Donnerstag, 6. Juni 2019

All Quiet On The Western Front - Im Westen nichts Neues (1979)

https://www.imdb.com/title/tt0078753//

Der junge Deutsche Paul Bäumer und seine Klassenkameraden melden sich direkt nach ihrem Schulabschluss freiwillig um während des Ersten Weltkriegs den Dienst an der Waffe anzutreten. Der Enthusiasmus, der ihnen bereits von ihrem Klassenlehrer, und nun auch von ihrem Vorgesetzten, eingeimpft wird, weicht jedoch schon bald brutaler Ernüchterung als die gesamte Klasse an die Westfront berufen wird. Denn hier, wo der Krieg Realität ist, muss Bäumer mit ansehen wie einer nach dem anderen seiner Kameraden fällt...

"Im Westen nichts Neues" basiert auf dem gleichnamigen Buch ("All Quiet On The Western Front") von Erich Maria Remarque aus dem Jahr 1929. Der erste Weltkrieg war gerade vorbei, doch die Welt hatte sich noch nicht beruhigt. Keiner also, dass der Stoff, die Grausamkeiten und die Geschehnisse in Romanform nach einer Verfilmung schrien - und diese folgte auch, nur knapp ein Jahr später. Der Film aus dem Jahr 1979 ist also ein Remake, welches sich  natürlich an das Buch anlehnt, doch sich im Vergleich zum Film von 1930 etwas weiter von der Buchvorlage orientiert. Und damit sind einige Passagen zu wenig ausgeleuchtet und zu bieder abgehandelt. Die Story geht schlicht am Buch vorbei. Das allein ist kein Debakel. Aber es fehlen genau die Stellen, die einem die Sinnlosigkeiten während der Zeit wirklich vor Augen führen. Das, was in den Film gepackt wurde, wirkt dennoch zumeist stimmig und gut komponiert. Allerdings hätte es wohl nicht geschadet, wenn man die Handlung etwas mehr in den größeren Rahmen eingeordnet hätte - ein paar Datums- und Ortsangaben wären da vielleicht schon genug gewesen. Denn so wie die Darstellung gewählt ist, hängt "Im Westen nichts Neues" zu sehr in der Luft - man kann sich nur an kleinen Details wie dem Wechsel der Kopfbedeckungen die Hintergrundhandlung zusammenreimen - auch wenn dies als Stilmittel genutzt wurde, um die allgegenwärtige und unveränderbare Grausamkeit des Krieges auszudrücken. Doch genau in diesem Punkt versagt der Film etwas - die Grausamkeit des Ersten Weltkriegs, gerade die des Stellungskrieges, wird schlichtweg nicht genug ausgearbeitet.

Die Charakterzeichnung - und darauf liegt eindeutig das Hauptaugenmerk des Films - ist dagegen sehr interessant. Sehr klar und vor allem glaubwürdig wird die zunehmend veränderte Einstellung der jungen Soldaten dargestellt, ohne dabei jedoch wirkliche Nähe zu ihnen herzustellen. Einzelschicksale werden beleuchtet, aber nicht so weit, dass man sich mit jemandem identifizieren könnte. Auf diese Weise schafft es der Film wunderbar, persönliche Eindrücke und namenloses Vegetieren und Sterben zugleich in den Mittelpunkt zu rücken - und das ist etwas, was mehr berühren kann, als jedwede Grausamkeit in Blut.

Hier versagt der Film an der im Buch beschriebenen Grausamkeit. Die Zeiten waren grausam, genau das muss auch rüber kommen. Und wenn von einem nackten Torso ohne Bein auf einem Baum die Rede ist, sollte man das auch zeigen. Was war denn so schlimm an dem Krieg? Nicht nur, dass so viele Menschen starben. Sondern auch sehr stark die Art, in der es geschah. Kurz und gut: auf gewisse Art und Weise bleibt der Schrecken des Krieges versagt. Aber dazu muss man sagen, dass auch andere, große, Filme dazu neigen. Deshalb soll man dem Film nicht absprechen, dass es sich um eine gute Umsetzung des Stoffes handelt. Denn der Verzicht auf allzu deutliche Grausamkeiten und weitgehende Anonymität sind für das Remake "Im Westen nichts Neues" der perfekte Weg, um seiner Aussage als Antikriegsfilm Nachdruck zu verleihen. Für manchen Zuschauer ist es möglicherweise auch einfach eine entschärfende und letztlich missglückte Kombination, um das Grauen des Krieges ohne Grausamkeit auszudrücken. Man kann hier durchaus zwischen beiden Ansätzen schwanken. Dem Unterhaltungswert hätte etwas mehr Realismus und Tiefe in der Darstellung sicher nicht geschadet, mehr Nachdruck hätte der Film dadurch aber vermutlich nicht bekommen, vielleicht wäre man sogar zu sehr vom Wesentlichen abgelenkt worden.

Doch letztlich ist es egal, wie man den Film letztlich aufnimmt. Jeder sollte nach der Sichtung von "Im Westen nichts Neues" mitkriegen, dass die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Krieges immer entschieden von der Perspektive des Betrachters abhängt. Ein Ansatz, der mir bei so manchem Antikriegsfilm deutlich zu kurz kommt, hier unterschwellig aber stark anklingt.

7/10

"Dieses Buch soll weder eine Anklage noch ein Bekenntnis sein.
Es soll nur den Versuch machen über eine Generation zu berichten, 
die vom Kriege zerstört wurde - auch wenn sie seinen Granaten entkam."
- E.M. Remarque -

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