes die Dinge technisch und klanglich ganz gut zusammenhält, gibt es hier im Kern eine seltsame Diskrepanz: Er hat einen Film gemacht, der immer wieder religiöse Werte beschwört, während er sich gleichzeitig in grundlosen Schimpfereien suhlt - insbesondere Gewalt gegen Frauen, wenn auch impliziert sexuell Übergriffe größtenteils außerhalb des Bildschirms stattfinden.

Das Gemetzel ist grenzwertig absurd, doch die häufige verbale Kirchlichkeit verleiht diesem Übermaß ein reaktionäres Übel. Zu ihren Reihen gehört auch ein Crossdressing-Homosexueller (Garrett Wareing), während sich die Verabscheuungswürdigen hier wie eine paranoide QAnon-Fantasie vom "kranken Unterleib" der Gesellschaft anfühlen. Vor nicht allzu langer Zeit hätte man durchaus annehmen können, dass dies als überhitzter Unsinn belächelt würde, aber jetzt wirkt es etwas rücksichtslos. Die Atmosphäre der "alternativen Wahrheit" wird durch die prominente Aussage "Basierend auf einer wahren Geschichte" unterstrichen - auch wenn der Abspann auch einen verdammt langen Haftungsausschluss enthält, der jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Ereignissen, Personen, Orten oder irgendetwas anderem in der realen Welt strikt ablehnt. Den Protagonisten wird auch nicht genug Tiefe gegeben, um überzeugende Charaktere zu erschaffen, obwohl die Schauspieler es versuchen. Zu viele Nebencharaktere sind schrill und eintönig und werden nicht dazu ermutigt, sich zu zügeln, wobei Tucker in dieser Hinsicht besonders gnadenlos ist. Die Teilnahme von January Jones ist noch rätselhafter als die von Foxx: Als Johanssons hinterlistige Frau ist sie auf eine zänkische Rolle und einen zickigen Dialog angewiesen, der vielleicht besser zum Schauspielspektrum von Edy Williams oder vielleicht Joan Collins gepasst hätte.

Auch wenn seine bisherigen Einsätze hinter der Kamera thematisch sehr breitgefächert waren, deutet die angespannte Atmosphäre der meisten Outré-Inhalte von "God Is A Bullet" darauf hin, dass Cassavetes nicht ganz auf der wilden Seite zu Hause ist. Nichtsdestotrotz ist der Film gut genug gemacht, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Kenji Katoris Breitbild-Kinematographie ist ein bedeutender Pluspunkt. Neben anderen soliden Designbeiträgen gibt es in der Auswahl der Musikbetreuerin Dina Noir einige gute (wenn auch ablenkende) Entscheidungen. Über ihre gemeinsame Präsenz hier hinaus haben David Bowie, Jane’s Addiction, Bob Dylan, Funkadelic, Mozart, Dead Boys und Henry Purcell jedoch nur eines gemeinsam: Sie alle verdienen etwas Besseres, als den Soundtrack für eine so humorlos-krasse Fiktion herzugeben.

6,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Capelight
Poster/Artwork
Capelight

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