Freitag, 20. September 2019

You Kill Me (2007)

https://www.imdb.com/title/tt0796375/

Frank (Ben Kingsley) ist ein Mafiakiller auf Entzug in San Francisco. Sein Boss (Philip Baker Hall) hat ihn da hingeschickt, weil der Auftragsmörder im Suff die geplante Ermordung von O’Leary (Dennis Farina), dem Chef der irischen Konkurrenz, verschlafen hat. In San Francisco bekommt Frank vom abgehalfterten Immobilienmakler Dave (Bill Pullman) eine Wohnung und einen Job in einem Bestattungsinstitut verschafft. Außerdem zwingt ihn Dave, zu den Treffen der Anonymen Alkoholiker zu gehen. Bei den AA-Meetings freundet sich Frank schnell mit dem homosexuellen Tom (Luke Wilson) an, der auch sein Sponsor wird. Bei der Arbeit lernt er zudem die hübsche Laurel (Téa Leoni) kennen, die sich weder von seiner Alkoholsucht noch von seinem blutigen Broterwerb abschrecken lässt. Zum ersten Mal hat Frank Menschen um sich, die ihm etwas bedeuten. Doch trocken bleiben ist alles andere als leicht und in der Heimat Buffalo nutzt die irische Konkurrenz Franks Abwesenheit, um die Polen ein für allemal fertig zu machen...

Was "You Kill Me" zu einem so angenehmen Streifen macht, ist, dass Regisseur John Dahl und sein Autorengespann um Christopher Markus und Stephen McFeely konsequent desinteressiert daran scheinen, das Werk auf einen etwaigen Kultstatus hinauslaufen zu lassen. In der allerersten Szene sehen wir Ben Kingsley, wie er seinen Vorgarten vom Schneefall der letzten Tage befreien möchte. Durch sein Alkoholproblem aber muss er immer wieder pausieren. Er schippt, greift zur Flasche, schmeißt sie in den Schnee, schippt weiter, greift zur Flasche, schmeißt sie wieder in den Schnee und bewirkt keine Veränderung. Eine emblematische Eröffnung, weil sie aufzeigt, dass Frank, so sein Name, nicht mehr ohne Alkohol agieren kann. Er bestimmt ihn, treibt ihn an, grenzt ihn ein, zerstört ihn. "You Kill Me" gehört zu den Filmen, die mit ihren Schauspielern stehen und fallen. Folgerichtig ist es zu einem großen Teil Hauptdarsteller Ben Kingsley zu verdanken, dass John Dahl sich hier eine überaus sehenswerte Regiearbeit in das Portfolio packen darf: Kingsley nämlich hat merklich Lust auf die Rolle des versoffenen Killers Frank Falenczyk, legt diesen aber nicht als blutgierigen, von Pseudo-Coolness zerfressenen Schweinehund an, sondern als greifbaren Menschen mit (erheblichen) Ecken und Kanten. Gerade seine Beziehung zum Töten verurteilt You Kill Me zu keinem Zeitpunkt. Sie bleibt eine reuelos; der einzige Grund, warum sich Frank alsbald auf die Suche nach Wiedergutmachung begibt, ist schlichtweg ein praktischer: All die schlampigen Aufträge, für die er sich im Vollsuff verantwortlich gemacht hat, sollen gesühnt werden.

An charakterlicher Tiefe aber gewinnt Frank erst mit der Begegnung der ebenfalls gestrandeten Laurel, deren amouröse Anwandlungen durch die beidseitige Einsamkeit an Kontur und Gefühl gewinnt. Ohnehin ist "You Kill Me" in seiner bewusst unspektakulär Art und Weise zwar befreit von diesem abstrakten gewissen Etwas, welches einen Film auch für die nächsten Generation geläufig machen könnte, aber in der Darstellung zweier von der Welt irgendwie Abgeschobener punktet John Dahl allein dadurch, dass er die Charaktere nicht zwangsläufig einer Persönlichkeitsveränderung unterzieht. Stattdessen geben sie sich gegenseitig Kraft, helfen sich durch den Treibsand des Alltags und reißen den stoischen Panzer , den sie über Jahre aufgebaut haben, langsam und gewissenhaft ein. Zu besseren Menschen werden sie nicht wirklich, aber immerhin sind sie nicht mehr so allein. Wer also effektreiches, spektakuläres Kino erwartet, der wird von "You Kill Me" enttäuscht. Sicherlich gibt es genügend Filme, die sich einer ähnlichen Mechanik bedienen, als zurückgenommenes, ehrlich humorvoller Charakter-Film aber weiß John Dahls Regiearbeit durchaus zu überzeugen. 

6,5/10

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